Freitag, 11. September 2009

In der Sprache, die sie verstehen

Wer in Deutschland lebt, muss mit ihnen leben. Mit den Ämtern. Ohne sie wäre alles viel schöner, einfacher vor allem. So zumindest die landläufige Meinung. Lange Wartezeiten, unfreundliche Beamte und vor allem Inkompetenz lehren einem das Fürchten vor dem Gang zum Amt. Alles Lüge. Wirkliche Schuld an den Wartezeiten und allem anderen haben nicht die Ämter, sondern die Bürger.

Bürgeramt Pankow, Rathaus, Breite Straße. Kurz nach 9 Uhr. Ich geh hinein, frage am Infotresen nach dem Weg, ziehe eine Wartenummer. Es ist die 132, auf der aktuellen Anzeige leuchtet die 128 als letzte Nummer. Also noch drei vor mir, sollte schnell gehen. Ging es dann auch. Aber zwischenzeitlich spielten sich Dramen ab.

Zuerst kam eine Frau, Mitte 20. Sie erfuhr am Infotresen, dass sie sich eine Nummer ziehen und dann im Wartsaal Platz nehmen soll. Direkt neben der Tür hängt ein Wartenummerndruckundauswurfautomat, oder wie das Teil auch immer heißen mag. Ein dicker, fetter, roter Pfeil zeigt auf eine Taste: HIER NUMMER ZIEHEN. Die junge Frau guckt etwa drei Minuten lang den Automaten an. Von oben, von der Seite, von unten. Dann drückt sie auf verschiedene Stellen: Auf das Schloss an der Seite, auf ein schwarzes Feld in der Mitte, auf ein Scharnier, und auf noch etliche andere Stellen. Nur nicht auf die Taste, worauf der dicke, fette, rote Pfeil zeigt. Die Warteschlange derer, die sich eine Wartenummer ziehen wollen, wird inzwischen immer länger.

Der Mann hinter der jungen Frau zeigt ihr dann, wo sie draufdrücken muss. Da sie es scheinbar immer noch nicht kapiert hat, nimmt ER sich den ausgedruckten Schein mit IHRER Wartenummer. „Eh, dit is aba meine Nummer“, kreischt darafhin die Frau. „Wat kann ick dafür, dat sie zu doof sind“, erwidert der Mann. „Na hörnse ma, dit muss ick mir nich jefalln lassen. Jebense mir jefällichst die Numma.“ Der Mann gibt ihr die Nummer und zieht sich, per Druck auf die Taste mit dem dicken, fetten, roten Pfeil, eine nächste Wartenummer. Die Frau geht. Nicht aber in den Wartesaal, wo an der Wand die Anzeigetafel hängt. Wo demnächst auch ihre Nummer erscheinen wird. Die Frau geht in Richtung der Bürgerbüros und klopft an eine der erstbesten Türen. Weil dort keiner antwortet, geht sie weiter und verschwindet aus dem Blickfeld.

Und noch weiter geht es auf eine Art, die unsere These belegt, dass der Einfluß der Dummheit auf den Gang der Welt allgemein weit unterschätzt wird.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich bedaure den eingetretenen Kulturschock zutiefst.

Stuff

Anonym hat gesagt…

Die roten Faschisten haben speziell in Berlin und in der ehem. Zone die Dummheit der Menschen gefördert - und machen es noch heute. Dumme lassen sich von Funktionären leichter beherrschen.

Anonym hat gesagt…

Das kenne ich... Und wie ich das kenne!