Mittwoch, 16. Juli 2025

EU-Haushalt: Nie mehr weniger

EU-Haushalt: Nie mehr weniger
Auch die mächtigste Frau der Welt konnte nichts gegen die EU ausrichten. Sie musste zahlen.

Als der Gürtel das letzte Mal engergeschnallt werden musste, gelang es schließlich nur, alles so zu belassen, wie es immer gewesen war. Großbritannien war weg, einer der wenigen, wenigen EU-Mitgliedsstaaten, die mehr in den gemeinsamen Haushalt einzahlten, als sie von dort ausgezahlt bekamen. 66 Millionen potenzielle Zahlungsempfänger waren weg, netto fehlen jährlich zwölf bis 14 Milliarden Euro "auf der Einnahmeseite" wie der damalige deutsche Kommissar Günther Oettinger besorgt zusammenrechnete.

Weiterwirtschaften wie immer 

Das Problem ließ sich dann aber leicht lösen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ging daheim im Kanzleramt noch einmal kurz durch die Charts, sie hieß ihren Finanzminister, die Haushaltslöcher überschlagen. Und siehste, kurzerhand fanden sich die fehlenden Gelder. Europa konnte weiterwirtschaften, als seien die Briten noch da.

Als "Radikalreform" galt das damals schon, wie jedes Mal, wenn  Brüssel bangt, ob die 27 Mitgliedsstaaten noch einmal so viel Geld wie immer für eine Institution zur Verfügung stellen werden, die sie gängelt, sie belehrt, ihnen aberwitzige Vorgaben macht und selbst etwa so viel zu wirtschaftlicher Dynamik und Wachstum beiträgt wie es ein Kettenhemd im olympischen Hundertmeter-Finale zu einem neuen Weltrekord täte. Bisher ging alles immer gut aus. Statt zu kürzen, legten die Staaten jedes Mal eine Schippe drauf. Nie so viel, wie die Kommission gern gehabt hätte. So ist es nicht. Das sind schon alles knallharte Verhandlungssimulationen. 

Sieg für die EU 

Am Ende steht immer ein Sieg für die EU: Die musste 2011 noch mit einem Jahresbudget von rund 140 Milliarden Euro auskommen. 2025 waren es schon knappe 200 Milliarden. Das gelang nicht etwa, weil die Wirtschaft so viel mehr abwirft. Sondern obwohl sie das nicht tut. 2013 mussten die Mitgliedsstaaten noch ein Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für den Brüsseler Apparat und das Straßburger Parlament spenden. Geht es nach den Plänen der Kommissionspräsidentin, werden es in Zukunft 1,7 Prozent sein.

Wie ein Schwarzes Loch zieht die multinationale Bürokratie im Berlaymont-Gebäude alles an, was nicht festgenagelt und festgeschweißt ist. Der EU-Haushalt sei "im Vergleich zu den Haushalten der 27 EU-Mitgliedstaaten, die zusammen mehr als 6.300 Milliarden Euro ausmachen, sehr klein", hieß es vor Jahren tröstend, alles, was die EU tue, koste jeden EU-Bürger im Schnitt nur 67 Cents pro Tag. Was genau die EU tat, wurde nicht ausgeführt. Fakt aber ist: Heute kostet die Dienstleistung bereit 1,14 Euro pro Kopf und Jahr - ohne dass die Kommission Sozialausgaben zu zahlen hat, Universitäten, einen Millionen Köpfe zählendes Beamtenapparat und ein stehendes Heer unterhalten muss.

Weniger als Kaffee 

Mit der Begründung, sie koste "weniger als die Hälfte des Preises für eine Tasse Kaffee" - Satzbau im EU-Original - und sie sei "damit im Verhältnis zu dem großen Nutzen, den die EU den Bürgern bringt", einmalig günstig, schaffte es die Kommission zuverlässig, sich jedem Sparansinnen zu verschließen. Das gelingt, weil sie nur aller sieben Jahre um Geld bitten muss: Der "mehrjährige Finanzrahmen" ist eigens so geschnitten worden, damit die abenteuerlichen Kosten des gemeinschaftlichen Wasserkopfs nicht aller paar Monate diskutiert werden. 

