Dienstag, 16. Februar 2010

Als die Zukunft Vergangenheit war

Am 21. August vor zwei Jahren war es mal wieder soweit. In Hamburg war das Öl alle. Anselm Waldermann hieb in die Tasten: "Der Welt geht die Energie aus", schrieb er, als werde es schon kalt im Büro: "Laut einer Studie" sei "die globale Förderung rückläufig", die Konzerne fänden kaum noch verwertbare Ressourcen. Man konnte es ja auch schon an der Tankstelle spüren: "Noch nie war Öl so teuer wie heute".

Der Peak Oil, 1972 vom sagenumwobenen "Club of Rome" erfunden und ein Jahr später während des heute nur noch als "Ölkrise" getarnten Öllieferboykotts der arabischen Welt zu einer lebensbedrohenden Gefahr geworden, war wieder da. "Dramatischer", so fühlte sich der "Spiegel" in die Materie ein "könnte die Warnung nicht sein: "Die weltweite Ölförderung hat das Fördermaximum mit großer Wahrscheinlichkeit bereits überschritten."

Wie die vom ADAC alle Jahre wieder pestartig vertriebenen Raststätten-, Fähren- und Tunneltests taucht der angebliche Öl-Förderhöhepunkt immer wieder auf, am liebsten wenn der Ölpreis hoch ist. Diesmal allerdings, so dichtete Waldermann, habe ihn nicht "irgendjemand" entdeckt wie offenbar sonst immer, "sondern hochkarätige Experten, darunter auch Vertreter der deutschen Tankstellenbranche". Gerade letztere kennen sich nach Ansicht der Hamburger Ölexperten wohl ganz besonders mit der Ölförderung und den Lagerstätten aus, schließlich verkaufen sie neben Benzin auch Schmieröl und Getränkeflaschen, die aus Öl hergestellt werden. Diese Fachleute nun hätten sich "in der Energy Watch Group zusammengeschlossen, einer unabhängigen Organisation", die "regelmäßig Forschungsarbeiten zum internationalen Ölmarkt" erstelle. Allzuviel zu lesen ist da nicht: Der vom "Spiegel" zitierten Studie ging eine einzige andere voraus danach stellten die Energiewächter die Arbeit am Öl ein.

Warum auch nicht. Öl war ja jetzt Geschichte, alle "bisherigen Prognosen" waren nach unten korrigiert, die Verknappung beim Öl war "kein fernes Zukunftsszenario" mehr, wie es düster aus dem "Spiegel" dräute. Das Ergebnis sei "erschreckend": So sei das weltweite Fördermaximum bereits im Jahr 2006 mit 81 Millionen Barrel pro Tag erreicht worden, seitdem geht die Produktion zurück, im Jahr 2020 soll sie bei nur noch 58 Millionen Barrel liegen.

Wir müssen alle steherrbeeeen, sagte Josef Auer, Energieexperte bei der Deutschen Bank Research, nicht. Aber immerhin ließ er den Reporter wissen: "Was Erdöl betrifft, liegt die Zukunft schon hinter uns". Dasselbe hatte Colin J. Campbell von der Association for the Study of Peak Oil and Gas schon 1989 behauptet, ehe er sich später für 2007 entschied, , weil die Wirklichkeit sich nicht an seine Prognosen hatte halten wollen. Die Energy Watch Group machte nun Schluss mit Spekulationen. "Nur das Öl, das bereits gefunden wurde, kann gefördert werden", heißt es in der Studie, wahrscheinlich eine Anspielung auf den Ölsucher im Bild links. Das Maximum der Neufunde sei jedoch in den sechziger Jahren gewesen, seitdem habe man "immer weniger Lagerstätten entdeckt". Zwangsläufig müsse nun "auch ein Maximum bei der Förderung folgen", glaubten die Studienautoren. Danach werde die Verfügbarkeit von Öl Jahr für Jahr zurückgehen.

Draußen vor der Tür schoß der Ölpreis ja schon in den Himmel, während Waldermann im langsam auskühlenden Büro vor sich hin unkte, kletterte er schon über die Marke von 130 Dollar pro Fass. "Öl-Futures zur Lieferung in fünf Jahren kosten schon 140 Dollar", malte der Autor konsequent schwarz. Und die "renommierte Bank Goldman Sachs schätzt sogar, dass ein Barrel in zwei Jahren 200 Dollar kosten wird".

Da lagen sie aber daneben. Statt sich zu verdoppeln, hat sich der Ölpreis halbiert. Und statt auf die Energy Watch Group-Experten zu hören, die die bisherigen Lager-Schätzungen nicht bei 1255 Milliarden Barrel, sondern nur noch bei 854 Milliarden sahen, wurde immer mehr Öl gefunden. Inzwischen vermutet die Venezuelanische Regierung allein im Orinoco-Gebiet mit 513 Milliarden Barrel doppelt soviel Öl wie Saudi-Arabien an sicheren Reserven hat. Und auch der "Spiegel" hat die Zeitleiste noch mal nachjustiert: Der Zeitpunkt des Peak Oil sei jetzt beziffert, heisst es: Im Jahr 2020 schon, wiederum 14 Jahre nach dem gerade erst ausgerufenen Peak Oil-Termin, könnte er da sein und das Öl knapp werden.

4 Kommentare:

Vox Diaboli hat gesagt…

großartiger text, großartig.

derherold hat gesagt…

Könnte es sein, daß dieser ganze Klimawandel-IPdings-Bohei hauptsächlich initiert wurde - selbstverständlich unter Annahme, daß unsere Geißler-Bewegung sofort durch das Dorf ziehen würde - weil man tatsächlich annahm, daß Öl demnächst aus Thunfischdosen zurückgewonnen werden muß, weil es so knapp geworden ?

Zufällig tauchen Hinweise auf IPdings-Mauscheleien auf, als hier und da, in Venezuela und Kuba Öl vermutet wird.

Könnte es sein, daß der "Klimawandel" den Weg allen Fleisches, sprich: den der Schweinegrippe, gehen wird.

Friederich hat gesagt…

derherold ist ein Klimaketzer! derherold ist ein Klimaketzer!

ppq hat gesagt…

natürlich gibt es einen höhepunkt. ich bin auch nicht berufen, den festzulegen. allerdings bin ich mißtrauisch denen gegenüber, die behaupten, sie könntes es.

das ende wird doch vermutlich so aussehen: der ölpreis wird steigen, weil die nachfrage das angebot übertrifft. das wird zur substitution von öl durch andere energieträger führen. dennoch wird die niedrigere öl-nachfrage höher sein als das niedriger werdende angebot. das führt zu nochmehr substitution.

alles in zeiträumen, die nicht drei oder zehn jahre, sondern 30 oder 80 überspannen. gab es eigentlich ein peak-pferd, als das auto erfunden worden war? natürlich gab es den. aber ob über ihn soviel - und auf so wankendem boden - spekuliert worden ist wie heute, nein, das glaube ich nicht.

auch das letzte kutschpferd ist ja nicht erschossen worden, weil das auto vor der tür stand