Mittwoch, 18. Januar 2012

Acht A für alle

Nun versammeln sie sich alle hinter Sahra Wagenknecht. Guido Westerwelle und CDU-Mann Peter Altmaier, der hessische Finanzminister Thomas Schäfer und das linke Internetportal Indymedia. Nachdem die amerikanische Ratingagentur S&P auf die anhaltende europäische Schuldenkrise mit einer Abwertung der Bonität verschiedener EU-Länder reagiert hat, sind alle einig: Wenn das Böse aus Übersee die Zahlungsfähigkeit europäischer Schuldner schlechter bewertet, braucht es dringender denn je eine eigene europäische Ratingagentur, die den Unkenrufen ein jubelndes Hossiannah entgegensetzt.

Eine Stiftung wie die von „Warentest“ stellt sich Westerwelle vor, und natürlich müsse die „völlig unabhängig“ agieren. Sichergestellt wäre das, würde sie nach dem Vorbild der Rundfunkräte von Anbeginn an mit vertrauenswürdigen Parteiarbeitern als dem gesamten demokratischen Spektrum besetzt. Damit wäre sichergestellt, dass alle europäischen Partner vom Start der „Gut&Sicher“ (G&S) genannten Agentur an eine realistische Bewertung mit auf den weiteren Weg zur Bekämpfung der Schulden bekämen. Für Deutschland gäbe es selbstverständlich die beste Bestnote AAAAAAAA, Griechenland dagegen müsste sich mit einem AAAAAA zufriedengeben. Die schlechteste Note der G&S wäre getreu dem Motto der neuen Schuldeneinschätzer „Dreimal drei A besser“ ein Dreifach-A, das jedoch niemand fürchten müsse, da es nicht vergeben wird.

Sahra Wagenknecht hatte ein solches Vorgehen gegen den internationalen Finanzkapitalismus schon letztes Jahr vorgeschlagen. Eine eigene Europäische Ratingagentur werde die Möglichkeit haben, dem Urteil der böswilligen Amerikaner, die im falle der Ratingagentur Fitch Franzosen sind, etwas entgegenzusetzen. Es könne nicht sein, dass sich "die EU-Staaten die Kosten ihrer Staatsverschuldung von Standard & Poor's, Fitch und Moody's diktieren" ließen und auf die "heikle Frage einer Umschuldung Griechenlands" Einfluss nähmen.

Und das nur, wie Tomasz Konicz bei Indymedia aufdeckt, um den Hades-Plan ein weiteres Mal zu torpedieren. Der Angriff der Ratingagenturen solle ein „Deuropa“ verhindern, wie es den Vätern des Hades-Planes unter Helmut Kohl seinerzeit vorschwebte, ist Konicz sicher. Die jüngste Massenabwertung zielen auf ein deutsch dominiertes Europa, habe aber „europaweit Unverständnis und Empörung“ ausgelöst, weil inzwischen immer mehr Länder von Deutschland dominiert werden wollen. Der europäische Währungskommissar Olli Rehn sprach von einer „abwegigen Entscheidung“, deren Timing „nicht zufällig“ gewählt worden sei, da Europa gerade „an allen Fronten entschieden handelt, um auf die Krise zu antworten.“So habe man Ungarn angedroht, es zu verklagen, weil die Ungarn die Stellvertreterplätze an der Spitze ihrer Notenbankchef vom Ministerpräsidenten besetzen lassen wollen.

Ewald Nowotny sprach von einer „politischen Aktion“ seitens S&P, die dazu beitragen könnte, die zuletzt in der EU verzeichnete „positive Entwicklung“ hin zu einem deutschen Europa zu „stören“. Tatsächlich sehen die USA ein deutsch dominiertes Europa als eine wachsende Bedrohung ihrer ohnehin schwindenden Hegemonie an. Amerikanische Thinktanks und Nachrichtendienste wie etwa der private Nachrichtendienstleister Stratfor warnen inzwischen in alarmistischen Tönen vor dem Dominanzstreben Berlins in der EU, wie es im „Hades-Plan“ erdacht und niedergeschrieben worden war. Die „Massenabwertung“ von Mitgliedsländern der Eurozone sei gezieltes Störfeuer aus den USA, die rasche Gründung einer europäischen Ratingagentur aber werde die Investoren beruhigen: Mit Bestnoten für die meisten Euroländer werde dann der „Fiskalpakt schnell umgesetzt“.

Das Euro-Geheimnis: Kohl und sein Hades-Plan

5 Kommentare:

eulenfurz hat gesagt…

Nunja, PPQ, wenn Du die potentielle Anhängigkeit europäischer Ratingagenturen implizierst und zu Recht anprangerst ... warum sollten nichteuropäische Agenturen nicht auch tendenziös bewerten?

ppq hat gesagt…

sagen wir mal so: weil es dann verwunderlich wäre, dass fitch zu etwa denselben schlüssen kommt.

übrigens sind es nicht die ratingagenturen, die sich macht verliehen haben. sondern die parlamente, die gesetze verabschiedeten, wonach fonds, pensionskassen und versicherungen, aber auch städte, gemeinden und öffentliche fonds zum schutz vor verlust nur in anlagen investieren dürfen, die einen investmentgrade von, huhu, genau, den ratingagenturen haben.

mein vorschlag zur beschneidung von deren macht: weg mit den gesetzen! dann kann der pensionsfonds der bundesbahn endlich in ahlloren schokoladenkugeln investieren, die allianz lebensversicherungen mit klepper-faltboot-anleihen unterlegen und der magdeburger finanzminister mit seinem beamtenpensionenrücklagenfonds aus 1a-spanienanleihen in papiere zur finanzierung des pferdespektakels appssionata switchen!

ein federstrich! mehr braucht es nicht

ppq hat gesagt…

oder noch geiler: 12 prozent mit umweltbonus

Gustaf Fröhlich hat gesagt…

Wie fragte gestern abend meine Oma nach der Tagesschau: "Warum heißt das eigentlich Rating-Agenturen?" Antwortet Opa: "Na weil die auch nur raten können, was in der Zukunft passiert."

BTW: Dadür wird jetzt das Wetter-Rating einfacher: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,808536,00.html

Anonym hat gesagt…

Unsere Banker haben sie in der Krise genausoblöd verhalten wie die Amis.
Also werden sich die deutschen Ratingagenturen genauso verhalten wie die in den USA.
Und gab es da nicht mal so etwas wie Basel ! und Basel 2?