Dienstag, 20. Mai 2025

Schnitzler, Zimmering, Relotius: Preisbeschuss im Glaubenskampf

Ein Publikumsaward, hinter dem selbsternannte Verteidiger eines angeblichen selbsternannte "Rechts der Bürger, sich ungehindert aus allen Quellen zu informieren und frei zu äußern" stehen.

Es gibt sie in groß und klein, in bunt und für ganze Kulikollektive. Jahr für Jahr geht einer sogar an herausragende Werke des sogenannten "kritischen Journalismus", gestiftet hat diesen einzigartigen  Journalistenpreis der langjährige niedersächsische Arbeitersohn und Gewerkschaftsfunktionär Otto Brenner, dem am Ende eines Lebens, das dem Kampf gegen die deutsche Wiederbewaffnung gewidmet war, genug Geld blieb, eine Stiftung zu gründen. Die trägt bis heute seinen Namen und verbreitet seine Botschaft: "Nicht Ruhe, nicht Unterwürfigkeit gegenüber der Obrigkeit ist die erste Bürgerpflicht, sondern Kritik und ständige demokratische Wachsamkeit."

Auf der falschen Seite

Brenner, 1972 verstorben, würde nach dieser Grundaussage heute auf der falschen Seite der Geschichte stehen. Hier, abseits der gesellschaftlichen Medienmitte, machen sich Quengler, Leugner und Delegitimierer des Fortschrittsstaates eine Gaudi daraus machen, die neuen Bräuche zu verhöhnen, nach denen immer die gleichen Aktivisten für immer die gleichen beunruhigenden Botschaften über immer dieselben Probleme immer wieder dieselben Preise entgegennehmen müssen. 

Von Claas Relotius führt ein direkter Weg zu Anja Reschke, Georg Restle und den namenlosen Divisionen von emsigen Enthüllern hinter ihnen. Immer heißen die tapferen Reportagen "Ist unsere Demokratie in Gefahr?". Immer berichten Aussteiger aus demokratiegefährdenden Milieus von ihrem erbarmungswürdigen Schicksal. Kein Reichsbürger bleibt unbefragt, keine russische Verschwörung gegen den demokratischen Rechtsstaat unaufgedeckt.

Die "Kraft des Wortes"

Mit der "Kraft des Wortes" (Deutscher Journalistenpreis) wird nicht nur bewiesen, was "exzellenter Journalismus zu leisten vermag" (Mika Beuster), sondern auch dafür getrommelt, dass es alle erfahren. So wenige Preise in Deutschland für gute Steuerberatung, mutige Politessentätigkeit und den wackeren Einsatz für die gleichmäßige Verteilung von Schädlingsbekämpfungsmitteln in der industriellen Landwirtschaft verteilt werden, so viele Ehrungen gibt es für die Angestellten der Vierten Gewalt. 

Keiner, der nichts abbekommt. Jede Sparte wird bedacht, vom "Silberne Pferd", mit dem herausragende Beiträge über den Pferdesport ausgezeichnet werden, bis zu einer endlosen Liste von Auszeichnungen für investigative Berichterstattung, Lokaljournalismus und eben jenem mystischen "kritischen Journalismus", für den der alte Gewerkschafter Brenner stand, der seinerzeit noch nicht ahnen konnte, dass Vater Staat eines Tages ein Freund sein wird, gemacht vom eigenen Fleisch, kein Gegner mehr, dessen Treiben man ganz genau auf die Finger schauen muss.

Finanziert von Großkonzernen

Großkonzerne wie RWE, Siemens, die Commerzbank und der unter Spionageverdachts stehende chinesische Reise Huawei finanzieren vorbeugend schönes Berichterstattungswetter,  "verschiedene Journalist:innen, Redaktionen oder Teams" schmücken sich gern mit den verliehenen Medaillen und Preisen. Eine Preisverleihungslandschaft ist entstanden, die dem Guten Geltung verschafft.

Vom renommierten Max-Zimmering-Preis für politische Dichtung über den Preis der Lutherstädte für "Das Unerschrockene Wort" bis zum "Siebenpfeiffer-Preis für journalistische Arbeiten zu Demokratie und Radikalisierung" bis zum Theodor-Wolff-Preis für journalistische Gelassenheit und dem "Grimme"-Preis reicht das Spektrum der Ehrungen, die Mediendeutschland für Einsatz, Engagement und Haltung bereithält. Einige andere Preise mussten wegen der gesichert rechtsextremistischen Einstufung der Namensgeber umbenannt werden. Ihrer Strahlkraft tat das allerdings keinen Abbruch.

Neid und Hass

Dass das nicht allen passt, ist in einer pluralistischen Gesellschaft selbstverständlich. Neidisch und hasserfüllt schauen die, die bei der Vergabe von Ehrungen regelmäßig leer ausgehen, auf die, in deren Redaktionen schon eigene Reliquienräume eingerichtet werden müssen, um die Menge der Auszeichnungen vor Besuchern aus dem In- und Ausland angemessen würdig präsentieren zu können. 

