Mittwoch, 14. November 2018

EU-Armee: Wenn die Physikerin Geschichte lehrt

Irrtum oder absichtliche Fake News: Eine gemeinsame Armee ist laut Angela Merkel Garantie dafür, dass es zwischen den sie tragenden Ländern nie wieder Krieg geben wird.

Wenn schon niemand eine gemeinsame europäische Lösung bei der Flüchtlingspolitik will, nicht bei der Einlagensicherung und auch nicht bei der Arbeitslosenversicherung, obwohl es schon im Juni bis zu einer Einigung bei den Flüchtlingen nur noch 14 Tage gedauert hat, warum dann nicht mal eine „echte europäische Armee“ fordern?

Angela Merkel hat es vor dem Europäischen Parlament in Straßburg getan, denn "die Zeiten, in denen Europa sich auf andere verlassen konnte, sind schlicht vorbei“, sagte sie, wobei unklar blieb, was das "schlicht" in ihrem Satz genau meinte. Merkel ging es um eine Geste Richtung Frankreich, dessen Präsident Macron die gemeinsame Armee zuletzt immer lauter gefordert hatte - gegen die Ablehnung von US-Präsident Donald Trump und mit Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Der weiß genau, wovon Angela Merkel sprach, als sie darauf hinwies, dass eine gemeinsame europäische Armee "der Welt zeigen würde, dass es zwischen den europäischen Ländern nie wieder Krieg gibt“. Das lehrt schließlich auch die russische Geschichte, die zu Zeiten der Sowjetunion 15 Sowjetrepubliken vereinigte, die sich mit der Roten Armee, später Sowjetarmee, eine einzige riesige Armee friedlich teilten, die, da ist der "Spiegel" einer Meinung, "richtig" und "überfällig" ist, weil "eine europäische Armee die notwendige, einzig vernünftige Konsequenz aus der neuen Weltlage seit Trump". Europa werde "sie brauchen, auch wenn der nächste amerikanische Präsident wieder ein zuverlässigerer Partner sein sollte".

Warum? Natürlich als sichere Garantie dafür, dass es nie wieder Krieg zwischen den beteiligten Staaten gibt. So, wie es im Falle Russlands dessen Armee über fast 100 Jahre vorexerziert, abgesehen vom Georgisch-Südossetischer Krieg, dem Transnistrien-Konflikt, dem tadschikischen Bürgerkrieg, dem Georgisch-Abchasischer Krieg, dem Krieg um Bergkarabach und dem zwischen Armenien und Aserbaidshan, dem Belutschistankonflikt, dem Tschetschenienkrieg, dem Krieg in Dagestan und dem Ukrainekrieg. Konflikte, in denen jeweils Teile der ehemals gemeinsamen Großarmee auf verschiedenen Seiten friedlich fochten und starben und bewiesen: Einmal gemeinsame Armee, nie wieder Krieg.

Eine seltene Ausnahme, zumindest in einer Welt, in der Physikerinnen Kriegsgeschichte lehren. Eine andere findet sich in der Historie der USA, deren gemeinsame Armee im Bürgerkrieg entlang der Mason-Dixon-Linie auseinanderfiel. In den folgenden Jahren bekriegten sich West-Point-Absolventen, die gerade noch im gemeinsamen Heer gedient hatten, auf eine so effiziente weise, dass der Blutzoll des Bruderkrieges bis heute der höchste ist, den die Vereinigten Staaten jemals in einem kriegerischen Konflikt zahlen mussten.

Andere Länder, andere Sitten. In Europa aber, so wenigstens legt es die Kanzlerin nahe, die ausgewählte Teile der Geschichte studiert hat, kann das nicht passieren. Die EU ist schließlich nicht Jugoslawien, dessen Armee im Zuge des Auseinanderfallens des jugoslawischen Bundesstaates plötzlich in territoriale Teile zerfiel, die sich nach der Landsmannschaft ihrer Soldaten in Serben, Kroaten, Slowenen und so weiter ausdifferenzierte.

Die gemeinsame Armee als Zeichen an die Welt, dass es zwischen den ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken nie wieder Krieg gibt, hielt so lange, bis der erste Schuss fiel. Die Streitkräfte, die sich anfangs als Puffer zwischen den einzelnen Volksgruppen sahen, gerieten erst immer mehr unter die Kontrolle Serbiens. Dann entstanden binnen eines Jahres aus den in Slowenien als Teritorijalna Obramba und Kroatien stehenden Heimateinheiten eigene Nationalstreitkräfte, die für ihre Länder und gegen die ehemaligen Waffenkameraden in den Krieg zogen.

Europa wird das besser machen, zumal eine gemeinsame Armee aller Europäer endlich auch den leidigen Parlamentsvorbehalt erledigen wird, der deutsche Regierungen vor Einsätzen der Streitkräfte im Ausland ständig zwingt, im Bundestag um Genehmigung nachzusuchen. Wenn die Bundeswehr in einer Europa- und Friedensarmee aufginge, die nicht mehr deutsch wäre, könnte diese vom Grundgesetz vorgeschriebene Regel wegfallen - besser noch, sie würde automatisch nicht mehr greifen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Apropos „Geschichte“:
In unserem heutigen Lügen-Matrix-Parallel-Universum ist dieser Begriff eigentlich zur extremen Negativ-Konnotation verkommen, wird doch immer perfider, infamer, impertinenter und penetranter ein von unseren Dressureliten und Diskurshoheiten angerührtes Amalgam von Lügen-Narrativen dem Hornvieh-Pöfel als „Geschichte“ infundiert.–
Fast könnte man schon extrapolieren, in einem werte-/normen-/fakten-invertierten Lügen-Parallel-Universum sei ergo das adversative Gegenteil des als „Geschichte“ daher halluzinierten und fabulierten Dummfugs die Wahrheit.

Anonym hat gesagt…

Na, in Verbindung mit der großen Pariser Rede der Vorsitzenden kann man auch vermuten, die europäische Armee soll zunächst dazu dienen, sich mit geriatrischen AfD-Insurgenten auseinanderzusetzen, bevor diese Zugriff auf die Bundeswehr bekommen, um wieder in Frankreich einzumarschieren. Nationalismus ist ja immer der Nationalsimus der anderen, so verstehe ich jedenfalls Macron.

FDominicus hat gesagt…

Ich lernte heute, warum man diese Armee unbedingt braucht:
https://www.facebook.com/ZusammenGegenIntoleranz/photos/a.146219215993628/304783430137205