Sonntag, 16. Oktober 2022

Globale Weichenstellung beim Grünen-Parteitag: Im Springbrunnen des Schwachsinns

Ricarda Lang Frauenpolitische Sprecherin Omid Nouripour
"Götter in Grün" hat der junge syrische Maler Kümram seine Kreidezeichnung vom Schicksalsparteitag in Bonn genannt. Abb: Kümram, Kreide auf Kohlepapier

Es war ein ganz besonderer Moment, als die frühere SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi als Gastrednerin auf dem Parteitag der Grünen zur Sache kam. "Als Gewerkschafter", so die inzwischen nach Jahren auf dem Ämterkarussell mit dem Chefposten beim Deutschen Gewerkschaftsbundes versorgte Sozialdemokratin, wisse man ganz besonders "genau, wie unmenschlich Krieg" sei. Deshalb müsse "Friedensprävention" betrieben werden, mehr noch als bisher.

Wiralle

Staunen beim Grünen-Parteitag in Bonn, einem "Lagerfeuer der Vernünftigen", wie Karl Lauterbach, ein anderer Sozialdemokrat, gemütliche Grübel- und Kungelrunden von Gleichgesinnten eben erst getauft hat. In der alten Bundeshauptstadt, vor fast 40 Jahren Schauplatz der größten Friedensdemonstration der früheren BRD, hatten bis zu Fahimis Worten viele noch geglaubt, "Wirgrüne", wie es  hier fortlaufend in einem Wort heißt, wüssten besonders genau, wie unmenschlich Krieg ist. 

Nun aber also Gewerkschafter. Und "Friedensprävention" (Fahimi), ein neuer Fachbegriff der Wortstanze der Berliner Bundesworthülsenfabrik, der ins Deutsche übersetzt "Friedensverhütung" bedeuten würde. Man kennt das von Drogenprävention, Gewaltprävention und Kriminalprävention und wundert sich nicht. Applaus für für die Vortragsrednerin, die immerhin Chemie studiert hat und in eine Lebensgemeinschaft mit einem anderen Arbeiterführer pflegt. 

Raumschiff Bonn

Dass die Frau das Gegenteil dessen sagt, was sie meint, geschenkt. Dass sie das sogar abliest, der Text also nicht spontan herausplatzt, sondern wohlabgewogen und mehrfach Korrekturgelesen ist, egal. Es wird noch viel schlimmer kommen bei diesem Parteitag, der in konsequenter Leugnung der Ergebnisse der deutsch-deutschen Geschichte stets als "Grünen-Parteitag" bezeichnet wird, obwohl er der einer Partei ist, die seit der Übernahme der Ostbürgerbewegung zur Sicherung der Präsenz im Bundestag offiziell "Bündnis 90/Die Grünen" heißt.

Der Blick in den Bonner Tagungssaal ist wie ein Bad im Springbrunnen des Schwachsinns. Da tritt ein Redner auf, der alle Zusammengekommenen lobt, weil sie Grüne seien und nun hier zusammengekommenen. Er arbeite in der energieintensiven Industrie, die 47 Prozent aller Energie verbrauche. "Da müssen wir noch mehr tun." Der Mann bekommt Applaus, ebenso wie die junge Frau, die mehr Erneuerbare will, und der ältere Herr in der Strickjacke, der gar nicht mehr aufhört, "Wirgrüne" zu sagen, und wie gut die sind.
 

Grüne schwer verunsichert


Man ist zu einer Messe der Selbstvergewisserung zusammengekommen in unsicheren Zeiten, die "Wirgrünen" vielleicht noch mehr Verunsicherung beschert als  jeder anderen politische Formation im Land. Seit es sie gab, hatten die ehemals Alternativen an nur wenige Dinge wirklich fest geglaubt: Wer kämpft, darf niemals Waffen geliefert bekommen. Wer nicht kämpft, sollte seine sämtlichst schnell abschaffen. Das Klima verlangt eine Energiewende mit einem Ausstieg aus Öl, Kohle, Atom und Gas. Die "Erneuerbaren" reichen dann irgendwann. Und ein neuer, nachhaltiger und veganer Biowohlstand, sacht angereichert mit Lastenrad, keimfreier Digitalisierung und Grundeinkommen, führt wie von selbst ins Reich des vollkommenen Sozialismus.

Seit die Welt sich zeigt, wie sie ist und immer war, fallen die Gewissheiten bei Wirgrünen wie eine Reihe von Dominosteinen. Wie überzeichnete Karikaturen einer Zeit, als grün noch hieß, gegen die Macht und nicht an der Macht zu sein, sitzen Delegierte immer noch mit Kleinkindern im Saal, spät nachts und hoffentlich unbeobachtet von den zuständigen Jugendämtern. Andere stricken, als sei das grüne Bürgerpflicht. Vorn wedelt Ricarda Lang mit den Armen, hundert oder mehr Kilogramm fleischgewordene Überflussgesellschaft im kleinen Schwarzen. Die Vorsitzende fegt durch die Themenfelder, ohne zu irgendetwas auch nur irgendetwas zu sagen. 
 

