Mittwoch, 19. Februar 2020

Ringen um Thüringen: Keine für alle

Die Erfurter Taubengasse steht traditionell für eine Politik der friedlichen Zusammenarbeit von Regierung und Opposition, ausgenommen erwiesene Feinde der Gesellschaft.
Für n-tv war es ein „genialer Vorschlag“, für die Süddeutsche Zeitung „ein Angebot, das die CDU nicht ablehnen kann“, für die Taz ein "charmanter Vorschlag" und für die Frankfurter Rundschau der endgültige Beweis, dass der frühere Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow in Wirklichkeit ein echter Staatsmann ist. Ramelow hatte mit seiner Idee, seine Vorgängerin im Amt könne doch  eigentlich seine Nachfolgerin werden, für fiebrige Erleichterung bei allen gesorgt, die schon Angst hatten, Thüringen könnte gänzlich und für immer unregierbar bleiben.

Muss es nicht! Auf einmal stand eine Kandidatin bereit, die schon zu DDR-Zeiten Erfahrungen als Politikerin der Nationalen Front gesammelt hat. Die Ramelow nach der letzten Wahl zwar aus dem getrickst hatte. Die aber auch nach dem Sturz durch den Verrat ihrer früheren Koalitionspartner von der SPD nie die Contenance verlor und von einem „Kultur-" oder gar „Dammbruch“ sprach.

Gnade des frühen Ausscheidens


Lieberknecht, zuletzt nur noch einfache Abgeordnete im Thüringer Landtag, aber durch die späte Gnade eines frühen Ausscheidens gerade noch rechtzeitig verrentet, um am Thüringer Debakel der Kemmerich-Wahl nicht mitschuldig zu werden, vereinte in sich alle Vorzüge einer echten Kandidatin von allen für alle. Die CDU-Frau ist jünger als Ramelow, sie wäre als Ostdeutsche in einem ostdeutschen Ministerpräsidentenamt eine immer noch recht selten anzutreffende Ausnahme und als früheres Mitglied der DDR-CDU kehrte sie zudem im rüstigen Politrentneralter noch einmal dorthin zurück, wo alles begann.

Schon im Arbeiter- und Bauernstaat war es Tradition, dass die SED Kandidaten für alle zu besetzenden Ämter vorschlug. Die in der Nationalen Front vereinten Parteien des demokratischen Blocks wählten diese dann in der stillen Einsicht, dass die Genossen sicherlich am besten wissen würden, was gut für die Menschen, den Staat und den Aufbau des Sozialismus ist. Der Weg dorthin wäre denkbar einfach: Der Landtag wählt Christine Lieberknecht zur Regierungschefin, die sucht sich wie zuvor verabredet drei Minister mit Parteibüchern von Linker, SPD und Grünen, so dass alle demokratischen Parteien im überdemokratischen Übergangskabinett vertreten sind. Nötig wären dazu mindestens 46 der 90 Thüringer Landtagsabgeordneten, die sogenannte AfD-Mehrheit.

Fertig.


Bodo Ramelow, obschon als westdeutscher "Gewerkschaftsfuchs" (Taz) nicht aus eigenem Erleben vertraut mit den politischen Ritualen der alten DDR, dockte mit diesem instinktsicher an dieser Gewohnheit an. Einerseits lag der schwarze Peter der Verweigerung nach seinem „äußerst raffinierten politischen Winkelzug, der die CDU bis ins Mark trifft“ nun bei der Partei, der Lieberknecht angehört. Andererseits war seine Übergangskandidatin, die bis zu seiner Neuwahl die Regierungsgeschäfte führen sollte, bei den Medien als Garantin für stabile Verhältnisse im Freistaat vermittelbar, so dass niemand mehr dem PDS-Kandidaten nachsagen kann, es gehe ihm nur um den Machterhalt.

Ein Modell für mehr: Angesichts einer überall absehbar schwierigerer werdenden Suche nach Mehrheiten könnten auch in anderen Ländern und im Bund künftig Notregierungen amtieren, die von emeritierten Polithaudegen früherer Tage geführt werden - Norbert Blüm, Lothar Späth, Kurt Beck und Heinz Riesenhuber ständen bereit, In Sachsen-Anhalt läuft sich Reiner Haseloff schon warm und für Baden-Württemberg hätte Günther Oettinger wieder Zeit.

