Sonntag, 4. Juli 2010

Wir sind wieder Sommermärchen

Triumph für Deutschland, Riesenglück für die frühere Klimakanzlerin Angela Merkel! Der grandiose Sieg der deutschen Nationalauswahl bei der Fußball-WM in Südafrika, den Merkel ohne ihren Gatten Joachim Sauer auf der Tribüne des Stadions in Kapstadt erlebte, lässt Deutschland von mehr träumen - und kaum Platz für andere Themen wie die im Turnierschatten durchgezogene Entscheidungen zur Erhöhung der Krankenkassenbeiträge, der Zurücknahme des Spekulatonsverbotes an den Börsen und die Einwilligung der EU zur Preisgabe aller Swift-Daten.

Wie bei der EM vor zwei Jahren, als das "Gesetz zum Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen und Beweismitteln in der Europäischen Union" unbemerkt über die Bühne gebracht wurde, so dass alle Grundrechte in Deutschland seitdem nur noch "nach Maßgabe" gelten, überstrahlt der Sport das wahre Leben. Damals nutzten kommunale Wohnungsunternehmen die Gelegenheit, ihr Eigentum an Staatsbanken zu verpfänden, um Löcher im Stadthaushalt zu stopfen, heute befiehlt die EU die Einführung von weitreichenden Speicherpflichten im Internet, ohne dass es jemand bemerkt.

Deutschland im Siegesrausch. Wir sind wieder Sommermärchen! Das frühere Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" wird zum Sportblatt, die FAZ konzentriert sich auf Schiedsrichterkritik, die einzige wahre staatliche Nachrichtenagentur dpa rühmt "DFB-Elf stürmt mit 4:0 ins Halbfinale!". Schland einmal mehr außer Rand und Band, der Irre aus Bagdad vernichtend geschlagen wie zuletzt die Briten in der Panzerschlacht von Sollum. Die Welt zurück im Säurebad des Volksfrohsinns: Da tanzt das Volk auf den Straßen, bunte Bälle fliegen durch die Luft, Mitteldeutschland singt und säuft, die Sonne knallt, Trötenorchester marschieren. Es ist Karneval auf allen Kanälen, als wäre aller drei Tage Rosenmontag. Angela Merkel, die als junge Politikerin auszog, das Weltklima zu retten, hat zurEuropameisterschaft vor zwei Jahren 18 Tonnen CO2 zusammengeflogen, um den Titel zu sichern. Diesmal steht sie bislang bei acht, wenn alles klappt, kann sie auf 24 Tonnen kommen. Der Spaß muss es wert sein.

Anno damals Fußball schafft Handlungsfreiheit.

Wie immer recht gut abgeschrieben, allerdings einen halben Tag zu spät: Kein schöner Schland

1 Kommentar:

Die Anmerkung hat gesagt…

Dann setze ich meinen letzten Kommentar fort.

24 Tonnen CO2 werden also für einen WM-Sieg der Deutschen fällig? Das müßte doch drin sein, zumal ja mit entsprechenden Zertifikaten gedealt wird und die Deutsche Bank dies straffrei darf, wie wir dieser Tage gelernt haben.

24 Tonnen CO2 für den Titel? Ich bin dabei.

Vielleicht wird's etwas weniger, denn das Halbfinale läßt die Klimakanzlerin ausfallen, da sie ja defintiv eines kleinen oder sogar großen Finals angesichtig werden kann.

Und das mit der Vermeidung der Weltgrößen des Fußballs auf dem Weg ins Finale, das schrieb dazumal die BILD. Es wäre von Vorteil gewesen, sich gegen die zweite Garnitur des Weltfußballs ins Finale zu kicken. So hatte man gegen die Niederländer das Quentchen mehr an Kraft, das den Titel bescherte. Die Ost-Ohrfeige (BILD) bewirkte Wunder.

BILD titelte damals allerdings auch:

Tag 10: Vor DDR-Spiel: Warum wir heute gewinnen!