Ein Boot im Strom

 
Die Pummelärmchen rudern dabei, als müsse ihre Besitzerin ein Boot gegen den Strom nach vorn treiben. Doch die Ruder reichen wieder nicht ins Wasser. "Wir ringen um Antworten", sagt dann Claudia Roth, die Alt-Internationale mit der Chemiefrisur, die sich dem konzentrierten Einsatz von Wasserstoffperoxid verdankt. Dabei handelt es sich um eineätzende  Chemikalie, die heute meist im recht energieintensiven Anthrachinon-Verfahren gewonnen wird, das auf ein Herstellungsmethode zurückgeht, die von der I.G. Farben entwickelt wurde. 
 
Roth trägt zum Erbe des Mordkonzerns einen Blumenstrauß als Mantel. "Hier gibt es keinen Zwang", warnt sie die Anwesenden davor, gegen den Vorschlag zu stimmen, aus der Atomkraft auszusteigen, aber erst später, dann aber ganz bestimmt. Die Ecke ist rund, der Widerspruch kein Widerspruch. zu nutzen, was man nicht braucht, stellt sicher, dass man es nicht braucht, wenn man es nur nutzt.
 
"Wirgrüne setzen wir auf Erneuerbare statt Gasölkohleundatom", ruft Roth am späten Abend eines Tages, an dem die für mehr als eine Billion Euro aufgebauten deutschen Solar- und Photovoltaikanlagen nur knapp so viel Elektroenergie geliefert haben wie die drei letzten noch laufenden Kernkraftwerke. "Wir brauchen sie nicht", schlussfolgert Robert Habeck daraus, wenn auch einschränkend folgt: zumindest nur noch vielleicht ein bisschen besser ist es man weiß doch nie ganz genau. Eine "begrenzte Einsatzreserve" (®© BWHF) hat sich der Klimawirtschaftsminister als Kampfnamen von der Bundesworthülsenfabrik für sein Manöver Ausstieg basteln lassen. Da ist nun aber echt alles drin, der Einsatz und die Begrenzung und die Reserve, die erst dann angeschaltet werden wird, "wenn Lastabwurf und solche Maßnahmen nicht ausreichen". 
 

Frisch gezapfte alte Ideologie


Das Experiment einer Energieversorgung durch reine, frisch gezapfte alte Ideologie, es verspricht spannend zu werden. Oben auf der grünen Bühne moderiert nun ein Kind im weißen T-Shirt lächelnd den erfolgreichsten Eisverkäufer der grünen Parteigeschichte an: Es erscheint Jürgen Trittin, Vater der Flaschenpfandrente und des Nationalen Klimaschutzprogrammes von 2000, das ein für alle Mal festschrieb, um wie meilenweit die damalige rot-grüne Bundesregierung die eigenen CO2-Reduktionsziele verfehlen würde. 
 
Der Junge hinterm Podium sagt auch "Freundinnen und Freunde" wie "Wirgrüne" als ein Wort: "Freundenfreunde" und es klingt wie Erich Honeckers "Gnossenngnossen". Der Gastredner vom Bundesverband der deutschen Industrie wird es später besser machen. Er bemüht sich um eine korrekte Schluckaufsprache voller Löcher, hier im Hauptquartier des früheren Feindes, der jetzt ein Verbündeter ist.

A
ber erstmal Jürgen Trittin, eine Parteilegende, die solche Details nicht anfechten. Wie Lang und Roth und Habeck und der Strickjackenmann und das Kind auf der Bühne fühlt sich der 68-Jährige als Zünglein an der Weltwaage, ein Bote aus dem Schicksalsreich, der mit seinem Glauben an Wind und Sonne und die eigene Mission nicht nur Berge, sondern ganze Kontinente versetzen kann. Völker, schaut auf diesen alten Mann. Er hat euch etwas mitgebracht.
 

Der Franzmann ist schuld

 
Warum sieht denn alles so schlecht aus? Liegt es am übereilten Ausstieg? Daran, dass die Sonne nachts nicht liefert und der Wind oft auch am Tage schläft? Spielen die fehlenden, weil noch nicht einmal erfundenen Speicher ein Rolle oder die Hetzer von der AfD? CDU? Großkonzerne? Die Merkelin? Trittin schüttelt den Kopf. Seit er von seiner Partei kalt aussortiert wurde, nicht mehr jung genug, zu viele Altlasten, nicht mehr ministrabel, hatte der alte Kommunarde Zeit, nach Schuldigen zu suchen für den Umstand, dass es ausgerechnet dem Land, das mit dem höchsten finanziellen Aufwand, mit dem größten Risiko, den höchsten Energiepreisen und in halsbrecherischem Tempo mit einer "Energiewende" begann, nun am schlechtesten gelingt, einen kompletten Energieausstieg zu verhindern.
 