Unangenehm genug, dass es fast anderthalbmal pro Jahrzehnt sein muss. Um auf Nummer sicher zu gehen, wird aber schon lange vor dem Ablauf des aktuellen Planzeitraums mit den Verhandlungen für den nächsten begonnen. Wer jemals ernsthaft den Eindruck vermitteln wollte, als Politiker zu Großem befähigt zu sein, hat immer schon die lange Linien gelegt und statt der Gegenwart eine ferne Zukunft regiert.

Grundpfeiler der Gemeinschaft


Je maximaler die Entfernung vom Jetzt, desto sicherer die Garantie, dass niemand die Dinge heute schon ernst nimmt. Wenn Ursula von der Leyen, menschgewordener Grundpfeiler der Gemeinschaft, auch für diesmal wieder "Reformen" für den EU-Haushalt auf einer "komplett neuen Basis" ankündigt, dann ist gewiss, dass es teuer wird. 

Wie teuer genau, wird noch nicht verraten, so ist das Sitte. Die Liste der neuen Zuständigkeiten, die die die Präsidentin ihrer Kommission gesichert hat, ist lang. Seit es der EU gelang, über ihre Zuständigkeit für den Arbeitsschutz Rauchverbote in der Gastronomie durchzusetzen, obwohl Gesundheitsschutz nach den Europäischen Verträgen ausdrücklich nicht zu ihren Kompetenzen gehört, hat sie nie mehr aufgehört, sich zusätzliche Aufgabengebiete zu erobern.

So viele neue Felder 

Zu den paar Dingen, bei denen die Kommission eine ausschließliche Zuständigkeit hat - Zölle, Wettbewerb im Binnenmarkt, WährungspolitikHandel, internationale Abkommen und Meerespflanzen und -tiere - sind jüngst per Akklamation Gesundheit, Verteidigung, Wettbewerbfähigkeit, Aufrüstung, Grenzsicherung, Unternehmertum und Klimaschutz gekommen. 

Mit den vielen neuen Feldern erlangt die Kommission mehr Bedeutung. Je mehr Bedeutung, desto mehr Geld benötigt sie. Je mehr Geld sie bekommt, desto größer sind ihr Verlangen und ihr Vermögen, noch mehr Appetit auf weitere Felder zu entwickeln, die sich beackern lassen. Dazu braucht es Geld, viel und immer mehr Geld. In "Zeiten knapper Kassen" (FAZ) gehört ein gerüttelt Maß an Frechheit dazu, noch einmal mehr zu verlangen. Als verlangt die Europäische Kommission in ihrer eigenen Logik gleich richtig viel mehr.

Vermiedene Vergleiche 

Der neue Haushalt wird anders geordnet, um sich direkten Vergleichen zu entziehen. Neben der Verwaltung der EU selbst, dem Kern allen Tuns und Wollens der Gemeinschaft, bleiben nur drei große Posten übrig. Neben einem "Wettbewerbsfähigkeitsfonds", den unterhalten zu dürfen die Kommission aus ihrer unanzweifelbaren Zuständigkeit für die Wettbewerbsregeln des Binnenmarktes ableitet, käme eine Sammelfonds für alles möglichen "EU-Ziele" - das kann heute das Klima sein, morgen die Pandemie und übermorgen die Herstellung  von Kriegstüchtigkeit. Daneben gäbe es nur noch einen  Fonds für außenpolitische EU-Aufgaben, die die EU eigentlich nicht hat.

Doch kleiner wird der Haushalt deshalb nicht. Je mehr Geld die Kommission hat, desto mehr kann sie an die Mitgliedsstaaten verteilen. Je mehr sie verteilen kann, desto wichtiger und unabkömmlicher ist sie. Um die Verteilung, die letztlich je nach Anspruch der Staaten lange vorab vereinbart ist, nicht allzu willkürlich aussehen zu lassen, wird es wieder nationale Umsetzungsziele für dies und das geben, die bei Erreichen prämiert werden. 

