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Kinder, wie die Zeit vergeht: Im November 2024 waren das schlechte Nachrichten, heute wären es gute. |
Unter Robert Habeck war der deutsche Traditionshersteller Bosch noch optimistisch. 5.500 Arbeitsplätze nur müsse man streichen, um zurück an die Weltspitze zu stoßen. Wie sehr sich die Lage verschlechtert hat, zeigen die neuen Nachrichten aus dem Unternehmen, das Gründervater Robert Bosch 1886 im nordwestlich von Stuttgart gelegenen Gerlingen gegründet hatte. Nachdem Friedrich Merz und seine Wirtschaftsministerin Katherina Reiche die Geschäfte von Robert Habeck und seinem Kanzler Olaf Scholz übernommen haben, wird es düster bei Boschs: Noch einmal 13.000 Stellen werden gestrichen.
Das blanke Überleben
Es geht ums blanke Überleben eines Unternehmens, das es bisher immer verstanden hatte, auf der Butterseite zu liegen. Im Kaiserreich war Bosch so etwas wie hundert Jahre später Tesla, es war aber zugleich auch Microsoft und Apple. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs war ein Großteil der fahrbaren Kriegsgeräte mit Boschs Zündkerzen bestückt. Nach Kriegsende erfanden Bosch-Ingenieure die Dieseleinspritzung. Unter Hitler wurden Wehrmacht, Kriegsmarine und Luftwaffe beliefert.
Schon unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begannen Verhandlungen zwischen den Boschs und dem Regime, um tiefer im sicheren Landesinneren zu produzieren statt direkt hinter der künftigen Front. In Schattenfabriken in Kleinmachnow und Hildesheim beschäftigte Bosch mehrere tausende Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und weibliche KZ-Gefangene.
Bosch senior litt darunter, zum Ausgleich unterstützte er insgeheim Regimegegner, doch versuchte auch, Hitler die Idee der Schaffung eines europäischen Wirtschaftsraumes ohne Zollschranken nahezulegen. Boschs EU war Thema mehrerer persönlicher Gespräche mit Hitler. Der aber wohl ablehnte.
Nach dem Krieg wurde kurz entnazifiziert, ein wenig entflochten und weiter ging es in die Wirtschaftswunderjahre. Je länger, desto stabiler lief das Geschäft. Bosch war nie mehr ganz vorn, aber immer mittendrin. Ein Weltkonzern wie Mannesmann, AEG und Nixdorf. Im Unterschied zu den früheren Konkurrenten aber immer noch da.
Gescheiterte Stimmungsmache
Nur wie lange, das weiß niemand. Seit Merz mit seinem Plan gescheitert ist, die Stimmung zu wenden und der seit drei Jahren "lahmenden" (DPA) Wirtschaft auf diese kostengünstige Weise Beine zu machen, verschärft sich die Krise quasi stündlich. Aus dem "Wirtschaftswunder wie in den 60ern", das Merz' gescheiterte Vorgänger Olaf Scholz angesichts des billionenteuren grünen Umbaus der Gesellschaft vorhergesehen hatte, ist die längste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik geworden. Zehntausende Stellen gehen verloren, und das nur vordergründig, weil die KI übernimmt. Eigentlich handeln die Unternehmen nicht aus strategischen Erwägungen heraus. Sondern aus der Not, so wie bisher unter den gegebenen Bedingungen einfach nicht mehr weiterwirtschaften zu können.
Standorte mit großer Tradition werden geschlossen, langjährige verdiente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor die Tür gesetzt, nur weil das Geschäft aktuell kaum mehr Gewinn abwirft. Der Schock ist bis in die Herzkammer des politischen Berlin zu spüren: Friedrich Merz schweigt, wo ein Gerhard Schröder schon im Hubschrauber gesessen hätte, um die Rettung von tausenden Jobs zur Chefsache zu machen. Auch Katherina Reiche, der Wende in der Energiewende sich an den Plänen ihres grünen Vorgängers Robert Habeck orientiert, hat sich bisher nicht mit Ideen zu Wort gemeldet, wie sich die anschwellende Lawine von Stellenstreichungen ausbremsen lassen könnte.
Schlachtruf vom Seniorensofa
Das blieb bisher Bernd Riexinger überlassen, einem der Gründerväter der früheren Alternative für Deutschland, die als WASG schon nach kurzer Zeit mit der ehemaligen SED zur Linkspartei verschmolz. Riexinger, Arbeitersohn, Pazifist und ausgebildeter Bankkaufmann, hatte die Linke bis vor vier Jahren in und durch ein tiefes Tal aus Enttäuschungen geführt. Am Ende seiner Amtszeit übergab der heute 70-Jährige eins Organisation, die kurz vor dem Koma stand. Keine Wähler mehr und keine Inhalte, kein Personal, dafür aber erbitterter innerer Streit.
Riexingers Überzeugung, dass weder Ochs noch Esel den Sozialismus aufhalten können, hat das nicht geschmälert. Seit die Ostmulle Heidi Reichinnek seiner Partei über TikTok eine neue Generation an Gefolgsleuten zugeführt hat, lässt sich mit Klassenkampfparolen auch wieder Quote machen. Riexinger, in dessen große Jahre die Erfindung der später von SPD und CDU umgesetzten Mietpreisbremse fiel, sieht in den Abbau-Ankündigungen von Bosch keine Maßnahme, mit der ein Großkonzern versucht, sich angesichts widriger Bedingungen wetterfest zu machen. Sondern "eine Kampfansage an die Belegschaft", offenbar getroffen aus reiner Willkür.
