Freitag, 16. Juni 2017

Ein Monat Spiegel Daily: Täglich knallt die Propagandapeitsche

Besetzungscouch einer Seifenoper: Bei Spiegel Daily gibt es böse Darsteller...
Nur, was heute wichtig ist, wollen sie berichten, einmal am Tag, unter kompromissloser Auslassung von Nebengeräuschen. Als das frphere Nachrichtenmagazin "Spiegel" vor einem Monat seine Online-Tageszeitung "Spiegel Daily" startete, rauschte kurz ein Aufmerksamkeitssturm durchs Internet. Auf dem virtuellen Deckblatt Trump! Dann was über Cybergangster. Und Cannes. Und Kachelmann macht das Wetter. Nein? Doch! Nein! Doch! Ja!

Seitdem ist das so weitergegangen. "Spiegel Daily", nach unglaublichen vier Jahren Vorbereitungszeit gestartet, bringt die Krise des Journalismus seit 16. Mai jeden Tag um 17 Uhr neu auf den Punkt. Die Geschichten hier drehen sich wie in einer Seifenoper immer um dieselben Menschen, die in immergleichen Rollen besetzt sind. In 20 Aufgaben spielte Donald Trump gleich fünfmal die Hauptrolle des bösen Titelhelden, in allen übrigen Ausgaben gab es wenigstens einen Beitrag, der ihn der Lüge überführte, als Vernichter des Westens anprangerte oder klar stellte, dass dieser Präsident das Ende seiner Amtszeit nicht erreichen werde, ja, nicht erreichen dürfe.

"Trump Daily" positioniert sich immer so klar. Nach einem Monat könnten interessierte Analytiker die kleine Welt des Hamburger Newsletters als strategischen Schlachtenplan oder Strukturzeichnung der unterschiedlichen Grade von Verkommenheit und Heiligsein malen: Wie Dantes "Göttlicher Komödie" erzählt "Spiegel Daily" von einer Welt, in der die Guten grundgut und die Bösen abgrundtief verdorben sind, nur Schwarz und weiß, mehr gibt es hier nicht. Nur dass die neun Kreise der Hölle von Dantes Inferno hier "Trumps Klimawahnsinn", "Das Trump-Prinzip" und "Europa gegen Trump" heißen.

Mann beißt Hund, nur umgekehrt


Wie schön, wie übersichtlich. "Spiegel Daily" folgt sichtlich dem alten journalistischen Prinzip "Mann beißt Hund". Nur umgekehrt. Nicht das Ungewöhnliche steht im Mittelpunkt, sondern die Routine des Immergleichen. Der fiese, miese Trump. Die schon irgendwie bemühte Merkel, die man  nur mögen kann. Die armen Russen. Die armen Syrer. Die fetten Deutschen. Die dummen Amis. Das bedrohte Klima. Die verseuchten Meere. Und so weiter. Eine Klischeeparade wie aus der Kinderzeitung.

...und es gibt Lichtgestalten.
Dreimal war Theresa May als Komplettversagerin besetzt, je einmal finsterten Kim Jong Il und Recip Erdogan über den Titel der "Mainstream-Innovation" (Meedia). Zur Abwechslung wurden Lichtgestalten wie Barack Obama, Emmanuel Macron und Papst Franziskus zwischendurch als Heldengestalten präsentiert. Unsere Leute. Grundsympathisch. Eine Welt wie aus dem Holzschnittatelier, dessen Betreiber das reale Leben nicht mehr erkennen und begreifen will, sondern nur noch nutzt, um seine vorher ausgedachten Geschichten mit ein paar echten Fakten aufzuwerten.

Journalismus auf der Notruffrequenz, von Verzweiflung darüber getrieben, dass die eigene Relevanz in einem Tempo schwindet, das selbst ältere Mitarbeiter fürchten lassen muss, dass es nicht bis zur Rente reichen wird. "Trump Spiegel Daily" sollte hier eigentlich einen Ausweg weisen, sich abheben von der täglichen Hatz nach der schnellen, am Ende so oft so fürchterlich falschen Zeile. Herausgekommen ist nun eine Art Wurmfortsatz von "Spiegel Online", der versucht, sich als elektrische Ausgabe des gedruckten "Spiegel" auszugeben. Noch mehr vom selben hirnlosen Humbug, noch mehr irrwitzige Tatarenmeldungen.  Deren hochbezahlte Autoren nicht einmal mehr merken, dass sie ihre eigenen Meldungen von vor fünf Jahren abschreiben.

