Freitag, 4. Juli 2025

Heißersehnt: So möglich ist die Herdenimmunität gegen Hitze

Heißersehnt: So möglich ist die Herdenimmunität gegen Hitze
Die Temperaturen steigen, die Opferzahlen gehen zurück. Deutschland wird zusehends hitzeresilienter.

Der menschliche Körper kann Hitze, sogar extreme Hitze. Selbst wenn die Temperaturen plötzlich in die Höhe springen und in den klimatisierten Fernsehstudios Klagen über das Klima Hochkonjunktur haben, zeigen die gegengeschnittenen Illustrationsfilme harte Kerle auf Baustellen, die in glühendem Sonnenschein knien und Asphalt gießen oder über schmelzende Dächer krabbeln, um neue Solaranlagen zu montieren.  

Gewöhnung schreitet voran 

Langsam, ganz langsam hat sich auch die mitteleuropäische Biologie an die extremen Temperaturen  des Klimawandels gewöhnt. Die aktuelle Hitzewelle ist nicht die erste, immer wieder sind sie aufgetreten, anfangs in größerem Abstand, später in schnellerer Folge. Das Training wirkt ganz offenbar, das zeigen nicht nur die Bilder der Nachkommen der einst vor allem für ihre Kälteresistenz bekannten Germanen, während sie im brennenden Sonnenschein todesverachtend pflastern, mauern und Müll abholen. 

Doch nicht nur sie sind es, die von der langsamen Gewöhnung an die zunehmenden Hitzewellen profitieren. Neue überraschende Zahlen zeigen, dass Hitzewellen schon seit geraumer Zeit nicht mehr so tödlich ausfallen wie zu Beginn der akuten Auswirkungen der menschengemachten Erderwärmung – selbst in Deutschland, dem am schlimmsten betroffenen Gebiet in Europa, dem weltweit am härtesten getroffenen Kontinent.

Geschwächte Gesellschaft 

Zwar ist es richtig, dass die Hitze hierzulande auf eine durch Alter, psychische Verunsicherung und ideologische Spaltung geschwächte Gesellschaft trifft. Dazu kommen kollektive Vorerkrankungen wie Vertrauensverlust und Überdruss, viele Menschen sollen und können die permanten Warnungen vor Lebensgefahren einfach nicht mehr hören. Zudem sind viele der geplanten nationalen und lokalen Hitzeschutzpläne durchaus bereits in Planung, aber noch nicht fertig, die Hitzeschutzmaßnahmen damit auch noch nicht umgesetzt. 

Weder gibt es das Netz von Kühlhallen noch die Kette von kostenlosen Trinkbrunnen, weder wird von Behörden Sonnencreme ausgegeben noch die Bevölkerung mit Schutzbekleidung in ausreichender Menge versorgt. Auch die als Heat Readiness Condition (Hetcon) bezeichneten Hitzebereitschaftszustände von Stufe 1 für bedrohlich über 4 für die Vorstufe zum Verbringung der vulnerablen Bevölkerung in Innenräume (Code: Fast Pace) bis 5 (Code: Crocked Pistol) sind noch kaum popularisiert worden und nur wenigen bekannt. Würde Croked Pistol ausgerufen, wüsste kaum eine Kommunalverwaltung, dass damit die Anweisung zum Rückzug aller Lebewesen in eigens gekühlte kommunale Schutzbauten gemeint ist.

Anpassungsfähige Biochemie  

Neuen Zahlen zufolge, die das Statistische Bundesamt  gerade herausgegeben hat, ist die Biochemie der Deutschen offenbar schon weitaus weiter vorangeschritten mit der Anpassung an den Klimawandel mit seinen extremen Temperaturschwankungen als die staatlichen Institutionen, die Privathaushalte und die Klimagesetzgebung. 

Heißt es im Bundestag wie in den Medien noch, dass die zusätzliche Sommerwärme für Menschen teils schwer zu regulieren ist, belegt die Bundesstatistik das Gegenteil: Im Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2023 lag die Zahl der Hitzetoten in Deutschland demnach bei 22. 2023 wurden 37 Hitzeopfer gezählt - bei nur rund 1.400 Krankenhauseinweisungen wegen gesundheitlicher Schäden durch Sonne oder Hitze. Mit gut 800 Fällen lag die Zahl der hitzebedingten stationären Behandlungen im Klimajahr 2023 unter dem langjährigen Mittel. 

