Samstag, 28. September 2013

Runtergerechnet: Inflation bleibt kein Thema

Erst kamen die Rettungspakete, dann kamen die Niedrigzinsen, dann kamen "Mietpreisbremse" und "Benzinpreisbremse", um die Folgen der Geldschwemme wiedereinzufangen. Energiepreise explodierten geradezu, vor allem in Deutschland, die Mieten stiegen, nachdem Immobilien sich nach dem Ausfall von Staatsanleihen und Sparbüchern zur beliebteste Art der Wertaufbewahrung gemausert hatten. Auch bei Lebensmitteln stiegen die Preise mit 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zuletzt drastisch.

Inzwischen sind Bier, Benzin, Strom, Mieten und Fahrpreise für öffentliche Verkehrsmittel so teuer wie nie zuvor. Und doch schwört die Europäische Zentralbank, dass Inflation in Europa kein Problem sei: Die Preissteigerungsrate liege mit 1,5 Prozent sogar wieder noch niedriger als in den Vormonaten, als sie mit 1,8 und 1,9 Prozent auch jeweils deutlich unter der Zielmarke von zwei Prozent geblieben war, die der EZB eine zu schnelle Geldentwertung signalisieren würde.

Das ist schön und lässt die Leitmedien wie stets kollektiv posaunen "Inflation ist kein Thema". Dadurch ist Inflation medial wirklich keins - doch es bedarf im Hintergrund ganz offenbar einiger Kreativität bei der Berechnung. Statistisch gesehen entfallen nämlich ausgerechnet auf die Wohnkosten mit 32,6 Prozent, die Heizkosten mit 15 Prozent, die Mobilität mit 14,6 Prozent und auf Lebensmittel, Getränke und Tabakwaren (14,3 Prozent) rund 76 Prozent aller Ausgaben deutscher Haushalte. Wenn also die Mietkosten steigen, Heiz- und Energiekosten klettern, Fahrpreise sich erhöhen, Lebensmittel teurer werden und Benzinpreise zumindest nicht  sinken, bleiben zur rechnerischen Dämpfung dieser Preiseffekte eigentlich nur magere 24 Prozent Warenkorbinhalt übrig: Elektrogeräte, Pauschalreisen, Gesundheitspflege und Kommunikation.

Zuwenig, um die langfristig unübersehbaren Preissteigerungsraten wenigstens kurzfristig wegzurechnen, selbst wenn die grassierende Inflation bei Immobilienpreisen, Aktienkursen und Gehältern ohnehin ausgespart bleibt. Das haben wohl auch die Beamten des Statistischen Bundesamtes bemerkt, die früher einen Interaktiven Verbrauerpreis-Indexrechner unterhielten, mit dessen Hilfe sich die Preissteigerungsrate per Hand nachrechnen ließ. Inzwischen wurde das interaktive Webangebot vorsorglich abgeschaltet. dafür gibt es jetzt einen persönlichen Inflationsrechner, der die Verantwortung für überbordende Preissteigerungen dem persönlichen Ausgabeverhalten anlastet.

Inflation ist kein Thema: Bierpreis vs. Benzinpreis historisch

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