Dienstag, 26. August 2025

Letzte Ausfahrt: Europas Abschied von der Zukunft

Selbst in Afrika werden zuweilen wegweisende Technologien entwickelt: Maxwell Chikumbutso zum Beispiel erfand einen Fernseher, der beim Zuschauen Strom erzeugt.

Vom alten Kontinent kommt nichts mehr. Dort, wo in den 300 Jahren seit der Erfindung der Dampfmaschine fast alle großen technischen Innovationen entwickelt wurden, ist schon lange tote Hose. Europa, ein Trauerfall der Technik: Seit der Compact Disc, die zumindest von Philips mitentwickelt wurde, ist nichts Neues mehr vom alten Kontinent gekommen.

Egal, ob Internet oder World Wide Web, E-Mail oder Smartphone, soziale Netzwerke, Kurnachrichtendienste und Messenger, selbststeuernde Autos, Spielkonsolen oder künstliche Intelligenz - die Neuheiten, die den modernen Alltag von Milliarden prägen, kommen aus den USA oder allenfalls noch aus Asien.

Nicht einmal mehr Werkbank

Europa ist nicht mehr Labor, meist nicht einmal mehr Werkbank. Die 440 Millionen Europäer erfinden nichts Brauchbares mehr, jedenfalls nichts von globaler Bedeutung. Die haben heute die großen Firmen, die die großen Würfe landen. Oder auch umgekehrt. Europa hat Förderprogramme, Grundlagenforschung und in seiner Erinnerung ist es immer noch bedeutsam. 

Seit Nokia vom Thron des weltgrößten Handyherstellers stürzte, gibt es keine einzige EU-Firma mehr, die Kunden in aller Welt mit ihren Produkten beliefert und im Leben von Milliarden Verbrauchern eine Rolle spielt. Einmal immerhin in den zurückliegenden Jahrzehnten schien sich das zu ändern: Mitten in der Corona-Pandemie schaffte es die deutsche Firma Biontech als erstes Unternehmen, einen Impfstoff auf Basis des neuen mRNA-Verfahrens zu entwickeln und zu produzieren.

Enttäuschte Hoffnung

Das ging schnell und es musste auch schnell gehen, weil zahlreiche andere Hersteller auch nicht viel länger brauchten. In den Zeiten der Seuche wurde der erste Pieks mit dem neuen Stoff als Durchbruch gefeiert. Bald ganz bald würden viel mehr neue Impfstoffe gegen  alle möglichen Krankheiten zugelassen werden, jetzt, wo die Methode erprobt und die Technologie auf ihre Tauglichkeit getestet sei.

Ein Strohfeuer, denn erstaunlicherweise kam danach: Nichts. Mit Kostaive hat Arcturus Therapeutics, eine Firma aus den USA und Japan, einen mRNA-Impfstoff gegen Grippe vorgestellt. Moderna aus den USA hat mResniva zugelassen bekommen, ein Vakzin gegen die Atemwegsinfektion RSV. Das war es. Biontech, der Pionier, verbrennt Geld, immerhin eigenes. Doch in den viereinhalb Jahren seit der "bedingten Marktzulassung" des ersten Corona-Impfstoffs Comirnaty ist die Produktpipeline zu.

Amerikanische Erfindungen

Die letzte bedeutende technische Innovation aus Europa offenbart ein globales Ungleichgewicht, das irgendeinen Grund haben muss. Wenn 340 Millionen Amerikaner Erfindungen wie das Smartphone, soziale Netzwerke und Satelliteninternet in Serie machen können, wieso können 440 Millionen Europäer nicht im gleichen Tempo ähnlich bedeutende Beiträge zur technologischen Entwicklung liefern? 

Auch wenn sich die großartige Hoffnung, die die erstmalige Nutzung der mRNA-Technologie zur Entwicklung eines Impfstoffes bisher nicht erfüllt hat, zeigt das Beispiel, dass irgendwo unter Bergen von Papier, Gebirgen von Vorschriften und zehntausenden von EU-Regeln und Richtlinien noch ein Rest von Erfindergeist stecken.