Tödliche Hitze 

Das sind Daten, die ein anderes Bild von der erreichten Hitzeanpassung der Deutschen zeichnen als die  vom früheren Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) immer wieder verbreiteten Zahlen. Wie Lauterbach hatten Medien immer wieder von "Tausenden Hitzetoten" gesprochen, Hochrechnungen ergaben für Deutschland 2023 bei 76 Hitzetote pro eine Million Einwohner, insgesamt also etwa 6.000 Hitzeopfer. Andere Behörden sprachen von 3.000 oder 5.000. 

Deutschland liegt dabei bei den absoluten Zahlen hinter Italien mit 12.750 und Spanien mit 8.352 Opfern auf Platz 3 der europäischen Rangliste. Am höchsten ist das Klimarisiko aber prozentual in Griechenland (393 Todesfälle pro eine Million Einwohner), Bulgarien (229), Italien (209) und Spanien (175) - Staaten also, deren Bürgerinnen und Bürger bis auf die Bulgariens dennoch eine höhere Lebenserwartung haben als die Deutschlands. Wie in fast allen untersuchten Ländern starben auch hierzulande deutlich mehr Frauen als Männer an den Hitzefolgen, die vor allem Ältere treffen - in der Regel also Frauen, deren Lebenserwartung deutlich höher liegt. 

Ein stilles Sterben 

Deutschlandweit zeigt sich beim Abgleich der Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts mit den  vom  Deutschen Wetterdienste  als sogenannte "Hitzewoche" eingestuften Wochen mit einer Mitteltemperatur von über 20 Grad Celsius ein ähnlicher Nord-Süd-Effekt.  In Relation zur Einwohnerzahl gab es 2024 die meisten Hitzetoten acht Sterbefälle je 100.000 Einwohner in Sachsen. Am wenigsten gefährlich für Hitzesensible war der Nordwesten Deutschlands. 

Für ganz Europa schätzten Experten die durch hohe Temperaturen verursachte Opferzahl im vergangenen Jahr auf mehr als 47.000 - Beleg eines Sterbens, das offenbar über Jahre hinweg unbemerkt geblieben war, ehe es ins sommerliche Standardrepertoire aufgenommen wurde. Doch gehört es dort überhaupt noch hin? Die neuen Zahlen aus dem Statistischen Bundesamt wecken Zweifel daran. Zwar ist  Hitze gerade in Kombination mit hoher Luftfeuchtigkeit eine enorme Belastung für den menschlichen Körper, doch allem Anschein nach ist die menschliche Physiologie durchaus in der Lage, sich an das Leben auf einem Planeten mit Phasen extrem hoher Temperaturen zu gewöhnen.

Anpassung schreitet voran 

Dafür sprechen nicht nur die vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Opferzahlen, die letztlich bei nicht einmal einem halben Prozent der bisher beklagten Anzahl von der Hitze frühzeitig beendeter Leben liegt. Vielmehr verraten auch die von den Bundesstatistikern ermittelten Behandlungszahlen der Jahre von 2003 bis 2023 einen bemerkenswerten Trend. In diesem Zeitraum zählte der Deutsche Wetterdienst (DWD) deutschlandweit in den Jahren 2003, 2015 und 2018 im Durchschnitt die meisten Hitzetage und damit korrespondiert auch die jeweils aktenkundige Zahl der stationär behandelten Hitzeschäden.

Das Jahr 2003 etwa hatte 19 amtliche Hitzetagen mit über 30 Grad Celsius und daraus resultieren 2.600 Fälle von hitzebedingten Krankenhausbehandlungen. 2015 führten 17,6 Hitzetagen zu erwartbaren 2.300  Behandlungen, leicht weniger als die 2.400, die nach dem Muster von 2003 zu erwarten gewesen wäre. 2018 dann aber zeigen sich die Gewöhnungseffekte deutlich: Obwohl mit 20,4 Hitzetagen deutschlandweit mehr heiße Tage gemeldet wurden als 2003, gab es nur noch 1.600 hitzebedingte Krankenhausbehandlungen. Das entspricht der Anzahl, die statistisch bei etwa elf Hitzetagen hätte anfallen sollen.