Fantasie wird belohnt, gutes erzählerisches Hand und der Einsatz für demokratische Werte und eine solidarische Gesellschaft auch über "den Tag hinaus", wie es "Monitor".-Chef Georg Restle nennt, ein Charakterkopf, dem Deutschland das Verb "restlen" verdankt, das für den dynamischen Umgang mit beweglichen Grundprinzipien steht, an denen der Restelnde festhält, ohne vom Gegenteil abzulassen.

Ehrung für Propaganda

Auch die Macher des Karl-Eduard-von-Schnitzler-Preises  kommen vor diesem Hintergrund natürlich nicht um die großen Adressen herum. Die Ehrung "für Propaganda-Journalismus", wie sie erklärend genannt wird, ging in diesem Jahr an Correctiv, das Medienhaus, das die demokratische Debatte der zurückliegenden Monate mit seiner Geheimplan-Berichterstattung geprägt hatte wie kein anderes. Gewürdigt wird mit der Vergabe auch der Einsatz der Aktivisten für die Enthüllung der moralischen Verkommenheit, die oft in der Politik grassiert, der Büchsenspannerdienst für die großen Online-Zensoren und das stabile Festhalten an der Wannsee-Fantasie trotz Gegenwind.

Der Schnitzler-Preis ist ein Publikumsaward, das macht die von der Stiftung Meinung & Freiheit e.V. vergebene Ehrung auf den ersten Blick besonders bedeutsam. Doch der zweite, gründliche verrät: Die Stiftung Meinung & Freiheit e.V. beruft sich auf ein recht zweifelhaftes "freiheitliches und liberales Gesellschaftsverständnis", sie sieht sich als Verteidiger eines angeblichen "Rechts der Bürger, sich ungehindert aus allen Quellen zu informieren und frei zu äußern" und maßt sich tatsächlich an, frei imaginierte "staatliche Angriffe auf Meinungs- und Informationsfreiheit im Sinne Artikel 5 Grundgesetz" abwehren zu wollen.

Preisbeschuss im Glaubenskampf

Wie der Leipziger Medienpreis, den die dortige Sparkasse vergibt, ehrt der nach dem Chefkommentator des DDR-Fernsehens und Moderator des „Schwarzen Kanals“ benannte Schnitzler-Preis das Engagement für die Presse- und Meinungsfreiheit durch die Verbreitung auch fiktionaler Erziehungshilfen.Wichtig zu wissen: Hinter dem Preis stehen immer wieder auch öffentlich als störend aufgefallene konservative Kräfte wie der frühere Chef der Wirtschaftswoche Roland Tichy, der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen und der sächsische Schriftsteller Uwe Tellkamp. Auch sie haben nun offenbar ein Einsehen und sind bereit, die Leistungen, die von den einzelnen Teilnehmern am Wettbewerb erbracht werden, entsprechend zu würdigen.

"Erfundene Zitate und Tweets; Reportagen über Fernsehgeräte, die Strom erzeugen; zufällig vorbeikommende Bürger, die sich im Nachhinein als Parteifunktionäre herausstellen; Grüne, die als Experten hofiert werden; manipulierte Schmerzensschreie und ein prallvoller Gardasee, der angeblich austrocknet", heißt es zur Bandbreite der zur Ehrung anstehenden Anstrengungen, alles, was dem gesellschaftlichen Fortschritt dient, kann preiswürdig sein, wenn "nicht einmal der Wetterbericht bei ARD und ZDF noch über das Geschehen vor unseren Fenstern" informiere, "sondern Daten manipuliert, die nicht ins Narrativ passen".

Ganz vorn landete bei der zweiten Vergabe das Correctiv-Kollektiv, direkt gefolgt von ARD und ZDF als größten Quellen von verschwiegenen Nachrichten, einfallsreichen Deutungen und eines schnitzlermäßigen Sendungsbewusstseins. Mit nur einstelligen Zustimmungswerten landeten Georg Restle, Jan Böhmermann und ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten weit abgeschlagen auf den Rängen.



3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Als Journalismuspreise noch Klang hatten:
Ernst-Moritz-Arndt-Medaille (1955)
Nationalpreis der DDR 2. Klasse (1956)
Vaterländischer Verdienstorden in Bronze (1964)
Banner der Arbeit (1968)
Vaterländischer Verdienstorden in Gold (1978)
Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold (1983)
Karl-Marx-Orden (1988)
(Karl-Eduards Liste)

Anonym hat gesagt…

U5, "Berliner Fenster", das Qualitätsblatt "DIE WELT' (würg) - Jauchzet, frohlocket: Der Weltseuchenvertrag ist durch! Davor: Die "CDU' nimmt in der Wählergunst wieder zu ... glaube ich sogar.

ppq hat gesagt…

endlich sind wir sicher