Döbereiners Feuerzeug

Nur wo? Und wer hat ihn verschüttet? Warum kommen sie nicht vor, die wagemutigen Entrepeneure und gewitzten Wissenschaftler, die aus der Grundlagenforschung des L'art pour l'art Dinge machen, die sich anfassen und verkaufen lassen. und die so gut und nützlich sind wie der Diesel- und der Otto-Motor, die Straßenbahn, Johann Wolfgang Döbereiners Feuerzeug und  das Streichholz des englischen Apothekers John Walker.

Nirgendwo ist nichts zu sehen. Während inzwischen sogar in Afrika wegweisende Erfindungen gemacht werden, die absehbar ganz neue Horizonte für Millionen eröffnen, fungiert die EU als Abnehmer von Technologien, die anderswo erdacht und entwickelt worden sind. Die europäische Staatengemeinschaft, einst mit dem Anspruch gegründet, zum größten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu werden, sind eine Innovationsgemeinschaft aus zweiter Hand. 

Die USA bestimmen

Von Microsofts Windows über das Smartphone, eingeführt von Apple im Jahr 2007, von Facebook bis X, und Google und ChatGPT bestimmen Erfinder und Entwickler aus dem Ausland über die Kommunikation der EU-Insassen, ihren Zugang zu Informationen und die Art, wie sie arbeiten und interagieren. 

Eine so auffälligen Abhängigkeit, dass sie sogar dem früheren Klimawirtschaftsminister Robert Habeck aufgefallen war, wenn auch erst einige wenige Tage vor seinem Abschied. Die Aufforderung des glücklosen Grünen aber, "§das nächste Google oder X" müsse aus Europa kommen, zeigt das Schmalspurdenken, das Deutschland und die anderen EU-Staaten daran hindert, mit Hilfe von durchaus vorhandenem Wissen bestehende Technologien so zu kombinieren, dass Touchscreens, Mobilfunknetze und KI-Chips, smarte Brillen, Streaminganbieter oder soziale Netzwerke herauskommen, die die herkömmlichen Medien ablösen.

Wie das Wetter

Alles kommt, das wird in Bundesregierungen und Europäischen Kommissionen klaglos hingenommen wie das Wetter, aus Übersee. Was dort an Innovationen entsteht, wird, in Asien in Massen gefertigt. Und in Europa begeistert genutzt. Nicht, ohne dass die europäischen Regierungen unter Anleitung der EU-Kommission ihren Beitrag leisten: Hier werden die meisten Datenschutzprobleme mit den meisten Richtlinien und Regelungen gelöst. Hier kommt vor der KI die KI-Regulierung. Hier werden soziale Netzwerke auf Desinformation reduziert. 

Und ein eigenes Satelliteninternet soll es eines Tages auch geben: Fünf Jahre nach dem Betriebsstart von Starlink, hat die EU beschlossen, mit IRIS² eine Alternative zum SpaceX-Dienst zu schaffen, um die europäische Unabhängigkeit im All zu sichern. Nicht nur das nächste Google und das nächste X, sondern auch das nächste Satelliteninternet kommt aus der EU. Gleiches neu, zu höheren Kosten und ganz sicher nicht wie derzeit geplant 2029. 

Teurer und schlechter

Mach's mit, mach's nach und mach's nicht besser: Weder Deutschland noch EU-Europa sind noch in der Lage, irgendetwas zu revolutionieren und die berühmten "Game-Changer" hervorzubringen. Allenfalls zum Nachmachen reicht es, am besten teuer und schlechter, aber später und weniger bequem: Mastodon, das in Jena entwickelte weltanschaulich saubere X, ist der Beweis. So gut, dass es noch immer niemand nutzt.

Es fehlt Europa an allem, was es braucht, um Neues zu schaffen  und durchzusetzen. Statt privatem Risikokapital gibt es staatliche Förderprogramme, die so behäbig sind, dass Bürokraten darüber entscheiden, wofür Geld fliesen soll. Die Märkte sind klein und zersplittert, ein Mobilfunkanbieter muss 27 Märkte einzeln bedienen, ein Fernsehsender an 27 Grenzen Übertragungsverboten beachten.