Nie mehr so günstig wie gestern 

Der Vorteil liegt auf der Hand: Je nach Zeitgeiststimmung kann die Kommission Anstrengungen bei der Energiewende, bei der Lieferkettenresilienz oder beim Green Deal belobigen. Neu in der Auslage sind zu den wegweisenden Fonds InvestEU, Umweltfonds Life und Horizon der in "Readiness 2030" umgetaufte Nachrüstungsfonds "Rearm Europe" und Fonds, mit denen Trendthemen wie Künstliche Intelligenz, Cloud und grüne Technologien gefördert werden sollen. Das ist alles so wichtig, dass schon vor der ersten Verhandlungsrunde klar ist: So günstig wie beim Haushaltsrahmen von  2021 bis 2027 wird es diesmal nicht werden. 

Statt um 1,4 Billionen Euro geht es um 2,1 Billionen. Die Tasse Kaffee kostet jeden der 440 Millionen EU-Europäer inzwischen knappe 5.000 Euro, 1,80 am Tag. Die Kommission glaubt, das gut begründen zu können, denn neben der "zahlreichen neuen Aufgaben" (FAZ) steht ab 2028 auch die Rückzahlung der in der Corona-Zeit endlich glücklich aufgenommenen ersten eigenen Schulden an. 25 bis 30 Milliarden Euro im Jahr wird das kosten, nicht einmal 70 Euro für jeden Europäer - dabei ist ein großer Teil des für den "Wiederaufbau" gedachten Geldes nie ausgegeben worden.

Die EU will selbst kassieren 

Was muss, das muss und weil die Kommission weiß, wie schwer es manchem Mitgliedsstaat fallen wird, sich spendabel zu zeigen, hat sie Ideen vorgelegt, selbst bei den Bürgerinnen und Bürgern abzukassieren. Eine der neuen Einnahmequellen, mit denen die EU ihrem Traum von einer eigenen EU-Steuer wieder ein Stück näherkäme, wäre eine Abgabe auf nicht recycelten Elektroschrott, dazu schielt sie auf einen Anteil an der von den Mitgliedstaaten erhobenen Tabaksteuer.

Der wahre Schatz aber wäre mit einer neuen Umsatzsteuer zu heben, die alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro direkt an Brüssel zahlen müssten. Konzerne, die in der EU Geschäfte machen, müssten gestaffelt nach der Höhe ihrer Umsätze eine "Abgabe" zahlen - unabhängig davon, ob sie Gewinne oder Verluste geschrieben haben. 

Großherzig würde die Kommission für die Genehmigung, sich eine solche Goldgrube graben zu dürfen, sogar auf die Einführung einer Digitalsteuer verzichten, die in Deutschland ohnehin keine Chance auf Umsetzung hat, seit sich Friedrich Merz dem amerikanischen Präsidenten unterworfen hat.


2 Kommentare:

Gerry hat gesagt…

he is a good guy

Trumpeltier hat gesagt…

Ist doch eh alles wurscht, denn das Pack (Gabriel) wird weiter sklavisch arbeiten und Alimente zahlen.

Oder aber im etwas klügeren Prekariatsegment auf leistungsloses Bürgergeldeinkommen umschulen.

Wer heute noch optimistisch ein steuerpflichtiges Gewerbe ergreift, muss ziemlich blauäugig die Braunaugenblindheit besitzen. Wo bleiben denn all seine Talerchen zwischen Brutto und Netto?

Wer kassiert sie?
Wer verteilt sie an wen?
Und ... warum?

Und wenn das nicht reicht, genehmigt man sich Sondervermögen, früher mal Schulden genannt, die sogar der Enkel dann ebenfalls noch lebenslang tilgen kann, was ihm sein neues stylisches Smartphone aber nicht erzählt.

Hauptsache, es herrscht Ruhe im Land. Bei immer mehr nur noch zustimmend grunzenden Zombies eine ganz natürliche Entwicklung.