Mittwoch, 20. August 2025

Elefanten-Schach: Gift im Kopf

Hier im Reichstag soll die geheime KGB-Aktion mit dem Decknamen "кампания внутреннее разрушение" stattgefunden haben.

Der Angreifer hat eine Million Männer verloren,  mehr Panzer und Geschütze, als er anfangs besaß, mehr Drohnen, als die Bundeswehr anzuschaffen plant und einen Gutteil seiner Goldvorräte. Nach dreieinhalb Jahren Krieg in der Ukraine muss Wladimir Putin Rollstuhlfahrer und Versehrte an die Front schicken, er hat sich Tausende Soldaten bei seinem mordkoreanischen Diktatorenkollegen Kim Jong Un geliehen und dennoch gehen ihm nach den Granaten auch die Soldaten aus.

Die Sanktionen wirken 

Die Sanktionen wirken immer noch und sogar mehr denn je. Es ist mittlerweile wirklich nur eine "Frage der Zeit", bis der Kreml die Waffen stecken muss, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor drei Jahren hoffnungsfroh verkündet hatte. Und statt in der Gewissheit des unaufhaltsam nahenden Sieges über den Aggressor geduldig weiterzumachen, ist es der Westen mit EU-Europa an der Spitze, der von Woche zu Woche mehr zu verzagen scheint. 

Waren die Nato-Verbündeten dem Angreifer schon vor dem Beschluss des zweiten Sondervermögens bei den Rüstungsausgaben um das Zehnfache überlegen, so sind sie es jetzt um das Zwanzigfache, obwohl kaum ein europäischer Partner die erforderlichen Anstrengungen so ernst nimmt wie Deutschland. Gerade hier aber wächst die Furcht vor einer bevorstehenden russischen Attacke von Stunde zu Stunde, unterbrochen nur von kurzen Angstschüben wegen der Klimaerhitzung, des Rechtsrucks und dem Zusammenbruch der Wirtschaft.

Nachhaltig beeindruckt 

Wie es Russland gelingt, die westliche Übermacht derart nachhaltig zu beeindrucken, obwohl es der einstigen Supermacht in 42 Monaten nicht einmal gelungen ist, einen bedeutsamen Teil der kleinen Ukraine zu erobern, war für Beobachter lange Zeit ein Rätsel. Immer wieder meldeten sich Spitzenpolitiker mit bedeutsamen Bedenken zur deutschen Kriegstüchtigkeit zu Wort. Je größer die geschnürten Rüstungspaket wurde, desto bedrohlicher wirkte der Mangel an Menschen, Munition, Panzern, Material, Wehrkreiskommandos und Kasernen.

Zwar war es mit breiter medialer Unterstützung gelungen, die in früheren Zeiten als Fünfte Kolonne des Kreml fungierende Friedensbewegung auszuschalten. Doch es schien, als sei die Kriegsfurcht der  Deutschen, mehr als acht Jahrzehnte lang als Tugend und Charakterstärke gefeiert, inzwischen ins Genmaterial der Schonlängerhierlebenden gesickert. Zu wenige melden sich zum Dienst an der Waffe. Zu viele sind wegen ihres körperlichen Zustandes oder ihrer sensiblen Gesamtnatur gar nicht tauglich für die Front.

Ernährt mit der Friedensdividende 

Ein Zufall, so zumindest glaubten Experten lange. Deutschland habe sich von der Friedensdividende genährt, die die Generation Kohl/Genscher den kommunistischen Führern im Osten abgehandelt habe. Nach dreißig Jahren ohne einen Schuss auf einen Russ' müsse das Volk erst wieder an den Gedanken gewöhnt werden, dass es keine Angst haben müsse, sondern selbst problemlos wieder Angst verbreiten könne.

Es fällt aber eben nicht leicht, und das hat seinen Grund in einer Geheimdienstaktion, deren Spuren sich in einem umfangreichen Aktekonvolut mit dem Decknamen кампания внутреннее разрушение (Kampagnya Vnutrenneye razrusheniye) - zu Deutsch "Aktion Innere Zerstörung" - in den Archiven des heute als FSB firmierenden früheren Sowjet-Geheimdienstes KGB (Komitet Gossudarstwennoj Besopasnosti) finden. 

