Montag, 7. Januar 2008

Doku Deutschland: Sorgen auf der Sonnenbank

Wissen Sie, eigentlich bin ja Chemiker. Aber wenn Sie so wollen, arbeite ich als Sonnenstudiobesitzer. Nach der Wende war hier nämlich Schluss mit der Großchemie, da musste man sehen, wie es weitergeht. Ich bin über einen Kumpel auf die Sonnenbanksache gekommen, der hat da die Regionsvertretung gemacht und mich irgendwie reinrutschen lassen. Ich sage immer, das ist mein Traumberuf. Denn wenn so ein Laden erstmal läuft, dann läuft er. Ich bin drei, viermal am Tag kurz hier, nach dem Rechten gucken, das jetzt aber bitte nicht politisch verstehen. Den Rest machen meine Mädchen.

Ich sage immer, ich habe zwei Sorten Mädchen: Die Hühnchen und die Broiler. Die Hühnchen sind die, die ich bezahle, die Broiler die, die sich auf unsere Bänke legen und uns bezahlen. Klar, natürlich, alle Hühnchen sind auch Broiler, Ehrensache, das gehört zum Job. Sie können da keine bleiche Leiche hinsetzen, schließlich. Wie sähe das denn aus? Aber die Broiler sind deswegen nicht alle Hühnchen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Das sind Kunden, wir sind Dienstleister für die, sage ich immer. Meine Hühnchen habe einen Traumjob, das können Sie mir glauben. Was machen die denn? Bisschen die Bank abwischen, bisschen Kaffee kochen, bisschen Rumschwatzen. Kommt gleich nach Spielerfrau, sage ich immer, nur dass die die Kinder nicht mit ins Studio bringen können.

Klar, schießen sie immer mal gegen unsere Branche. Gesundheitsgefährdend und krebserregend. Alles Unsinn. Bei mir hat noch keiner Krebs bekommen, in 17 Jahren nicht! Unsere Liegen, da ist alles neuester Stand, sage ich immer. Nicht wie bei den billigen Heim-Solarien, wo Sie aufwachen und gleich einen blubbernden Leberfleck auf der Stirn haben. Wenn einer hier kommt, und die Zehnerkarte in einer Woche verbrät, dass es nur so qualmt, da können Sie wetten, dass meine Mädchen den anschließend ein paar Tage zum Abkühlen schicken.

Aber das Makroökonomische und das Mikroökonomische, sage ich immer, also diese beiden spielen gegen uns, gegen die ganze Branche, die ganze Idee. Wissen Sie, das mit dem Klimawandel, dass es immer heißer wird und so, also das steckt ein gut geführtes Studio weg. Ich sage immer: Einer von tausend tut es, und der ist meistens eine Frau. Eine Frau aber geht ins Sonnenstudio, weil es da zu Schwatzen gibt und Kaffee und eine Zigarette dazu, Sonnenbank auch, natürlich, klar, sage ich immer. Aber die Sonnenbank ist nicht der Grund, sondern der Anlass, verstehen Sie?

Wenn es wärmer wird, kommen natürlich weniger. Oder kennen Sie jemanden, der nach acht Stunden im Freibad ins Sonnenstudio geht? Die paar, die das machen, müssten auf der Bank übernachten, und als Besitzer könnten Sie davon immer noch nicht leben.

Aber, sage ich immer, es gibt eben gute Monate und bessere. Allerdings bin ich ausgerastet, als sie an die Parkplätze vor der Studiotür ein „Parken verboten“-Schild gestellt haben. Stellen Sie sich das mal vor, Sie kommen da Montagmorgen an, pfeifen ein Liedchen und die Welt ist schön, und auf einmal Ihre Parkplätze sind weg. Ich habe angerufen, ich gebettelt, gebrüllt und gefleht. Aber denken Sie, das interessiert jemanden? Klar, sage ich immer, die Steuern von uns, die nehmen sie gern. Aber einem helfen, damit man sie zahlen kann? Da haben die Herren aber Besseres zu tun.

