Donnerstag, 21. August 2025

Grüner Panzerstahl: Es war nur ein Hase, Phase!

Deutsche Panzer könnten als erste Massengüter aus grünem Stahl hergestellt werden, geschmolzen in Hochöfen, die mit grünem Wasserstoff befeuert werden. Doch die Bundesregierung weigert sich.

Schreck, lass nach! Für einen kleinen Moment der Weltgeschichte schien es im ersten Aufschwungjuni seit Jahren, als würde der große Stahlpakt vom Januar nicht  halten, was die Ampelregierung versprochen hatte. Wachstum wie in den 50er Jahren! Aufschwung ohne Ende, nur diesmal grün. Wie in allen anderen Industriebranchen marschierte ein Ministerium vornweg, um den Weg in die Zukunft freizuschlagen.  

Milliarden für alles 

Hier ein paar Milliarden für Chipfabriken. Dort ein paar hundert Millionen für Batteriemanufakturen. Und zwischendrin blieb noch genug Geld übrig, um die schon lange unter der Billigkonkurrenz leidende Stahlindustrie mit Milliarden als Ankerabnehmer für die geplanten künftigen Wasserstoffnetze zu engagieren.

Nichts davon rechnet sich, nicht einmal gesetzt den Fall, dass eines Tages von irgendwoher ausreichend Wasserstoff zu haben wäre. Politik aber hat, bei allem, was Politiker als Nachteil demokratisch verfasster Systeme beklagen, einen Vorzug: Sie muss sich nicht an vorhandenen Realitäten orientieren, sondern sie kann selbst Wirklichkeit erschaffen. Die Besten der Besten wohnen im Puppenhaus ihrer eigenen Propaganda, sie glauben treuer als ein Taliban und stehen fester zur Sache als Maos Rote Garden.  

Ein Satz ändert die Welt 

Die Finanzkrise, das erste globale Großereignis, das Politiker über den Rand ihres Wählerauftrages hinweg zu nutzen wussten, bewies, wie ein beherzter Satz aus dem Mund eines  keineswegs dazu Berufenen Sicherheit schafft. Whatever it takes und wer immer es bezahlt. Beim Flüchtlingszustrom 2015 brauchte es nicht einmal ein einziges geschriebenes Wort, um neue Regeln zu etablieren. Und in der Corona-Pandemie erwies sich dann, wie weit sich Grundrechte mit Hilfe einfacher Verordnungen stretchen lassen, ohne dass ihre Inhaber etwas dagegen tun können. 

Die Spitzenpolitik hat sich in all den Jahren, in denen sie die Wirklichkeit veränderte, an den Gedanken gwöhnt, allmächtig zu sein. Standen früher all Räder still, wenn der Arm des Arbeiter es will, so müssen sich jetzt alle drehen, wollen Politiker das sehen. Als persönliche Beleidigung empfinden sie Momente, in denen die Realität sich ihren Wünschen verweigert.

Zwischen Tür und Angel 

In der Politik, dort wo wegweisende Gesetze auch mal zwischen Tür und Angel gezimmert werden, ist jedermann wirklich überzeugt, dass die Rente dadurch sicher wird, dass ihre Höhe gesetzlich ebenso festgeschrieben wird wie die Höhe der Beiträge. Derselben Logik folgt die "Messerverbotszone": Selbstverständlich hat im politischen Berlin niemand Zweifel, dass einem zum Messerangriff entschlossenen Täter angesichts eines Messerverbotszonenschildes Skrupel überfallen und er aus Angst vor einer Geldstrafe von seiner Mordabsicht zurücktritt.

Nur weil sich Tag für Tag das Gegenteil herausstellt, spricht das nicht gegen die Behauptung, dass es funktioniert. Über ein ganzes Jahrzehnt entbrannte zwischen der deutschen Politik und dem sogenannten grünen Wasserstoff eine geradezu leidenschaftliche Liebe. Alles, was sich an Problemen der ausgerufenen Energiewende nicht rational erklären ließ, wurde mit grünem Wasserstoff zu einem Kinderspiel. 

Es ersetzt alles 

Viele, viele und noch viel mehr Erneuerbare würde nicht mehr es entweder zu viel oder viel zu wenig Strom liefern, sondern entweder genug oder so viel, dass daraus in großen Elektrolyseuren dieser "Champagner der Energiewende" gemacht werden könne. Gespeichert in großen Kavernen, würde der unsichtbare und hochexplosive Stoff Kernkraft und Braunkohle, Erdgas und LNG, Kohle und den gefürchteten grauen und blauen Wasserstoff ersetzen - nachhaltig, sauber und klimaneutral.

Dass es weder die Elektrolyseure gab noch dei Speicher, nicht die großtechnisch anwendbare technolie, nicht die Fernnetze und keine Industrie, die in der Lage gewesen wäre, aus dem teuren Champagner wettbewerbsfähige Produkte zu machen, hielt die Vordenker des Übermorgen nicht auf. Sie stiegen aus und dort und in Gedanken rissen sie schon die Erdgasleitungen aus der Erde, um alles auf einen  Betriebsstoff umzustellen, den es nicht gibt und auf absehbare Zeit nicht geben wird.

