Mittwoch, 2. Juli 2025

EUneinig: Alle wollen verbotene Kontrollen

Migrationspolitik, Grenzkontrollen, Schengenraum, Abschottung, europäische Werte, Flüchtlingskrise, Grenzzäune
Polen macht dicht. Aber auch diese Kontrollen sind nur vorübergehend.

Als Ungarn anfing, füllte die Empörung ganze Magazine. Viktor Orbáns Grenzregime galt als Rückfall ins Mittelalter souveräner Nationalstaaten, seine Zäune waren menschenverachtend und beinahe hätte Deutschland sich in Budapest förmlich darüber beschwert, dass der Präsident des Landes, das den Deutschen ihre Wiedervereinigung beschert hat, den Zustrom von Flüchtenden aus Nordafrika nach Deutschland so rigoros unterband. 

Erhitzte Gemüter 

Langsam nur beruhigten sich die Gemüter, so langsam wie Farbe trocknet, wenn Angela Merkel streicht. Die hält heute noch an ihrer Entscheidung fest, Orban damals gezeigt zu haben, wie richtige Migrationspolitik geht. Wieder so machen würde sie es, immer wieder.  Zwar teile sie zehn Jahre nach "Wir schaffen das" das Ziel, illegale Migration zu begrenzen. Aber immer noch und wie immer müssten "wir das Ganze europäisch denken." 

So hatte sie es vielmals vorgeschlagen, so wurde es dauernd gemacht. Die einen waren für dies, die anderen für das. Offene Grenzen, geschlossene oder sogar Kontrollen, wie sie seit zehn Jahren vorübergehend an der bayrisch-österreichischen Grenze stattfinden. Oder doch lieber keine oder aber Zurückweisungen, wie sie Angela Merkel ablehnt, weil sie "das europäische Recht so verstanden" hat. Nur weil viele Menschen wünschen, dass es anders ausgelegt wird, könne man "deswegen doch nicht ein Fremdenhasser werden", hat Merkel ein Nachgeben in dieser Frage ausgeschlossen. 

Dutzende Einigungen 

Vierzehn Tage können sich über Jahre ziehen, die Menge der Zehn-Punkte Pläne steigt und die Zahl der endgültigen historischen und wegweisenden EU-Klimaeinigungen geht irgendwann ins Dutzend. Der Überblick geht verloren, selbst denen, die die Lösungen mitverhandelt haben. Das gilt nie ab sofort, nie unverzüglich, sondern irgendwann hinter St. Nimmerlein und ab dem jüngsten Tag, wenn sich die Zahl der illegalen Migration reduzieren lässt, aber so, dass Angela Merkel "unsere Werte" weiter vertreten kann.

Viele Staaten habe nicht diese Geduld, nicht diese starken Nerven, die auch Merkels Nachfolger Scholz noch zum Vorzeigeeuropäer machten. Nach den Ungarn schotteten sich die Spanier ab, die Griechen, die Franzosen und Slowenen. Es folgten die Schweden und die Dänen und die Niederländer. Die Polen bauten sogar eine Mauer, um Putins miese Strategie zu durchkreuzen, Europa mit Hilfe menschlicher Waffen zu bedrohen. 

Fördermittel für Zäune 

Die EU-Kommission machte eigens eine Ausnahme und spendierte denen, die sich nach dem ungarischen Vorbild abschotten wollten, 170 Millionen Euro für die Modernisierung ihrer elektronischen Überwachungsausrüstung und den Bau einer Abschottungsmauer mitten in Europa.  Hinfällig war der heilige Schwur des früheren Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der den Ungarn entgegengeschleudert hatte:  "Wir finanzieren keine Zäune". Nachfolgerin Ursula von der Leyen sah das größere Bild: "Wir dürfen es Autokraten niemals erlauben, unsere europäischen Werte gegen uns zu verwenden."