Gefahr von AfD-Stimmen



Das Problem, das Lieberknecht haben würde, sollte sie sich tatsächlich einer Wahl im Landtag stellen, wäre das ihres Vorgängers Thomas Kemmerich gewesen - stimmte die AfD erneut mit der CDU, um die Demokratie zu zerstören, müsste auch diese Wahl wieder "rückgängig" gemacht werden. Doch Bodo Ramelow hätte dann ganz im leninschen Sinne einer Machtpolitik, die nicht den Kompromiss, sondern die vollständige Niederlage des Gegners zum Ziel hat, seine Chancen vergrößert, als Kandidat einer bis an den Rand in die Breite gezogenen Mitte einen neuen Anlauf wagen zu können, die Reste eines demoralisierten und unter der Beobachtung der Bundespolitik stehenden Landtages zu veranlassen, ihn selbst zu wählen.

Der CDU blieben angesichts dieser Zwickmühle nur zwei Handlungsalternativen mit vergleichbar desaströser Wirkung. Würde die Partei den "Lieberknecht-Coup" (Der Freitag) ablehnen, hätte  sie im Grunde nicht Ramelow großherzigen Vorschlag, sondern ihre eigene Kandidatin torpediert. Stimmte sie hingegen zu, begäbe sie sich in eine  stillschweigende Koalition mit dem linken Landesvater, dem man im Wahlkampf noch die Verantwortung für Angriffe auf Polizisten, Windradwahnsinn und allerlei weitere Übel zugeschireben hatte.

Im Ringen um Thüringen hätte Ramelow, der einzig gewiefte Taktiker in der Laienspielschar des Erfurter Provinztheaters, in jedem Fall  Punkte gesammelt.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

https://www.compact-online.de/logen-magier-geheimbuende-was-die-bild-zeitung-verschweigt-teil-1-freimaurer/

Die Anmerkung hat gesagt…

EIL

Lieberknecht will doch nicht nach Ramelows Schwengel bauchtanzen.

ppq hat gesagt…

war doch klar. deshalb ja "keine für alle"

Anonym hat gesagt…

Schöne Steigerungsform: "schwierigerer".
Das ist noch schwieriger als schwieriger?

ppq hat gesagt…

das ist der megalativ, der ist ganz schwierig zu bilden, weil der ausgangspunkt "schwer" nicht nur mit einem i punktiert, sondern dann nach hinten auch noch verendlost werden muss. du kannst ja, je nach schwierigkeitsgrad, schwieriger bis hin zu schwierigererererererer usw. steigern. es kommt nur drauf an, ob du etwas findest, was jeweils noch schwierigererer ist als der vergleichsmaßstab war

Anonym hat gesagt…

Zitat: "Ramelow, der einzig gewiefte Taktiker in der Laienspielschar des Erfurter Provinztheaters"

Also, mindestens einen weiteren gewieften Taktiker habe ich in diesem Provinztheater schon wahrgenommen.

Frolleinwunder hat gesagt…

"megalativ" - herrlich!

aber, im Ernst, würde der einzige gewiefte Taktiker der Laienspielschar sich derartige taktische Fehleistungen gönnen, wie Absentierung und verweigerte Beglückwünschung des Wahlsiegers, hemmungslos bekloppte Herbeifaselung einer Machtübernahme durch Vernichtungslager-Einrichter, Krokodilstränenvergeißung wegen Hundis emotionaler Betroffenheit, Gerhard-Schröder-Gedächtnis-Interview-Schauspiel bei der sozialistischen Mediendienstleisterin Sandra M.?
Nö, würde er nicht. Ergalso, auch der GröBaZ ist nur ein machtgieriger eitler Pfau, dessen gewiefte Taktik nicht eingepreist hat, was schon Tage zuvor als Möglichkeit benamst wurde. Choleriker mit eingeschränkter Realitätswahrnehmung triffts dann wohl eher.