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Die Mitte hat sich lange durch Blicke nach rechts und links definiert. Inzwischen beschließt über die Zugehörigkeit ein grünes Parteigremium. |
Geh ich allem aus dem Weg
Noch eh der Kampf beginnt
Haben andre schon
Was ich denken soll, bestimmt
Die Mittelmäßigkeit
Verhindert jeden Streit
Es sind die Fernwirkungen der spontanen Augenblicksentscheidung einer ganz kleinen Clique von treulosen Christdemokraten, die sich allmählich als größte Bedrohung für unsere Demokratie herausstellen. Nicht mehr nur, dass zuletzt immer lauter und häufiger ein Vertrauensverlust zwischen Wählenden und Gewählten beklagt werden musste. Das gilt als Lackschaden im Verwaltungshandeln, nicht schon, aber von starken Institutionen allemal verkraftbar. So lange der Schulterschluss der Demokraten im politischen Berlin hält, so lange muss niemandem bange sein. Die Wahlen kommen und gehen, die Parteien aber bleiben an der Macht, mal in dieser, mal in jener Konstellation.
Großer Vorrat an Gemeinsamkeiten
Schon mit der gemeinsamen Abstimmung von CDU, CSU, Teilen der FDP und AfD aber tauchten im Lager der Demokraten Zweifel auf, ob die Parteien, die die Bundesrepublik aufgebaut und erfolgreich gemacht haben, noch über einen ausreichend großen Vorrat an Gemeinsamkeiten verfügen, um gemeinsam aufzubauen, was sie zuvor eingerissen haben. Nur um Wählerinnen und Wählern vom radikalen Rand zu beweisen, dass er nicht Angela Merkel ist, ließ sich Friedrich Merz dazu herab, mit dem blauschwarzen Mob zu paktieren. Ein Tabubruch, den den Kanzler später wiedergutzumachen versuchte, indem er als eifrigster Gegner der Schuldenbremse und entschlossener Fortsetzer des Ampelkurses bei Klima- und Gendergerechtigkeit auftrat.
Beinahe hätte Merz Freund und Feind täuschen können. Allenfalls rituell kritisierte die neue Grünen-Spitze die Entscheidungen der neuen Koalition. Deutlich häufiger als sie "falsch" zu nennen, wiesen Felix Banaszak und Katharina Dröge darauf hin, dass sie das alles sowieso auch so hätten machen wollen, wenn Robert Habeck Bündniskanzler geworden wäre. Kritik beschränkte sich auf Details, etwa wenn die blasse grüne Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sich als Widersacherin des Kanzlers zu inszenieren versuchte, indem sie das einst von ihr selbst torpedierte Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) als Rettung vor den Zöllen des Donald Trump pries.
Platz ist in der kleinsten Mitte
Alle hatten ihr Lager in der Mitte aufgeschlagen, genau dort, wo alle sind, die sich für die "hart arbeitende", "linksliberale" oder auch - erlaubt ist das - "bürgerliche" Mitte halten. Auf der politischen Landkarte nahmen die "Menschen, die unseren Wohlstand erarbeiten", wie sie der damalige Grünen-Chef Omid Nouripour nannte, mehr Platz ein als die beiden Ränder zusammen. Alles war Mitte, zum Teil extremistische, zum Teil demokratische. Jeder wollte dazugehören, um dabeizusein, wo es um die Plätze auf der Brücke geht.
Die politische Geografie beschrieb die Mitte in diesen Jahren als den Ort, an dem die ehemaligen Volksparteien ihr Gnadenbrot verzehrten. Sie waren es auch, die allein bestimmten, wer reingelassen wurde und wer draußen bleiben musste. Links stand die eine Brandmauer, rechts die andere, beharrlich schrumpfte der Bewegungsraum dazwischen und mit ihm die Macht der Parteien, die schon länger im Bundestag vertreten sind, festzulegen, wer ihnen genug gleicht, um sich ebenfalls eine Kraft der Mitte nennen zu dürfen.
Laune der Geschichte
Die Deutungshoheit, sie bleibt länger als es Gründe gibt. Doch dass auf das Dritte Reich das Mitte Reich folgte, erscheint inzwischen nur noch wie eine Laune der Geschichte. Vereinte das politische Koordinatensystem in den vergangenen Jahren schon immer mehr Parteien in einer Mitte, die in der CDU Konrad Adenauers, Helmut Kohls und Manfred Kanters allein von Heiner Geißler bewohnt worden war, stieß zuletzt auch noch die antikapitalistische Linke hinzu.
