Samstag, 5. Juni 2021

Short-Covid: Verlust der Hirnvenen


Eben war sie noch eine Killerapplikation der Pandemie im schlimmsten Sinne des Wortes. Dann aber verschwand die Hirnvenenthrombose ebenso schlagartig wie sie gekommen war: In einem Moment noch da. Im nächsten schon wieder vollkommen unsichtbar. Die "sehr seltene Nebenwirkung" (RND) einer Impfung mit AstraZeneca griff zum Schluss noch ganz kurz von den Jungen aus die Halbalten über. Eine Studie aus Deutschland legte nahe, dass auch Frauen über 60 nach AstraZenea-Impfung Sinusvenen-Thrombose bekommen können. Aber ob nun genau oder doch nicht so richtig, musste offen bleiben, den kaum war das Problem in aller Breite berichtet worden, verschwand es wie von Zauberhand und auf Nimmerwiedersehen.

Ziel erreicht, Macht bewiesen

Das Ziel war erreicht, der Beweis geführt. Das Vertrauen in die EU, die Bundesregierung, in ihre medizinischen Berater und die angeschlossenen Funkhäuser, oft angezweifelt und zum letzten Mal schlüssig nachgewiesen mit dem Tiefkühl-Test in der ersten Pandemiephase, ist noch da. Binnen von nur vier Monaten gelang es mit einer kollektiven Anstrengung, einen im Januar noch als Medizin gegen den Untergang gefeierten Impfstoff ins Abseits zu schieben.  

Ärzte, die heute noch mit AstraZeneca impfen, haben größte Mühe, Abnehmer zu finden. Menschen, die händeringend nach Impfterminen jagen, lehnen ab, sobald das Angebot, das sie bekommen, nicht Biontech, Moderna oder Johnson verspricht. Sondern "Astra", wie es in Anspielung auf eine norddeutsche Bierplärre abschätzig heißt.

Mit höchster Kraft und höchstem Widerwillen

Die EU hatte bestellt, vier Monate nach anderen Staaten, dafür aber mit einem Vertrag, der dem Lieferanten zwar anheimstellte, sich mit höchster Kraft um Lieferung zu bemühen, ihn allerdings zu keiner Lieferung verpflichtete. Als Schuldiger für das europäische Impfstoffdesaster ausgemacht, weigerte sich das britisch-schwedische Unternehmen stur, seine Rolle auszufüllen. Daraufhin zogen die EU-Kommission und die Bundesregierung härtere Saiten auf. Astra war erst für die zugelassen, für die es dann bald keinesfalls mehr zugelassen war. 

Dann kam die Welle der Hirnvenenthrombosen. Ein Todesstoß für das Vakzin.

Strafe für Firma, Sieg für die EU

Und ein Sieg für die Bemühungen von EU und Bundesregierung, einem widerspenstigen Unternehmen die Instrumente zu zeigen. Gefährlich und nicht einmal so wirksam wie das gute deutsche Biontech-Vakzin, dem Impfstoff von AstraZeneca dieses Image anzuheften, gelang dank einer kollektiven Bemühung zumindest in Deutschland binnen weniger Tage und flächendeckend. Seitdem fehlt es hierzulande nicht nur an Impfstoff in ausreichender Menge - auch nach fünf Monaten sind nicht einmal ein Fünftel der Menschen geimpft - sondern auch an der Bereitschaft, sich vorhandene Impfstoffe verabreichen zu lassen

Ein Geniestreich geradezu, denn es war sofort nach der ersten Schlagzeilenwelle über die Welle der Hirnvenenthrombosen wieder vorbei mit der Gefahr, an Astra zu sterben statt an Covid-19. 94 Fälle einer solchen Thrombose nach einer Impfung mit Vaxzevria von AstraZeneca sind dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bisher gemeldet worden. 42 Meldungen davon betrafen Frauen im Alter von 20 bis 59 Jahren, ein Zeitraum, der 39 Jahre umspannt. 13 Frauen zwischen 60 und 69 Jahren waren betroffen, ein Zeitraum, der neun Jahre umspannt. Fünf waren zwischen 70 und 79 Jahren als und in einem Fall ist das Alter offiziellen Angaben zufolge bis heute unbekannt. 33 Meldungen betrafen Männer, 21 Fällen waren zwischen 20 und 59 Jahren, acht zwischen 60 und 69 und je einer zwischen 70 und 79 Jahren bzw. zwischen 80 und 89 Jahren alt. In zwei Fällen ist es dem PEI den eigenen Angaben zufolge nicht einmal gelungen, das Alter festzustellen.

Der Häufigkeitsverteilung in den Altersgruppen zufolge steht fest, dass Frauen im Alter zwischen 60 und 69 am häufigsten betroffen sind: Hier gab es 13 Fälle, 1,44 Fälle pro Jahr. Die Altersgruppe 20 bis 59 verzeichnete dagegen nur 1,07 Fälle pro Jahr.

Medizinisches Wunder

Immerhin, man weiß: 17 Personen sind an den Folgen des TTS verstorben, darunter waren zehn Frauen und sieben Männer. Jedoch gelang es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der  Ständigen Impfkommission mit der Aussetzung der Astra-Impfungen für Unter-60-Jährige offenbar, die Gefahr für die Volksgesundheit abzuwenden. Umgehend geschah ein doppeltes, weil sowohl medizinisches als auch mediales Wunder: Seit der Verkündung der Entscheidung gab es keinerlei Meldungen mehr über neue ernste und akute Fälle von Thrombose-mit-Thrombozytopenie Syndroms (TTS) - nicht in der nach den offiziellen Zahlen des PEI am schlimmsten betroffenen Altersgruppe der Frauen zwischen 60 und 69, aber auch nicht in den übrigen.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Seit Menschen sich nur noch freiwillig mit dem Todesstoff aus Britannien "piksen" (Bundesregierung) lassen können, hat Vaxzevria seinen Schrecken in aller Eile verloren. Verursachten die ersten rund vier Millionen Astra-Impfungen in Deutschland fast hundert ernste und akute Fälle mit tödlichem Ausgang, blieben die zweiten vier Millionen Impfungen mit dem vielkritisierten Vakzin völlig schadenfrei: Seit drei Wochen bereits wurde kein einziger neuer Fall gemeldet.

Dass Forscher der Oxford University in einer Studie beim Vergleich von mRNA-Präparaten und dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca kaum einen Unterschied beim Thromboserisiko fanden, verrauschte weitgehend ungehört. Der Unterschied von vier Fällen auf eine Million Geimpfter bei Biontech verglichen mit fünf bei AstraZeneca war dann doch zu gering, um den strafenden spin der Erzählung vom untauglichen Todes-Impfstoff aus Großbritannien weiterzudrehen. Der Zweck war erreicht: Unwidersprochen konnte die EU, die gerade noch 100 Millionen Dosen Astra nachbestellt hatte, erklären, man werde künftig keinen Impfstoff mehr von AstraZeneca beziehen.



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