Samstag, 27. März 2010

Fremde Federn: Was wir früher gar nicht wissen mussten

Schön, wenn einem mal jemand erzählt, wie es zugeht hinter den hohen Türen zur großen Politik, wo sich sympathische Machtmenschen uneigennützig um das Wohl des Volkes kümmern. So soll ja Qualitätsjournalismus sein, aufklärend, einweihend, rücksichtslos wahrhaftig, damit der Michel aus dem Mansfeld ein bisschen begreift, wie die Mechaniken funktionieren, die sein Leben regulieren.

Der "Stern" macht jetzt vor, wie das geht. Aufgeschreckt vom ehemaligen VW-Vorstand Klaus Kocks, der im wöchentlichen Fernsehgericht bei Anne Will von Auslands-Sauftouren des ehemaligen Arbeiterführers und Staatenlenkers Gerhard Schröder berichtet hatte, enthüllt Autorin Ulrike Posche in einem ""Reisebüro Bundesregierung" überschriebenen tapferen Text die nepotistischen Ausflugs-Praktiken am Hofe des Brioni-Kanzlers: Jürgen Großmann kommt vor, heute Chef von RWE, er spendiert "Magnum-Flaschen" Wein aus eigenem Anbau. Als "Sondergäste Kultur und Wissenschaften" sind auch der Lyriker Durs Grünbein, der Schriftsteller Moritz Rinke, der Fußballer Jürgen Klinsmann, Kunstmalermeister Markus Lüpertz und der Filmproduzent Hanno Huth an Bord. Sie kloppen Skat mit dem Regierungschef, sie besuchen zusammen Fußball-WM-Endspiele, schwatzen über Rotlichtviertel, es wird getrunken und gelacht und gekumpelt, dass es eine Freude gewesen sein muss für alle, die dabeisein durften.

Ulrike Posche durfte. Damals, als der Michel aus dem Mansfeld das alles natürlich noch nicht wissen musste, weshalb die Google-Timeline-Suche nach "Posche Schröder Lüpertz Grünbein" in der aktiven Zeit der fröhlichen Fluggesellschaft keine Treffer zutage fördert. Schreiben darüber tut Ulrike Posche erst jetzt, fünf Jahre nach dem Abtritt des regierungsamtlichen Lustreiseleiters. Eine brandheiße und höchst gewagte Geschichte, des "Wächterpreises" würdig. Für die "Stern"-Ausgabe in der dritten Märzwoche 2017 geplant: "Orgien mit Angela", Intimes aus dem Innenministerium Schäuble" und "Sigmar Gabriels wilde SPD-Parties".

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