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Früher mussten Deutsche in den Süden fliegen, um an Hitze zu sterben. |
Es ist ein heißes Gerücht, und es hält sich seit Monaten. Dieser Sommer wird nicht normal, er wird nicht wie früher, er wird die Hölle. In Scharen werden die Vulnerablen sterben, in den Städten werden Passanten sich von Hitzeschutzinsel zu Hitzeschutzinsel schleppen, während eine Sonne brennt, als hänge sie am Himmel da, wo früher der Mond war.
Bereits im Frühjahr hatten die Experten wie immer ihre ersten Befürchtungen geäußert. Die Klimamodelle logen nicht. Die Dürre, sie steckte nach dem feuchten, warmen Winter schon überall tief im Erdreich.
Ab in den Norden
Nur weg, das war die Parole für alle, die überleben wollten. Irgendwo hoch in den Norden, wo ein ganz neues Urlaubsmodell Furore machte. Flüchteten Menschen aus der Mitte Europas bisher noch immer vor den gemäßigten Temperaturen und dem Regen, der so manchen zweiwöchigen Aufenthalt an Nord- und Ostsee komplett verhagelte, so lockte jetzt die "Coolcation" hoch im Norden.
Dort, wo die Sommer noch ordentlich verregnet sind, die Nächte kalt und es Besucher zuweilen auch im hellen Sonnenschein fröstelt, suchen viele Menschen Abkühlung. Länder wie Norwegen, Schweden und Finnland konnten sich gar nicht schnell genug auf den neuen Trend einstellen. Die Idee, "gezielt für Urlaub in ihren gemäßigten Klimazonen zu werben", schlug auf die Initiatoren zurück.
Europas Hitzepol
Denn Deutschland, Europas Hitzepol, schlägt hart zurück. Zwar bestätigt der Blick in die "Tagesschau" und in die "Heute"-Sendung des ZDF, dass es sich bei Behauptungen, es würde in weiten Teilen des Landes seit Tagen und Wochen dauernd regnen, um Fake News handelt. Doch nur weil der Blick aus dem Fenster zeigt, dass es gerade wieder gießt wie aus Kannen, heißt nicht, dass die Dürre vorüber ist.
Ganz im Gegenteil: Gerade das viele Wasser auf den Straßen, die saftigen Wiesen und das "Herbstfeeling" (Wetteronline) im Juli zeigen, dass es gleichzeitig zu nass und zu trocken ist. Der Klimaboden kann die "Regenfluten" (Tagesspiegel) nicht mehr aufnehmen. Daraus aber das recht abzuleiten, wie es einige Medien tun, selbst zu beurteilen, ob es tatsächlich viel oder zu viel oder zu wenig geregnet hat, geht nicht an.
Ahrtalähnliche Fluten
Wer kein eigenes Wettermodell betreibt, kann sich kein Urteil über zulässige Niederschlagsmengen erlauben. Immer noch droht durch die anhaltend extreme, schwere und außergewöhnliche Dürre eine Wüstenbildung nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, das zuletzt von einer ahrtalähnlichen Flut beinahe in die Ostsee gespült worden wäre.
Weite Landstriche werden von der symptomlosen Hitze und der feuchten Dürre entvölkert, entweder durch zu viel Wasser oder durch zu wenig, entweder durch zu viel Sonne oder durch fahrlässig unterlassene Hitzeschutzmaßnahmen.
Im verregneten Höllensommer des Jahrgangs 2025können die knochentrockenen Böden die Regenmengen nicht aufnehmen, was fällt, verdampft oder zerschellt an der steinharten Scholle.
Der Sommer fällt ins Wasser, die Prognose macht wenig Hoffnung, der Regenschirm ersetzt die Badehose, der "Hitzesommer" (T-Online) "tarnt sich gut". Schon regt sich die alte Sehnsucht nach dem Süden, nach den Ländern, die eine massive Hitzewelle zum Glühen bringt.
Mehr als das Mittel
Besonders gefragt bei Ostseeurlaubern sind Zentralgriechenland und Sizilien, wo die Temperaturen zumindest nach Berechnungen der Wettermodelle auch in den kommenden Tagen regelmäßig über 45 Grad steigen werden.
Das sind bis zu 15 Grad mehr als das klimatologische Mittel erlaubt, das so heißt, weil es genau in der Mitte zwischen höchsten und niedrigstem Thermometerstand liegt.
Der Wunsch, dort zu sein, wo es nicht ist wie da, wo man ist, wurzelt tief in der menschlichen Sehnsucht nach Erholung, Entdeckung und Ausbruch. Seit Jahrhunderten zieht es Menschen in den Süden, erst recht, wenn bei ihnen zu Hause auch Sommer ist.
Das Reisen wurde mit dem Siegeszug des Kapitalismus von einem Privileg der Eliten zu einem demokratischen Vergnügen für alle. Von den ersten touristischen Reisen im 17. und 18. Jahrhundert, die sich damals nur junge Adlige leisten konnten, wurde ein klassenloser Freizeitspaß.
Ein Hauch von Exotik
Die hart arbeitende Mitte suchte im Süden neue Erkenntnisse und alte Kultur, sondern einen Hauch von Exotik, Sonnengarantie und günstiges Strandbier. Das alles war ein willkommener Kontrast zu den kühlen, feuchten Sommern Nordeuropas, der VW-Arbeiter tankte Sonne, neben sich der leitenden Beamten und auf der Strandliege eine Reihe weiter hinten lümmelte der Klempnermeister.