Deutsche dritte Liga? In Schweden verboten. Für die ARD produzierte Spielfilme? In Polen gesperrt. Wo US-amerikanische Start-ups wie Apple, Google oder SpaceX rasend schnell groß werden konnten, sterben die wenigen deutschen Versuche im Kindbett, erdrosselt von Kapitalmangel, den Nachstellungen von Behörden und der Gängelung durch die Politik.

Älter als Microsoft

Spotify, ein erfolgreiches europäisches Unternehmen aus Schweden, ist nur scheinbar ein Gegenbeispiel. Der Musikdienst verdankt seine heutige Stellung der frühen Entscheidung, sich auf den amerikanischen Markt zu konzentrieren. Dort schnüren weniger Regeln dem Gründergeist die Luft ab. Dort ist der Zugang zu Finanzierungen einfacher. 

Ein Beispiel ist das deutsche Unternehmen SAP, ein Klassiker im Bereich Unternehmenssoftware, der älter drei Jahre älter ist als Microsoft. SPD ist Deutschlands größtes und bedeutendsten Unternehmen. Aber im Vergleich zu US-Tech-Giganten wie Amazon oder Microsoft global bedeutungslos. 

In Europa, insbesondere in Deutschland, gibt es eine stärkere Neigung zur Risikovermeidung und eine natürliche Furcht, Wege zu beschreiten, die noch niemand gegangen ist. Die German Angst war einmal eine deutsche Spezialität. Heute hat sie ganz Europa infiziert: Zögerlich betrachtet die Elite Europas selbstfahrende Autos und Künstliche Intelligenz, alles, was disruptiv wirken könnte, trifft auf eine Brandmauer aus Vorbehalten. Eilig werden regulatorische Hürden aufgeschüttet, wo es noch nicht einmal Massenprodukte gibt, vor denen die Menschen geschützt werden könnte.

Volksbewegung gegen Google

Seit der politisch geschürten Volksbewegung gegen Google Maps scheint kein einziger Tag vergangen zu sein. Europa hat heute strengere regulatorische Standards als der Rest der Welt zusammen, aber es leistet keinen Beitrag zum technischen Fortschritt der Zivilisation. In Deutschland wird das Desaster damit erklärt, dass man hierzulande eben eine starke Tradition der Grundlagenforschung habe, am liebsten staatlich finanziert und von Forschungsbeamten durchgeführt. Die USA hingegen hätten eben den Drang, alles anzuwenden und zu kommerzialisieren. 

Aus Problem eins folgt Problem zwei: Talente wandern ab, dorthin, wo bessere Karrierechancen, höhere Gehälter und niedrigere Steuern locken. Europa leidet unter einem Brain Drain, weil die Besten den attraktiveren Arbeitsbedingungen hinterherziehen, nicht den Einladungen von Politikern. 


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was soll dazu noch gesagt werden? Auf brachliegendem Boden wächst keine Ernte, und aus gedanklicher Ödnis bricht kein schöpferischer Blitz.

Anonym hat gesagt…

Herr Dr. Mutumbe Moonstool-Bokassa hat auch den Schwerkraftkühlschrank erfunden der die gefühlte soziale Kälte in Eis verwandelt

Anonym hat gesagt…

Frau Prof. Dr. Olympia von Blitzenberg hat den "Sozialen Schallschlucker" patentiert, der unangenehme Gespräche in angenehmes, warmes Summen umwandelt.

Anonym hat gesagt…

Die Zeiten des Feierns scheinen vorbei aber auch eine Frau Prof. Dr. Philomene Spitzzüngel-Glumbusch entwickelte den rhetorischen Paradoxonspeicher, der hohle Phrasen in bunte Konfetti zerkleinert, die bei Feierlichkeiten geworfen werden könnten. Vllt. später wieder...

Anonym hat gesagt…

An irgendeinem Punkt ruht man sich eben auf den Lorbeeren aus. Wir haben genug erfunden, z.B. den Kommunismus, also quasi die Zukunft selbst. Das langt doch.

Anonym hat gesagt…

Ab einem gewissen Mindestwohlstand (A14) sucht man bei uns das Glück eben lieber in der Moral als im Reichtum.