Sonntag, 1. Mai 2011

Kaiserwetter für die braune Brut

Was hat sich Silberjodid-Pilot Sandro Wolf dabei nur gedacht? Kaiserwetter für die braune Brut hat er aus Anlass der ersten großen Nazi-Demo im ehemals roten Herzen Mitteldeutschlands herbeigebombt. Angeblich, heißt es aus mit den Vorbereitungen der Aktion "Halle blockt" vertrauten Kreisen, um den Gegendemonstranten den Widerstand einfacher zu machen.

Doch der blaue Himmel lockt auch die braunen Horden ins Freie, wobei Braun als Modefarbe unterdessen Glattschwarz trägt, meist multikulturell kombiniert mit Piercings, sportlichen Sonnenbrillen großer internationaler Markenhersteller und von der der Pazyryk-Kultur im Altai inspirierte Tätowierungen. Für wen der freie Kamerad von heute sich so hübsch macht, bleibt auch im gleißenden Sonnenschein im Dunkeln: 97 Prozent der zu traditionellen Mai-Demonstranten angereisten Marschierer sind männlich, die wenigen Kameradinnen zudem keine Balz wert.

"Wann, wenn nicht jetzt, wer, wenn nicht wir", rufen die Jungmänner beim Start, ein Zitat der Anarchoband Ton Steine Scherben, das die an Adidas-Jacken, Puma-Brillen und Nike-Turnschuhen sichtbare Annäherung an die Mega-Trends der globalen Weltprotestmode konsequent ins Akustische ausweitet. Dennoch bleibt die geplante Route dem von rund tausend Polizisten begleiteten Zug verwehrt - "Halle blockt" nicht nur weitab auf dem Marktplatz und vorm abseits der Marschstrecke liegenden Maritim-Hotel, sondern auch die Straße, auf der der schwarze Block ins Niemandsland der Abrissviertel um die nach dem 1952 bei einer Demonstration von der Polizei erschossenen Kommunisten Philipp Müller zu gelangen gehofft hatte.

Stattdessen geht es über den zentralen Thälmann-Platz Richtung Uni-Klinik, braune Brut, Polizei und die seitlich im Park mitlaufenden Blockierer sind hier ganz unter sich. Ein nur notdürftig politisch verkleidetes Sportfest der Weltanschauungen, das es allerdings nicht aufnehmen kann mit den zu DDR-Zeiten in derselben Straße abgehaltenen Maidemonstrationen: Die Zahl der Fahnen ist bescheiden, die Kampfgruppen dürfen nicht im Gleichschritt gehen, es herrscht Rauchverbot und in keinem Moment können sich die säuberlich in Abgesandte aus Ost und West, Süd und Nord geteilten Kohorten darauf einigen, eine Parole im Kollektiv zu rufen.

So ruft es hier "Stolz und Ehre der deutschen Nation", dahinter singt ein Fußballfanchor, es folgt ein Grüppchen, das "Wir sind die Wende" skandiert. Mittendrin statt nur dabei der ehemals verbotene Schornsteinfeger-Führer Lutz Battke, das Hitlerbärtchen scharf geschnitten, die Nackentolle stolz im Wind, ein Lächeln auf den Lippen.

Inhaltlich ist Anti-Kapitalismus Trumpf. Es geht ganz im Zug der Zeit gegen Banker, Spekulanten, die EU und die Bundesregierung, Schuld an allem ist aber wie immer der Osten: Weil Kreise an der "Ostküste" (Zitat) Europa am Gängelband führten, gehe es dem Volk so schlecht, dass nur die jugendlichen Londsdale- und Lebkuchenmesser-T-Shirts-Träger hier auf der Straße die Verhältnisse retten könnten. "Keine Arbeit und kein Brot", erinnern die "freien Kräfte" an hunderttausende Deutsche, die täglich verhungern müssen, "aber ein NS-Verbot."