Eine geheimnisumwitterte Aktion 

Dabei handelt sich um eine der geheimnisvollsten Aktionen der Weltgeschichte, vorbeugend bereits im Herbst 1988 vom damaligen russischen Generalsekretär Michail Gorbatschow gestartet. Der Chef der KPdSU und spätere Totengräber des Vielvölkerstaates Sowjetunion fürchtete seinerzeit einen Zusammenbruch des kommunistischen Weltreiches - und er wollte für den Fall vorsorgen, dass sich Deutschland ein drittes Mal gegen sein Land wendet.

Damals stand Europa vor unsicheren Zeiten, seine Geheimdienste warnten den Sowjetführer, dass in den östlichen Randbereichen des Reiches etwas in Rutschen komme. Die ostdeutsche Führung war paralysiert, die polnische bereits abgefallen, andere Länder des sogenannten Warschauer Paktes wackelten. Der Kreml arbeitete in dieser Phase mit der typisch russischen Geduld daran, langfristige Weichen zu stellen: Die Wiedervereinigung ließ sich nicht verhindern, doch durch einen geschickten Schachzug konnte die deutsche Politik dazu veranlasst werden, nach Berlin, der einstigen Reichshauptstadt, zurückzukehren und den Reichstag, das einzige Parlamentsgebäude des Staates, wieder zum Sitz des Bundestages zu machen.

 Mittel und Wege der Beeinflussung

Das Unterfangen kostete die Bürger Millionen, stärkte aber das gerade erst wiedererwachende Nationalbewusstsein. Für den KGB allerdings viel wichtiger: Ein deutsches Parlament, das dort einziehen und tagen würde, so kalkulierte der gefürchtete Geheimdienst mit Sitz in der Moskau Lubjanka damals, könnten Mittel und Wege gefunden werden, die Abgeordneten subtil zu beeinflussen und sie entsprechend zu manipulieren, bevor sie erneut deutsche Truppen in Marsch setzen.

Die Erfolge dieser Aktion sind heute sichtbar. Mit Methoden, deren Wirkung bisher rational nicht nachvollziehbar war, gelang es, die Parlamentarier davon zu überzeugen, dass Truppen, die in drei langen Jahren nicht einmal 400 Kilometer von ihrer Landesgrenze bis zum nächstgelegenen großen Fluss vorrücken konnten, in den kommenden fünf, sechs oder sieben Jahren eine Strecke von 1.000 Kilometern an einer Frontbreite überwinden würden, die das Dreifache dessen beträgt, was sie derzeit leisten. 

Auf Basis dieser Befürchtung zeigte sich eine breite Mehrheit in den zwei unterschiedlich besetzten Bundestagen zweier aufeinanderfolgender Legislaturperioden bereit, die Anstrengungen zur Wiederherstellung der deutschen Kriegstüchtigkeit zu vervielfachen.

An Söhnen sparen 

Sozialpolitiker, Pazifisten, Klimakämpfer und Wirtschaftspolitiker bildeten erstmals seit der Billigung der Kriegskredite 1914 wieder eine gemeinsame parteiübergreifende Koalition. Man sei gezwungen, so heißt es, mehr Soldaten einzuziehen, die Wehrpflicht wieder zu aktivieren und junge Menschen waffentauglich zu machen, um eine Streitmacht auszustatten, die endlich wieder funktioniert – straff geführt, gut ausgerüstet und organisiert, eine Mischung aus einer asiatischen Massenarmee und der modernen, auf Schwerpunktaktionen ausgelegten, hochtechnisierten Streitmacht einer westlichen Wertenation, die an den raren Söhnen sparen muss, weil ihre Geburtenraten dramatisch niedrig sind. 

Die Methode der Russen scheint nur auf den ersten Blick fehlgeleitet und zu falschen Ergebnissen zu führen. Welches Interesse könnte Moskau schon daran haben, dass die Bundeswehr wehrfähig oder gar kriegstüchtig wird? Was dürfte sich der Kreml schon davon versprechen, wenn es doppelt so viele deutsche Soldaten gäbe? Ausgerüstet mit doppelt so vielen Panzern und nicht mehr nur 108 Panzerhaubitzen 2000, sondern 121?

