Samstag, 19. Januar 2008

Punk mit Bart

"So viele alte Säcke hier", freut sich der dickliche Mann, der als "Steve Aktiv" seit 30 Jahren Punkmusik spielt. Angefangen hat er damals mit einer Trommel aus Papierkörben und Kochtöpfen, heute ist die Ausrüstung professioneller, der Sound allerdings auch nicht besser: Das hallesche Kino "La Bim", untergebracht in einer Bauruine, die wie ein fauler Zahn aus einer inerstädtischen Abrißlandschaft in bester Lage ragt, ähnelt einem zur Rattenhöhle umgebauten Kohlenkeller. Es riecht nach Schweiß und Cannabis, nach Becks-Pfützen und Urin. Müllstation, so haben Steve Aktiv und sein Bruder Rialdo Baur an der Gitarre ihre Gruppe einst genannt, fegen wie ein rumpelnder, pumpelnder Tornado mit Hüftschaden durch den engen, niedrigen Raum. Alles scheppert und bollert und vor der knöchelhohen Bühne tobt ein Mob aus entziehungskurgestählten Altpunks und nachgewachsenem Gemüse in Designerlderjacken mit sorgfältig drapierten Anti-Nazi-Aufnähern.

Die Zeiten, als die Staatssicherheit in drei Akkorden und ein bisschen Ohohoho-Gebrüll eine akute Gefahr für die Weltrevolution erkannte, sind vorrüber. Punk beginnt inzwischen pünktlich, Stefe Aktiv trägt zwar ein verlottertes Ramones-T-Shirt, aber aus dem Flaum der frühen Jahre ist doch ein bürgerlicher Bart geworden. Wie das so geht: DDR-Punk hängt als Schwarz-Weiß-Foto im Museum und die rumpeligen Rebellen spielen etwas kurzatmig zur Eröffnung von "Too Much Future" auf. Ein Klassentreffen im Kohlenkeller, eine Punkparty von Leuten, die statt mit Irokesenkamm mit Glatze schocken. Um Mitternacht ist Schluß, die Klassiker gehen ab und überlassen die Bühne einem exaltierten Jüngelchen, das sich "206" nennt. Soll Punk sein. Ist aber nur langweilig.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ja genau
wir haben urin geraucht & gras gespritzt, aber nich umgekehrt

nur einer im raum versteckte sich auf dem klo
und nahm sich heimlich eine handvoll scheisse,
von der er gar nicht wusste, wer sie eigentlich war
und als es ihm irgendwie nicht schmeckte,
kotzte er einfach zweihundertsechsmal auf die
nächstgelegene müllstation

b:

Anonym hat gesagt…

Der Kommentar ist zwar sehr "wertig", aber leider nicht wertvoll. Der Sänger hat auch keinen Bart. Das LaBim hat auch nicht die Bezeichnung Kohlenkeller verdient. Leider muss man in Halle auf solche Locations zurück greifen, wenn man Musik-Kultur, jenseits von "Rosenstolz und Co" an den Mann bringen möchte.
Für den einen mag sich ja klassischer Punkrock nach "rumpeln" anhören, aber warum geht er dann zu solchen Events, wenn es ihn missfällt?