Das mediterrane Klima galt damals als angenehm, die Vorstellung, dass Sonne und Wärme das eigentliche Reiseziel sind, überzeugte in der traurig-grauen Bonner Republik jedermann und also später auch neu in die Reisegruppe aufgenommenen Ostdeutschen.
Ein Volk aus Neckermännerm begann, die Freizeitkultur der Oberschicht nachzuahmen. Die Mittelmeerregion – insbesondere die französische Riviera, Italien und später Spanien – wurde zum Sehnsuchtsort. Die Sonne des Südens, die mit Gesundheit und Lebensfreude assoziiert wurde, war das deutsche Symbol für Wohlstand und Erholung.
Im Sommer in den Süden
Warum es Menschen selbst im Sommer in den Süden zog, in der einzigen Jahreszeit, die in Vorklimazeiten einigermaßen verlässlich schneefrei war, lässt sich im Nachhinein nicht einmal mehr mit wissenschaftlichen Methoden ermitteln. Ein Grund war sicherlich die kulturelle Verklärung des Mittelmeers. Schriftsteller wie Goethe hatten Italien als das Land beschrieben, in dem das Leben leichter und die Natur üppiger ist.
Griechenland und Ägypten, auch damals schon sonnenverbrannt, standen nicht für Unbewohnbarkeit, sondern für die sogenannte "Schönwettergarantie". Obendrüber blauer Himmel, vor der Nase ein azurblaues Meer – mehr Kontrast zum grauen Alltag der von qualmenden Klimaschornsteinen geprägten Industrialisierung war kaum denkbar.
Schutz vor dem den Hitzetod
Das Recht auf gesetzlichen Schutz vor dem den Hitzetod, das die Bundesregierungen seit der Ära Karl Lauterbach garantieren, ruht out of area. Im Ausland gilt Schwitzen auf eigene Gefahr, Rücktransport in die Heimat nur mit ADAC-Pluskarte.
Im Juli wie im August ist seit Jahrzehnten genau dort Hochsaison, wo schon Bedingungen herrschen, die Deutschlands Klimabemühungen um jeden Preis für die Heimat verhindern sollen: Immerzu warm, nachts zum Teil tropisch, selbst das Wasser kaum mehr erfrischend.
Dazu kommen die Gewissensbisse, ob es nicht die Umweltbelastung durch die eigene kleine Reise, die eigene Kreuzfahrtteilnahme oder der das achtlos in die Badewanne geworfene Hotelbadetuch ist, die das Klima endgültig kippen lassen.
Ein beständiger Balanceakt zwischen Wollen und Wandel, Tourismus und Transformation. Doch die Sehnsucht nach der Sonne ist unstillbar, der gemäßigte Mitteleuropäer lässt nicht ab von seiner Suche nach dem Hitzetod.
Er will sie spüren, die Klimazukunft, er will ihn fühlen, den Hauch von Untergang.
2 Kommentare:
W. Schwab (TAZ): Lob und Ehre der Regierung (2024).
...hätte im gleichen Atemzug zugegeben, dass er den menschengemachten Klimawandel nicht stoppen kann. Schlimmer noch, nicht stoppen will.
Halt, ganz stimmt das nicht. Der Bund hat immerhin schon einen Klima- und Transformationsfonds eingerichtet, ...
Wiki
Waltraud Schwab studierte in Berlin Theaterwissenschaft, Soziologie und Amerikanistik sowie in London „Fine Arts and Critical Studies“.
Das merkt man in jedem Satz, den sie da verklappt.
Der Schildbürger-Michel, das nach eigener Einschätzung sensibelste Klimaschutz- und Weltretterwesen auf diesem seit Jahrmilliarden dynamisch sich verändernden Planeten, hat das sonderbegabte Talent, auch nur um Milligrad steigende Temparturen bereits als bedrohlichen Hitzestrahlung wahrzunehmen. Dann schreit dieser Mentalexperte sofort hysterich Zeter und Mordio und verlangt militant winterliches Heizverbot und ganzjährigen Privatautofahrverzicht.
Zugleich findet dieser pathologische Alles-besser-Wisser die neue Kriegsertüchtigung mit CO²-Abgasboliden wie Militärfahrzeugen mit Raubtiernamen supitoll, denn endlich kann der degenerierte Maulhelden-Spacko den Russen die Rache für das Stalingradversagen seiner Vorfahren heimzahlen.
Das mit dem Hirzetod könnte bei weiterer Eskalation der Westwertehirnis also Realität werden ... im Atombombenblitz eines gegen die wortbrüchig aggressive Nato ums nackte Überleben kämpfen müssenden Russland.
Doch genau davor hat die tollwütig kläffende Köterrasse in seinem Größenwahn keine Angst.
Diese ständig japsend jaulende Bärenjagd-Pinschermeute ist halt grenzenlos blöd.
Die werden am eigenen Fieber eingehen.
Endlich Sommer, Sonnenschein, Schönwetterspaß und neue pitoreske Ruinen, und die dazwischen tausenden vor sich hin verwesenden Leichen werden ein den meisten bisher unbekanntes intensives Naturaroma verströmen.
Die Lebenden werden die Toten beneiden.
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