Stahlgipfel und Stahlpakt 

Nur weil es kein einziges tragfähiges Argument dafür gab, auch die deutsche Stahlindustrie auf einen Betrieb mit grünem Wasserstoff umzustellen, schreckte niemand davor zurück, es zu tun. In den letzten Tagen ihres Kampfes um den Verbleib im Außenamt eilte die frühere grüne Kanzlerkandidatin unerschrocken ins Kampfgebiet. Sie rief zu einem "Stahlgipfel", auf dem am Ende vermutlich ein neuer "Stahlpakt" beschlossen worden wäre. Diese globale Blamage immerhin blieb Deutschland erspart.

Nicht aber die Rückkehr der Wirklichkeit ins wonnewarme Fantasien, dem das Bekenntnis zum grünen Stahl zu jedem Gottesdienst gehört. Die Kirche des grünen Stahls, sie war unfehlbar, ihre Glaubenslehre unwiderstehlich. Wer die Stahlfrage falsch beantwortet, der plante Deutschlands Ausverkauf, seine Abhängigkeit von fremden Mächten und einen  Verrat am Bundesschwur auf grünen Wasserstoff, diesen edlen Perlsekt des Energieausstieges, den niemand hat und keiner will, so dass sogar der frühere VW-Berater Sigmar Gabriel entnervt die Flinte ins Korn warf

Eine Spur der Verwüstung 

Der "vielleicht interessanteste Energieträger" (Merkel, 2006) zog eine Spur der Verwüstung durchs Land. Statt " als chemischer Grundstoff etwa in der Stahlindustrie, als klimaneutrale Energiequelle und als Speichermedium eine zentrale Rolle in der nichtfossilen Zukunft" zu spielen, wie es Robert Habeck geplant hatte, machte das unsichtbare Gift aus dem "Wasserstoff-Hahn" (Taz) immer wieder Ärger. Es war zu teuer, die staatliche Förderung reichte nicht. Es drohte mitten in einer weltweiten Stahlschwemme alle zur Umstellung entschlossenen deutschen Hersteller in die Pleite zu treiben. Und damit würde Stahl ausgerechnet in dem Augenblick knapp werden, wenn Deutschland Tausende neuer Panzer braucht.

Eine Sorge, die Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius umtreibt. Nach der Mitteilung des indischen Herstellers Arcelor-Mittal, dass der Bund seine Fördermittel für die Umstellung auf Grünstahl behalten könne, hatten zwar Salzgitter und Thyssen beteuert, dass sie zur Stange halten werden, whatever it takes, wenn der Bund am Ende nur bezahle. Aber beim Rüstungsherstellers KNDS fehlt es weiterhin an Überlegungen, die unternehmenseigene Friedrich-Wilhelms-Hütte (FWH) in Mülheim an der Ruhr auf grünen Wasserstoff aus Namibia oder Sachsen umzustellen. 

Eine grüne Bundeswehr 

Hier, wo der härteste Panzerstahl der Welt hergestellt wird, kommt es eigentlich nicht auf den Euro an. Ein neuer Leopard kostet zwischen zwei und sieben Millionen, der enthaltene Stahl kommt auf nicht einmal eine halbe Million. Selbst das Doppelte oder Dreifache wäre aus den neuen Sondervermögen bequem bezahlbar - wenn der Minister es nur ernst meinen würde mit seiner grünen Bundeswehr. 

Kein Wort darüber, keine Rede davon. Ausgerechnet der Spezialstahl, mundgeblasen und selbst bei den kommenden deutschen Großbestellungen nur in begrenzter Menge benötigt, soll weiter auf herkömmliche Weise hergestellt werden. Der Staat macht sich einen schlanken Fuß, wo er fordernd auftreten und als größter Kunde der kommenden Jahre von KNDS verlangen könnte, dass grüner Wasserstoff eingesetzt wird, um die klimagerecht Hochöfen zu betreiben. Doppelmoral, die an der Ernsthaftigkeit zweifeln lässt, mit der der Treibstoff der Energiezukunft etabliert werden soll.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

„Baerbock ist eine der großen politischen Begabungen der Grünen“
Jürgen Trittin

Da denkt man, das muss von vor der Wahl 21 sein, aber ist vom Juli 25.
Nun, die Realität war nie ein Maßstab für einen Grünen. Noch weniger, wenn der Kalk schon deutlich rieselt.

Anonym hat gesagt…

OT
< da schwenkt nichts
Helmut auf dem Le Penseur

Die westlichen Medien schwenken langsam um, was die Bewertung der Ukrainepolitik betrifft

Nie waren die Einheitsmedien einheitlicher in ihrer Einheitsmeinung als heute. Die schwenken die Fahnen erst um, wenn ... >

Aber so etwas von Zustimmung!