Eine russische Spezialität 

Es scheint widersinnig, doch wie so oft der Geschichte spielt der Kreml 3D-Schach, eine russische Spezialität schon zu Zarenzeiten. кампания внутреннее разрушение, streng geheim und hochwirksam, war von Anfang an darauf angelegt, in Deutschland die Illusion zu erzeugen, es genüge, Geld auszugeben, sehr viel Geld, um wieder Militärmacht von Weltrang zu werden. Je mehr Geld, desto besser - als Beispiel dienen die US-Streitkräfte, die am besten mit Geld ausgestattet sind und als die stärkste Armee der Welt gelten. Die logische Schlussfolgerung, die dem politischen Berlin eingeflüstert wurde, lautet: Wer mehr Geld ausgibt, hat die stärkste Armee. 

Ein zumindest für den Kreml billiger Trick, der hervorragend funktioniert. Der Bundeskanzler, ein eigentlich rational denkender Mann, leitete Pläne für eine Neuverschuldung von mehr als einer Billion Euro in die Wege und zeigte sich mit den Ergebnissen zufrieden, noch ehe ein einziger Euro ausgegeben war. "Jetzt sind wir bereit, uns zu verteidigen", sagte er. 

Das "Jetzt" meint einen Zeitpunkt, der aktuellen Planungen nach etwa zehn bis fünfzehn Jahre in der Zukunft liegt, denn so lange wird es dauern, neue Panzerfabriken zu bauen, die neue Panzer produzieren können, Drohnenfabriken zu errichten, die Millionen Drohnen herstellen, und Fachkräfte auszubilden. Nach deutscher Genehmigungspraxis und allen Erfahrungen mit öffentlichen Aufträgen zufolge könnten aus den zehn bis 15 Jahren aber auch 25 bis 40 werden.

Nur Geld als Verteidigung 

Unangenehme Fragen dazu, wer all die neuen Waffen bedienen soll, müssen aktuell noch nicht beantwortet werden, Die Hoffnung richtet sich darauf, dass Männerüberschussländer wie Indien, Vietnam oder die Philippinen helfen könnten, wenn es soweit ist. Vorerst muss das Geld als Verteidigung reichen - jeder der 460 Kilometer Ostgrenze wird mit zwei Milliarden verteidigt, jeder Meter mit zwei Millionen. Vor keinem einzigen Cent hat Russland Angst.

Der Glaube ist groß, dass das ausreicht - und verantwortlich ist die bisher geheime KGB-Aktion внутреннее разрушение. Als der Kreml damals fürchtete, Deutschland könne wieder ein starkes, wirtschaftlich mächtiges Land werden und Appetit auf Gebiete im Osten bekommen, griffen die KGB-Agenten zu einer chemischen Substanz, die nur in Sibirien vorkommt: Salakadamit. 

Der Stoff, benannt nach seinem Entdecker Iwan Iwanesewitsch Salakada, der in einem von Stalin Gulags als Chemiker arbeiten musste, ist neutral, farblos und langlebig. Wird die Substanz auf Wände, Tapeten oder in Polstermöbeln aufgebracht, lässt sie sich weder durch Feuchtigkeit noch durch Absaugen entfernen.  

Unkontrollierte Aktivitätsausbrüche 

Erst nach und nach wird aus dem ursprünglich flüssigen, getrockneten Salakadamit ein gasförmiges Agens, das in der Lage ist, menschliche Nervenenden zu beeinflussen. Dies führt zu Symptomen, die an leichten Autismus oder ADHS erinnern. Betroffene wirken in bestimmten Phasen katatonisch, zeigen aber in anderen Momenten unkontrollierte Aktivitätsausbrüche. 

 Aus der Ferne betrachtet, ist genau dies das, was die Politik in Berlin auszeichnet: lange Phasen, in denen nichts geschieht, unterbrochen von Aktivitätsschüben, die darauf abzielen, sofortige Lösungen für Probleme zu finden, die meist noch gar nicht existieren. Taurusse sollen dann sofort geliefert werden, Reichweitenbegrenzungen für Waffen, die es nicht gibt, werden rigoros aufgehoben, und Panzerarmeen dirigiert, die noch nicht einmal auf dem Papier existieren.

Die typische Folge einer Salakadamit-Vergiftung ist der Drang, sich Schwierigkeiten zu widmen, deren Bearbeitung absehbar Zeit hat. Dafür sind die Betroffenen außerstande, sich länger als drei odert vier Tage mit einer akut anstehenden Frage zu beschäftigen.



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