Mit SPD, Grünen, Linkspartei und BSW wimmelt es in der Mitte seitdem von ausgewiesenen linken Organisationen. Links von der Mitte ist nur noch die Wand, hinter der K-Gruppen wie die DKP, die MLPD und die Sozialistische Gleichheitspartei, die Jungen Grünen und die Jusos ums Überleben kämpfen.
Mitte ohne Rand
Rechts hat die Mitte einen noch breiteren Rand, der allerdings war bislang abgeschnitten vom politischen Alltagsleben. Mitte war die CDU, ihr rechter Narrensaum die CSU, der manches nachgesehen wird, wenn sie über den Spielfeldrand passt. Nur so ist der Bayer, sind Franke und Unterfranke bei der Stange zu halten. Vier Jahre nach Merkel aber hatte sich schließlich auch die CDU darauf besonnen, dass sie eine Rolle spielen muss, um nicht ganz in der Mitte unterzugehen. Mitte rechts, strenges Gesicht, schwerer Tritt. Sie übt noch unbeholfen. Aber schon hat sie sich selbst aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt, wie Grünen-Chef Felix Banaszak traurig konstatieren musste.
"Das Desaster um die Wahlen zu den Bundesverfassungsrichter*innen hat es so noch nicht gegeben!", schränkte seine Co-Fraktionsvorsitzende das "Agieren der Union" zwar zu einer "Gefahr für Demokratie, Parlament & das #Bundesverfassungsgericht" ein. Doch Banaszak blieb bei seinem Urteil. "CDU und CSU haben sich heute aus der demokratischen Mitte unseres Landes verabschiedet", schrieb der 35-Jährige, der seine Lebens- und Berufserfahrung aus dem Studium der Sozialanthropologie und Politikwissenschaft und den Jahren als Mitarbeiter grüner Landtags- und EU-Abgeordneter nutzt, die Mitte sauber zu halten.
Die kleinste Mitte aller Zeiten
Nach Banaszaks Ausschlussmitteilung ist die Mitte erstmals zu einem schmalen Phänomen zwischen endlos viel Rand geschrumpft. Letzten Umfragen zufolge besteht die Restmitte derzeit noch aus elf Prozent grüner Mitte und elf Prozent sozialdemokratischen Mitte. Der rechte Rand dagegen ist auf etwa 54 Prozent gewachsen, der linke liegt bei 15. Die landläufige Vorstellung von der Mitte Zentrum eines Spektrums wird damit von der Realität widerlegt. Mitte ist kein Raum, sondern ein Punkt, der auf der Spitze einer Stecknadel Platz haben kann, solange die an der richtigen Stelle steckt.
6 Kommentare:
Inzwischen wurde bereits viel postives und negatives Verhalten der selbsternannten Krone der Schöpfung erforscht und publiziert.
Dennoch torkeln immer noch sonderbegabte Menschenkinder im infantilen Überfliegerrausch umher und halten sich für geistig unfehlbare Götter. Ich staune täglich, wer alles dummdreist halluziniert, besser als ich zu wissen, was gut für mich und alle anderen Erdbewohner ist.
Leider sind solche Mentalexperten im IQ-Bereich bis max 115 in der Mehrzahl und bestimmen somit zwangsläufig unser aller Alltag. Während der Kluge sich dumm stellen kann, funktioniert das umgekehrt nur ungenügend. Und einem Schwachkopf zu erklären, dass er einer sei, scheitert genau daran.
Platz ist in der kleinsten MItte, wo der starke Herdentrieb und immense Rudelzwang alle dicht zusammenrücken lässt. Das klappt bereits in jedem Fisch- oder Vogelschwarm prima und ist somit kein Beweis besonderer menschlicher Intelligenz. Das angeblich soziale Wesen ist somit nur Spielball seiner archaischen Urtriebe. Lass den Homo drei Tage frieren und hungern, und er vergisst jede Moral.
Steht da nicht irgendwo in der Bibel, daß der Herregott "die Halben und die Lauen" gerne ausspuckt?
PPQ ist leider kein Herregott. Deswegen fällt das aus.
aber ein bisschen schwund ist auch so immer
Auf eine Nadelspitze passen tausende von Engeln. Das wurde schon im Mittelalter an Universitäten erforscht. Folge der Wissenschaft.
daher kommt der gedanke, dass es in der mitte nicht allzu bequem ist
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