Samstag, 21. Mai 2016

Fischer-Pflicht: EU verordnet Netflix Kulturquote

Gehaltvolle Abendunterhaltung mit der beliebten Sängerin Helene Fischer wird von Netflix bisher boykottiert. Das will die EU-Komission mit einer Fischerpflicht ändern.
Miese Krimis, endlose Serien, Hetze, Hass und Krieg, so sieht das Programm des US-amerikanischen Internet-Fernsehanbieter Netflix aus. Oft geht es gegen Minderheiten, immer fließt das Geld, das europäische Verbraucher für das rfagwürdige Programm zahlen müssen, zurück zu den Glaspalästen, in denen die Firmenzentrale des Medienhauses neuen Typs sitzt. Kultur? Fehlanzeige! Europäische Produktionen mit Gehalt? Eine Leerstelle. Helene Fischer? Keine Chance. Engagement und Einsatz für unsere gemeinsamen europäischen Werte? Ebenso.

Das will sich die EU-Kommission nicht mehr länger tatenlos mitanschauen. Im Zuge der Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse in Europa setzt die höchste europäische Lenkungs- und Leitinstanz deshalb auf eine Quote für europäische Inhalte, die Streaminganbieter wie Netflix erfüllen müssen, wollen sie nicht empfindliche Strafen bis hin zum Entzug der Zulassung im europäischen Internet riskieren.

Geplant ist nach einem Entwurf der Komission zur Veränderung der "Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMSD)", dass Internetsender wie Netflix, Amazon Prime und Youtube künftig 20 Prozent europäische Produktionen anbieten müssen. Dabei dürfe es sich um gehaltvolle französische Spielfilme, deutsche Komödien oder Landschaftsdokus des deutsch-französischen Senders arte handeln. Diese müssen dann auch prominent im Angebot platziert werden. Ein Verstecken in unauffindbaren Nischen, wie es deutsche Privatfernsehsender traditionell mit hochklassiger Abendunterhaltung aus der Werkstatt Alexander Kluges praktizieren, soll verboten sein.

Das Konzept dieser sogenannten "Fischerpflicht" dürfte Netflix Probleme bereiten, weil der US-amerikanische Weltmarktführer sein Programmangebot bisher rechtswidrig an den individuellen Sehgewohnheiten seiner Kunden ausrichtet. Wer deutsche Filme entgegen der AVMSD-Richtlinie boykottiert, bekäme deshalb vom Netflix-Algorithmus auch keine deutschen Filme angeboten. Wer Helene Fischer nicht sehen will, obwohl sie so gut singen kann, hätte kaum eine Chance, ein Konzert von ihr auf seinen Bildschirm zu bekommen.

 Dagegen will die Komission nun aber mit einem coolen Trick vorgehen: Wie in der ehemaligen DDR, in der für begeisternde einheimische Rock- und Popmusik eine Kulturquote mit einem Puhdys-Pflichtanteil von 40 Prozent galt, sollen die 20 Prozent Europa-Quote nicht beim Sender, sondern beim Zuschauer gemessen werden. Die Konsequenz ist eine der europäischen Art, entschlossen und unumgehbar: Wer keine deutschen Filme oder gehaltvolle, informierende Infotainmentshows anschauen will, bekommt so lange welche angeboten, bis er seine Quote erfüllt hat.

1 Kommentar:

deherold hat gesagt…

Wenn ich mich richtig erinnere, war es der ehem. französische Kulturministzer Schack Lang, der eine Quote für "Französisches" im Radio und anderswo forderte.