Sinkende Mortalität 

Auch Zahlen des angesehenen Robert Koch-Institut (RKI) untermauern die These von der sinkenden hitzebedingten Mortalität in Deutschland. Demnach starben in den Sommermonaten der Jahre 2023 und 2024 etwa 3.100 beziehungsweise 2.800 Menschen infolge hoher Temperaturen. Obwohl die beiden Jahre deutlich wärmer waren, liege diese Werte liegen aber weit unter den Zahlen für 2018, als noch rund 8.500 hitzebedingte Todesfälle gezählt wurden.

Die Resilienz steigt offenbar, eine Herdenimmunität gegen Hitze scheint erreichbar. Schon heute sterben mehr Menschen in Deutschland an Kälte als an Hitze, Statistiken belegen, dass es die meisten Sterbefälle im Winter gibt, besonders zwischen Dezember und März, wobei Februar und März die Monate mit der höchsten Sterblichkeit sind. Das ist kein rein deutsches Phänomen, sondern für Länder auf der Nordhalbkugel typisch. 

Aufrecht trotz Klimalast 

Ob die zuletzt regelmäßig verbreiteten Warnungen von Forschern, Behörden und Medien vor den gesundheitlichen Folgen von Hitzeperioden einen Einfluss auf die Entwicklung der Opferzahlen haben, steht einer Barcelona Institute for Global Health zufolge sehr infrage. Die in der Fachzeitschrift "Nature Medicine" veröffentlichte Untersuchung entdeckte in den Daten des Europäischen Statistikamtes (Eurostat) eher Anzeichen, dass sich die Menschen zunehmend an Hitze anpassen. 

Nach der Untersuchung von mehr als 96 Millionen Todesfällen aus 823 Regionen in 35 europäischen Ländern, die mit der jeweiligen Klimalast vor Ort abgeglichen wurden, ergaben sich zwar in der Tat mutmaßliche 47.000 Hitzetote. Doch, schrieben die Forscher, "eine identische Sommerhitze noch vor 20 Jahren zu 80 Prozent mehr Todesopfern geführt."

Grund sei eine deutlich erhöhte Hitzetoleranz, die sich als Erhöhung der sogenannten minimalen Sterblichkeitstemperatur zeigt. Seit dem Jahr 2000 sei die im Durchschnitt des gesamten Kontinents um beachtliche 2,7 Grad Celsius angestiegen - deutlich schneller als die menschengemachte globale Temperatur. Das deute darauf hin, dass Menschen heute weniger hitzeanfällig seien als zu Beginn des Jahrhunderts. 


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Problem ist, dass die gerne überdurchschnittlich alten Coronatoten ihre Infektion erst vollständig auskuriert haben müssen (frein nach DPA), um dann ob des mörderischen Klimas erneut den Löffel reichen zu können.

Anonym hat gesagt…

Deswegen holen unsere gewählten Vertreter ja vor allem hitzeresistente Neumitbürger ins Land.

Trumpeltier hat gesagt…

...die dann - wie der Bürgermeister des Schwimmbad-Befummelskandal-Ortes es formulierte - wegen der termischen Kreislaufbelastung besonders grapschsüchtig werden. Diese genetisch schon heißblütigen Wüstensöhne kommen mit unserer Klimaerhitzung mental also nicht zurecht, denn das ist denen einfach zu frostig. Die müssen dann vom Paradies träumend erregt zitternd im Rudel auch bei 11jährigen Mädchen weibliche Mutterersatzwärme suchen.

Dafür müssen wir Verständnis aufbringen und unsere minderjährigen Töchter zu mehr Intergrationsoffenheit animieren. Nur so bleiben unsere optimal temperierten Knäste und/oder Irrenhäuser unterm Teilhabelimit.