Eine Welt im Untergang, wie damals, im vorletzten Jahr der DDR. Deren Losung "Stoppt den abenteuerlichen imperialistischen Konfrontationskurs" (1. Mai 1988) findet sich hier fortgeschrieben als "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze". Und "Alles für das Wohl des Volkes" heißt jetzt "Zukunft durch Arbeit". Man müsse "völkisch denken und sozialistisch handeln", erinnert ein weiblicher Kamerad mit frecher Fräsfrisur. Dann wird alles gut.

Ehe es soweit ist, müssen die braunen Kolonnen aber schon wieder Richtung Bahnhof abdrehen, weil die Gegenseite die Straße besetzt hält. Es ist Nachmittag und "Halle blockt" ist zufrieden mit diesem Erfolg. Die Kameraden der rechten Einsatzleitung sind es sicher ebenso.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schornsteinfeger ab 1:13

VolkerStramm hat gesagt…

"Es geht ganz im Zug der Zeit gegen ... Spekulanten".
Eindeutig Plagiat, abgeschrieben von Bundestag.

Anonym hat gesagt…

wollten das video mehrmals öffnen, es erscheint dann ein schriftzug in dem es lautet, es wäre aus unserem land nicht zu öffnen. schade

Anonym hat gesagt…

schade. das video ist richtig gut gemacht und das in der kürze der zeit! hättest vielleicht l.b. nicht erwähnen sollen/dürfen. meinen respekt hast du jedenfalls. (nochmal ohne namensnennung uppen bitte)

panzerbummi hat gesagt…

Ich weiß ja nicht, wo ihr wohnt, aber in meinem Land ist das Video nicht verfügbar.

ppq hat gesagt…

ja, das hat der braune widerstand den widerstand der kunst ausgebremst. ich beschwere mich bei youtube über den kanal der jungen nationalsozialisten, der ist ja in eurem land verfügbar.

hier geht das demobattke-video auch noch, im sicheren deutschland aber nicht mehr.

die redaktion arbeitet daran

M. Manie hat gesagt…

Für wen die 97 % männlichen 'Braunen' sich so hübsch machten, bei nur 3 % lt. PPQ 'keiner Balz werten' Kameradinnen? - Sie stellen Fragen ;-)

ppq hat gesagt…

das liegt auf der hand. man balzt natürlich, vermutlich ohne es zu wissen, nach außen, das heißt in richtung des gegners bzw. der gegnerin. auf der seite der linken ist ja das geschlechterverhältnis tendenziell umgekehrt, das heißt jede menge begeisterte bekämpferinnen des faschismus, wenig brauchbare männer.

da findet offenbar über die jahre auch viel zueeinander, denn nach einer nochmaligen forensischen auswertung der aufzeichnungen kann festgehalten werden, dass es kaum braune brut (aber das sagt wohl der name schon) im alter von über 33 bis 35 gibt.

mutmaßlich, aber das ist eine these, findet irgendwann oberhalb von 28 auchd er letzt braune topf einen deckel, womöglich bei einer ja modisch ähnlich orientierten gegendemonstrantin, die zudem, davon dürfen wir wohl frohgemut ausgehen, vielleicht sogar ein klitzekleines helfersyndrom mit sich trägt, so dass einer beide seiten befriedigenden beziehung nichts im wege steht.


wegen gemeinsamer kinder, gartenpflege und anderer familiärer verpflichtungen ist die altersgruppe oberhalb von 30 kaum und die oberhalb von 35 gar nicht mehr bei solchen aufmärschen vertreten, beiderseits. abgesehen ntürlich von den nazis, die keine abbekommen haben bzw. als nazifunktionär vom nazisein leben. und den studienräten auf der anderen seite, die in erinnerung an bessere tage mit dem fahrrad aufmarschieren und "nazis raus" rufen, so lange genügend polizeibeamte in der nähe sind.

die tragen aber durchweg bart und wären eine eigene betrachtung wert.