Wird "Spiegel Daily" nun ein Erfolg? Und wenn ja, warum nicht?


Es ist anzunehmen, dass die Propagandapeitsche, die hier täglich knallt, noch eine ganze Weile weiter geschwungen wird. Einerseits kann der "Spiegel" seine großangekündigte "Neuerfindung der Tageszeitung" (Cordt Schnibben) nicht schon wieder für beendet erklären. Andererseits passt das durchideologisierte, keine vorschnelle oberflächliche Wertung scheuende Angebot natürlich genau in Zeiten, in denen Journalisten wie Politiker ihrer Arbeit hauptsächlich deshalb gern nachgehen, weil sie glauben, sie könnten sich bei nur ausreichender Ausdauer ein Volk/Publikum  heranerziehen, das die Welt sieht wie sie selbst, wie sie selbst denkt und handelt und sie deshalb auch wiederwählt.

Bei der nächsten Wahl, am nächsten "Spiegel"-Erscheinungstag oder eben morgen um 17 Uhr, wenn es wieder heißt: Die "smarte Abendzeitung" (Spiegel) präsentiert "Nullen statt Einsen" (SD-Schlagzeile), "Kondensstreifen statt Chemtrails" (SD) und überhaupt eine diese ganze "Düstere neue Welt" (SD).

3 Kommentare:

lesandi hat gesagt…

"...genau in Zeiten, in denen Journalisten wie Politiker ihrer Arbeit hauptsächlich deshalb gern nachgehen, weil sie glauben, sie könnten sich bei nur ausreichender Ausdauer ein Volk/Publikum heranerziehen, das die Welt sieht wie sie selbst, wie sie selbst denkt und handelt und sie deshalb auch wiederwählt."

Gut auf den Punkt gebracht.
Mir kommen diese Leute vor, wie in Treibsand geraten: Bei dem Versuch, sich daraus zu befreien, sinken sie immer tiefer ein.
Sogar hier, in der völlig unbedeutenden Schweizer Dorfzeitung, fühlen sie sich bemüßigt, auf die enorme Wichtigkeit journalistischer Arbeit hinzuweisen, obwohl die dort nur in Ansätzen stattfindet.

derherold hat gesagt…

Nein ! Doch ! Ah! (nasal)

Anonym hat gesagt…

Wie allhier schon zum ixundixigsten mal abgelassen:
Die Kollisionen des linksgrünmukufemi-paranoiden bundesrepublikanischen Parallel-Universums, (das der Bundes-Schafsnasenherde tagtäglich aufoktroyiert wird), mit der Realität, den Naturgesetzen, sowie den Gesetzen der Kausalität, nehmen exponentiell an Häufigkeit und Intensität zu. -
Wie es für paranoiden Realitäts-Verlust charakteristisch ist, verfallen die sattsam bekannten „Protagonisten“ (unsere herzallerliebsten „Diskurshoheiten“) in immer abstrusere und bizarrere Insinuationen gegen ihre halluzinierte Bösewicht-Popanze, wollen sie die hartnäckige „Weigerung“ der Realität sich ihren Wahnideen gemäss zu verhalten, wenigsten einigermassen „erklären“. -
Es müssen ergo den Lieblings-Abtrünnlingen, und notorischen „Nazis“ (beliebte Titulierung, um Konnotationen mit dem „absolutum Pöööösissimum“ zu evozieren) immer mehr Infamie, Perfide, Impertinenz und Penetranz untergejubelt werden, und vice versa die Guuuut.Innen immer mehr zu „ohnmächtigen Opfer.Innen“ hochstilisiert werden, die solch geballter „Nazi-Schurkerei“ nix mehr entgegenzusetzen haben.