Montag, 23. Mai 2011

Abschied vom Schlangennazi

Es war kalt in Deutschland, damals, kurz vor Weihnachten 2008, als der Passauer Polizeichef Alois Mannichl von einem riesenhaften, kahlgeschorenen und mit einer Schlange im Gesicht tätowierten Rechtsradikalen mit einem zufällig herumliegenden Lebkuchenmesser planmäßig beinahe erstochen wurde. Eine "neue Qualität rechtsradikaler Gewalt" entdeckte Bayerns Innenminister Hermann in der verabscheuungswürdigen Tat. Schnell wurde einige herumreisende Nazis verhaftet und einige Fernsehdiskussionsrunden angesetzt. Hinter der Tat, das war bereits am Tag danach klar, steckte ein Racheakt eines Neonazis, der erbost darüber war, dass Alois Mannichl "mehrfach gegen Aufmärsche von Rechtsextremen vorgegangen" (dpa) war.

Von Süddeutscher bis "Spiegel" griffen Experten flugs zur Feder und erläuterten, wie das Land hatte in einem Strudel aus Faschismus, brutaler Rechtsgewalt, Selbstzweifeln und Antisemitismus versinken können, so dass sogar ein gesichtstätowierter Fremdenhasser dem generalmobilisierten Fahndungsapparat entgehen kann.

Nur eine Frage der Zeit sollte es sein, bis Alois Mannichl, der im Zuge seines Attentats beförderte Polizeichef von Passau, gerächt und der nach PPQ-Erkenntnissen während der Tat mit einer Perückenglatze auftretende Rechtsterrorist gefasst werden würde. Die Sonderkommission Glatzenjagd wurde immer wieder personell aufgestockt, Monate nach der Tat sicherten Experten auf den Gehwegen rund um den Tatort Spuren im Schneematsch: Zigarettenkippen und Kinderdreiräder konnten geborgen, nicht aber der Naziszene zugeordnet werden.

Der Schlangennazi schien wie vom Erdboden verschwunden. War die Tätowierung nur aufgemalt? Der Schlangenmensch in Wirklichkeit ein bekannter Fußball-Nationalspieler? Oder der Sohn des Opfers, dessen Gesicht dem auf einem der Phantombilder abgebildeten täuschend ähnlich sah?

So viel Fragen. Und keine Antwort. Schon zum ersten Jahrestag seiner Tat erinnerte kaum noch eine Zeitung an den Anbruch der neuen Ära rechtsradikaler Gewalt, zum zweiten lag ein dichtes Tuch aus Vergessen über dem Schoß, der doch noch so fürchterlich fruchtbar war.

Und dabei bleibt es nun wohl auch. Nur zweieinhalb Jahre nach dem "klar rechts motivierten" (dpa) Anschlag auf Alois Mannichl "haben die Ermittler keine Hinweise dafür, wer dahintersteckt", wie der "Spiegel" aus der Passauer Neuen Presse abschreibt. Nun werde der Fall zu den Akten gelegt, die Ermittlungsgruppe des bayerischen Landeskriminalamtes in München aufgelöst. Man arbeite noch restliche Spuren ab, doch sehe man derzeit keine Möglichkeit zur Klärung des Falls, habe LKA-Präsident Peter Dathe vor der braunen Gefahr kapituliert.

Erfolg sieht anders aus. Mehr als 2,5 Millionen Euro hat sich der Rechtsstaat die Arbeit der zeitweise mehr als 50 Beamte umfassenden Sonderkommission "Lebkuchenmesser" kosten lassen. Die Beamten gingen rund 3000 falschen Hinweise nach, sie vernahmen 2100 "mögliche Zeugen", wie es der "Spiegel" doppeldeutig nennt. Auch verdächtige seien befragt worden. Doch niemand gestand.

Das Opfer Alois Mannichl bleibt dennoch optimistisch. Nach der alten Fahnderregel, dass ein Fall am besten in den ersten 48 Stunden gelöst werden solle, spreche alles dafür, dass der Mörder eines Tages gefunden werde: "Ich bin ganz sicher, dass man den Täter irgendwann erwischt", sagte er.

Das große Archiv der CSI Fürstenzell:
Stabile Spurenlage
Jagd auf einen Unsichtbaren
Die Tat macht den Nazi
Hasch mich, ich bin der Mörder
Die Beweiskraft von Fingernägeln
Die schönsten Pannen bei CSI
In Luft aufgelöst
Keiner war es nicht
Der Revolver raucht nicht mehr
Schlangenglatze fast gefangen
Ringen mit Rechten
Neues vom Pannichl
Kurt Demmler wusste alles
Auf der Flucht: Der Schlangenmensch
Stochern im Stichkanal
Parole Räuberpistole
50 Mann auf des toten Mannes Kiste

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie es sich für eine infame Lügenpresse wohl so gehört, ist neben dem gross Hinausposaunen und endlosen Hineinhämmern von immergleichen Phrasen das Totschweigen ein bewährtes Instrument. Fängt ein mit viel Aplomb und wochenlanger Hyterisierung zelebrierter Skandal (aufgrund der Faktenlage) dann doch zu bröseln an, wird schlau und niederträchtig auf dröhnendes Schweigen umgeschaltet. Am besten wird dann alsbald eine andere Skandalmelodie intoniert (Skandal Nr. N), auf dass der Skandal Nr. N - 1 möglichst sang- und klanglos (wörtlich !) in Vergessenheit gerät.

ppq hat gesagt…

genauso.

Anonym hat gesagt…

ganz schön clever die Schlangennazis ; entkommen dem BKA und allen anderen Diensten , echt supa gefährlich .


VRIL

Anonym hat gesagt…

Was macht eigentlich der Nazi-Schwelbrand von Ludwigshafen? Klimmt der noch, oder war der getürkt?