Ich bin auf dieses Amt, bringt aber nichts. Können Sie vergessen. Sie reden da mit Leuten, die haben von Wirtschaft so viel Ahnung wie von komplexen Katalysatorsystemen in der Großchemie. Das ist ja nun mein Fach, verstehen Sie? Dass so ein Parkplatz der Katalysator dafür ist, dass auch jemand auf der Sonnenbank liegt, das geht in die Köpfe nicht rein.

Wissen Sie, man kann das verkraften. Wenn ein Studio gut geführt ist, steckt es solche externen Schocks weg. Ich sage immer, „Sonne muss sein, wenns regnet komm rein“ und das glaube ich auch. Wer sich´s schön denkt, der kriegst auch schön. Es sind ja Parkplätze in der Nähe, da müssen die Broiler zwar zahlen, aber wir erstatten das dann. Treibt die Kosten, klar, sage ich immer, aber für meine Kunden ist mir nichts zu teuer.

Dann haben sie aber natürlich auch noch verboten, dass sich Jugendliche sonnen. Als kämen die bei der ganzen Computerspielerei überhaupt noch in die Sonne. Dazu müssen Sie wissen – Jugendliche kommen nicht so viele, die können sich das ja gar nicht leisten. Sechs Euro für elf Minuten 10.500 Watt? Da fragen Sie mal so eine Friseusen-Azubine, die zeigt Ihnen den Piep. Die muss erstmal ihre Handyrechnung bezahlen und dann noch das Nagelstudio. Das fällt also nicht so sehr ins Gewicht, sind nur ein paar Sportler, Fußballer, Tänzerinnen, so diese Klientel, die dadurch rausfällt. Und was sollen wir da machen? Nach dem Ausweis fragen? Bin ich die Polizei oder was?

Das nächste ist aber schon Arbeit, ich hab das im Urin. Wissen Sie, die Broiler rauchen ja alle. Oder andersherum: Weil Sie rauchen, sind ja überhaupt erst Broiler. Die Qualmerei macht die Haut grau, wir brutzeln Sie dann wieder ein bisschen auf. Knackbraun, sage ich immer, aber jetzt bitte nicht politisch verstehen. Danach Käffchen, Schwätzchen und eine rauchen im Eckchen. Aber nun passen Sie auf: Als nächstes, das ist mir, ich muss das mal so sagen, sonnenklar, kommt das Rauchverbot für Sonnenstudios! Jede Wette! Und ein Kaffeeausschankverbot für Studios ohne separate Damen- und Herrentoilette.


Gut, werden Sie sagen, ein gut geführtes Studie steckt so was bestimmt weg. Klar doch, sage ich immer, das Geheimnis ist das Management. Finger auf jeden Posten, wie Lenin gesagt hat. Was machst Du aber, wenn Du Dein Management gar nicht mehr selber machen kannst? Wenn das alles in Berlin gemacht wird? Was denn dann? Ich kann nicht zurück in die Chemie, das ist klar, oder. Die Hühnchen, die kümmert das nicht. Die bekommen für das bisschen Rumgackern, Bankabwischen, Käffchenkochen und Rauchen vierfünfzig die Stunde und staunen Deinem Saab-Cabrio hinterher. Ja, Hühnchens, sage ich immer, vierfuffzich ist nicht die Welt, aber woanders müsstet ihr dafür arbeiten! Wissen Sie, die haben mit Schichten tausendnochwas im Monat und für Steuern geht da kaum was ab. Da müssten Sie bei mir mal gucken! Ins Knie beißen würden Sie sich. Und beschwert hat sich in 17 Jahren keine, nicht ein Wort, wirklich. Trotzdem soll das jetzt zu wenig sein. 7,50 Mindestlohn müssen es sein. 7,50! Für Sonnenbankservicefachangestellte. Wissen Sie, das können Sie gar nicht bezahlen. Wovon denn?

2 Kommentare:

Eisenschwein hat gesagt…

das haste dir doch alles nur ausgedacht, oder?

binladenhüter hat gesagt…

kein wort. ich habe nur das band abgetippt