Der Gedanke, den er den Delegierten präsentiert, ist zumindest originell. "Hätte Frankreich diesen Weg gegangen" (Zitat), sagt Jürgen Trittin, also den mit dem Ausstieg aus allem gleich, sofort, unverzüglich, wie Wirgrüne das wollen, dann wäre alles anders. So aber droht der letzte Atommeiler in Norddeutschland "die Netze zu verstopfen für Erneuerbare", donnert Jügren Trittin in die Halle, als sei da noch jemand, der überzeugt werden müsse. "Niemand braucht Atomkraft" ruft er, "niemand!"
 
Ein Signal für die Menschen überall auf der Erde.



12 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Wenn wir es als Kraftwerkslaie richtig verstanden haben, bedeutet die Entscheidung der Grünen zu AKWs in etwa dasselbe, als würde die Regierung Autobesitzern erlauben, ihren Verbrenner nach 2035 in Reserve zu halten, nur Sprit kaufen dürfen sie nicht. Die Tagesschau nennt solche grünen Gehirnakrobaten „Realos“.

https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/blackbox/kw-41-die-jede-maske-fallen-lassen/
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NEBEN DER SPUR

Wenn auf einem Regierungsportal Pubertäts-Blocker empfohlen werden

Stand: 08:35 Uhr | Lesedauer: 4 Minuten

Von Harald Martenstein
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Den Martenstein gibt es nur für Geld, daß ihr wegen der Gasrechnungen nicht mehr über habt.

Carl Gustaf hat gesagt…

Wenn ich mir so dass Bildchen am Anfang des Artikels anschaue, dann verstehe ich langsam die Aussage, dass die Grünen plötzlich sehr viel Gewicht in der Bundespolitik haben.

ppq hat gesagt…

so sieht das aus! typisch, weil inhaltlich kein blatt zwischen die grünen und die notwendigen auch harten, immer aber gerecht gedachten entscheidungen unserer zeit passt, verlegt man sich auf fettkritik. daran krankt unsere zeit so sehr...

Carl Gustaf hat gesagt…

Ich habe doch aber weder von Fett noch von Figur gesprochen, geschweige denn geschrieben ...
Das ist ebenso typisch. Da will man einmal die Kompetenz und das Geschick und die große Weitsicht der neuen Grünen-Führenden loben und schon denkt alle Welt, ich habe eine Anspielung auf Fett und Figur gemacht. Darf man über die neuen Grünen-Führenden denn gar nichts mehr sagen? Stehen die inzwischen außerhalb jeglicher Kritik? Oder warum wird alles gleich als Kritik und Anspielung gewertet? Das ist doch inzwischen fast schon so, wie in der ehemaligen ***

Die Anmerkung hat gesagt…

Gestern war wieder langer Führerscheltetag beim ZDF. Da hab ich meine flache Rate glühen lassen, daß auch Nachbarwohnungen schön warm wurden.

Der Kümram macht jetzt auch solche mit Fettstift gemalten Filme, habe ich da gelernt. Der Goebbels im Nürnberger Kriegsverbrechergefängnis wurde in der Art einer lustigen Figur bewegtbildt.
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Frage an die Kenner. Warum funktioniert mein Lockmittel nicht?

Anonym hat gesagt…

das dicke Pommfrittkind gehört in die Produktion

Anonym hat gesagt…

Man muss Kümran aber anrechnen, dass die Wampe des Glatzkopfes das Auge vom anderen Wohlstandsopfer weglenkt. Sehr ritterlich und preiswürdig.

Die Anmerkung hat gesagt…

>> das dicke Pommfrittkind gehört in die Produktion

In welche denn? Soylent Green?

Das Jahr 2022, der Zustand der Erde ist bedenklich: Die New Yorker Bevölkerung ernährt sich nur noch von synthetisch hergestellten Nahrungsmitteln der Firma Soylent.

Die Anmerkung hat gesagt…

Der Süddeutsche Beobachter hat für all seine Kunden genauer hingeschaut.
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Constanze von Bullion

Ein Parteitag so brav wie ein Apotheker-Kongress

Arminius hat gesagt…

An deutschen Grünen soll die Welt genesen.

Anonym hat gesagt…

Im Herbst werden grüne Blätter braun, im Herbst werden grüne Parteien braun.

Anonym hat gesagt…

ich verstehe nicht weshalb das dicke unbegabte Mädchen zur besten Sendezeit ihren Sprachmüll in das deutsche Wohnzimmer kübeln darf - und weshalb ihr kindlicher Wahn demnächst pol. Realität werden soll ?

kann man es nicht wegsperren , so wie früher als mongo-Kinder in den Schrank gesperrt wurden um dort auf den Exkumminikazetrator zu warten