Wenn's dazu Grenzen braucht, dann eben Grenzen. Wenn es Zäune braucht, dann Zäune. Und wenn Kontrollen oder Zurückweisungen sein müssen, dann sei's drum. Friedrich Merz schaffte es ins Kanzleramt, weil er Wählerinnen und Wähler zumindest im Glauben ließ, mit ihm an der Spitze werde alles wieder wie früher. Robert Habeck schaffte es nicht, weil seine Abschottungsfantasien zu spät kamen. Zu glaubhaft hatte der Grüne Kanzlerkandidat schon versichert, dass eine harte Hand für Illegale ohne gültigen Aufenthaltsstatus seine Sache nicht sein werde.

Gegen Merkels Recht 

Merz kollidierte mit europäischem Recht, wie es Angela Merkel verstanden zu haben glaubt. Er war nicht der Erste, aber dass er nicht der Letzte sein würde, konnte wirklich niemand ahnen. Während aus hybriden Angreifern vor deutschen Gerichten siegreiche Geflüchtete wurden, verwandelte sich der treue Europäer Donald Tusk in einen vom polnischen Wähler und dem deutschen Kanzler gleichermaßen getriebenen Regierungschef, der "Autokraten erlaubt, unsere europäischen Werte gegen uns zu verwenden." Drei Wochen nach Merz verhängt Tusk Grenzkontrollen. Dadurch solle "der unkontrollierte Strom von Migranten hin und zurück begrenzt und verringert werden".

Das Echo ist verhalten, die Kritik unhörbar. Verglichen mit dem September vor zehn Jahren, als Dänemark es wagte, seine Landesgrenzen wieder bewachen zu lassen,  ist es ringsum vollkommen still. Verantwortlich für den polnischen Schritt zurück in die Kleinstaaterei sei Friedrich Merz, heißt es überall. Mit seiner Zurückweisungsentscheidung habe er Warschau förmlich gezwungen, den Schengenraum auch noch von Osten anzugreifen. Nachdem Deutschland begonnen habe, Menschen nach Polen zurückzuschicken, werde Polen nun beginnen, Menschen nach Deutschland auszuweisen. 

Im Nirgendwo der Zwischenwelt 

In wenigen und sehr seltenen Fällen könnte es sich dabei um dieselben Personen handeln, fliegende Holländer quasi zwischen Guben und Gubin, Ratzdorf und Kozarzyn, Aurith und Urad, gezwungen, auf ewig hin- und herzureisen wie Tom Hanks in "Terminal", in dem er als Viktor Navorski aus Krakosien auf dem New Yorker JFK-Flughafen strandet und für immer im Nirgendwo der Zwischenwelt gefangenbleibt.

Durch die Hintertür hat die EU so schließlich doch noch Einigkeit in der spaltenden Migrationsfrage hergestellt. Kein Land ist heute mehr Merkels Land mit offenen Armen und offenem Herzen, mit "Wir haben Platz"-Schildern und Schuldgefühlen, weil es mit der Integration der Neuen trotz all der Milliarden und Abermilliarden einfach nicht klappt. Statt gemeinsam offen sind jetzt alles gemeinsam geschlossen. Wie die Maastricht-Regeln zur Schuldenbegrenzung ignoriert werden, werden es jetzt auch die Schengen-Verträge zur Reisefreiheit.

 


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Orban ist der Autokrat, Ursula die Rachegöttin unserer Demokratie.

Mal schauen. Wiki:
Im Jahre 2003 errang Ursula von der Leyen bei der Landtagswahl das Direktmandat...

2003 war das letzte Mal, dass die von Wählern gewählt wurde. Seitdem läuft ihre Karriere nur mit Schieberei hinter den Kulissen.

Anonym hat gesagt…

Wo die Reise hingehen soll, hat schon vor Jahrzehnten die wandelnde Gemischtwarenhandlung "Graf" Multimix-Kalergi deutlich gesagt. Als besonderes Schmankerl wollte er (((das beliebteste Volk der Welt))) von der allgemeinen Vermanschung ausdrücklich ausgenommen haben - denn die sollten dann über die grenzdebilen Hellbraunen herrschen. Noch Fragen, Kienzle?