Auf die Barrikaden
Riexinger, der alte Klassenkämpfer, riecht die revolutionäre Situation. Wenn in Berlin 60.000 oder gar 100.000 Menschen auf die Straße gehen, weil sie sich große Sorgen um ein Terrorregime machen, das in knapp 3.000 Kilometern Entfernung immer noch Dutzend Geiseln hält, müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn nicht ein paar Verängstige und Enttäuschte sich finden ließen, die der Bundesregierung einen heißen Herbst bereiten.
Jetzt sei die Stunde, in der die IG Metall den Kampf aufnehmen müsse, statt "erfolglos an die Bosch-Tradition und den Mythos des Konzerngründers Robert Bosch zu appellieren", ruft der Ruheständler auf die Barrikaden. "Dem Management geht es um nichts anderes als um Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Belegschaft."
Das muss sich ändern und das kann es nur, wenn der Staat sich freimacht aus seiner Abhängigkeit von privat geführten Großkonzernen, deren Entscheidungen er kaum beeinflussen kann. Beunruhigt hat Bernd Riexinger bemerkt, dass "die ganzen Automobilregionen und alle Zulieferer von Stellenabbau und Standortschließungen oder Standortverlagerungen betroffen" seien. Nach der Ursache dafür fragt er nicht, denn seine Idee ist die eines "koordinierten Kampfes aller Betriebe", geführt von der IG Metall, die aber leider "an vielen Orten nicht mehr weiß, was kämpfen bedeutet".
Zurück in die DDR
Wer wie Bernd Riexinger von den richtigen Prämissen ausgeht, erkennt schnell, dass es mit dem Kampf gegen die Konzerne nicht getan sein wird. Um wirklich sichere Arbeitsplätze, Wohlstand und Gerechtigkeit für alle zu schaffen, müsse der "Kapitalismus überwunden" werden, hatten die Parteichefs Ines Schwertdner und Jan von Aken bereits im Mai als Parole und Handlungsmaxime für die seit der Bundestagswahl deutlich selbstbewuster auftretende Linkspartei ausgegeben. Aus der alten Sponti-Forderung "Mach aus dem Staat / Gurkensalat" ist die Vorstellung geworden, Partei, Staat und Volksmassen würden am besten prosperieren, wenn eins wieder ins andere fiele wie damals in der DDR.
Die wirtschaftete nicht nur insgeheim nach einem großen Plan, die hörte auf die Wissenschaft und teilte die raren Ressourcen gerecht zu. Massenentlassungen gab es nicht, jeder hatte Arbeit, sogar die, die keine haben wollten. Warum also nicht zurückkehren zu dieser Art gemeinschaftsdienlicher Wirtschaftsordnung? Die ohne Arbeitslosen- und Bürgergeld auskam, für niedrige Mieten und stabile Lebensmittelpreise auf niedrigem Niveau sorgte?
"Das Grundgesetz schützt den Kapitalismus nicht, weil es keine bestimmte Wirtschaftsordnung vorgibt", haben Schwerdtner und van Aken ihre Absage an den "freien Markt als natürliche Ordnung einer Demokratie" begründet und ausgeführt, dass sich "immer deutlicher" zeige, "dass der Kapitalismus keine verfassungskonforme Wirtschaftsordnung ist".
Symptom einer allgemeinen Krise
Die Bosch-Krise, die Symptom einer allgemeinen Krise der kapitalistischen Wirtschaftsweise ist, bietet die Gelegenheit, auszusteigen aus dem Karussell von Wettbewerb und globalem Gerangel um höhere Effizienz und die Chance zu Einstieg in eine vom Staat geführte Ökonomie mit Konzernen im Besitz des Volkes. Ohne "Ungleichheit, Ausbeutung und Konkurrenz" als Triebfedern zur Anhäufung von Reichtum öffnet sich ein Fenster zu einer anderen Welt. "Wer also die Verfassung mit Leben erfüllen will, muss den Kapitalismus überwinden", sieht sich die Linke mit sozialdemokratischen und grünen Vordenkern einig.
Das Grundgesetz stehe dem nicht im Weg, es zeige ihn vielmehr: "Die Verfassung schützt weder Konzerne noch Superreiche, die auf unsere Kosten immer mehr Geld und Vermögen anhäufen und somit zu einer Gefahr für die Demokratie werden". Artikel 14 und 15 stellten ganz im Gegenteil klar, dass der Gebrauch jedes Eigentums dem Wohle der Allgemeinheit dienen müsse. "Wo diese Pflicht verletzt wird, können Grund und Boden und Fabriken vergesellschaftet werden".
Eine Enteignung von Bosch wäre ein guter, aber nur ein Anfang.
3 Kommentare:
Wenn es dem Schwaben zu wohl geht, so geht er aufs Eis Tanzen, und wählt en gros die Grünen Khmer.
Oder so ähnlich. Die Ostgoten sind, auf ihre Weise, übrigens nicht besser. Wer kennt noch "Wovoka" von Redbone? Geistertanz: Wenn wir die "Linke" nur genug wählen, dann kehren die Büffel und die Arbeitsplätze zurück.
OT
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Wenn ich das Wort "lecker" höre (oder lese), entsichere ich meine Kultur.
Bei Scheffkoch.de, in Kochschohs, am übelsten in Reiseprospekten (Wirtshäuser). Infantil, pöbelhaft.
>6 leckere Kaffee-Alternativen
Früher gab es Kaffee und Bohnenkaffee, denn Bohnenkaffee hat Valuta gekostet. Jetzt sind wir also wieder bei Kaffee.
Und was zum Teufel hat Tina Fuchs (Stuttgart) da im Gesicht. Mit sowas kann man nur irgendeinen öffentlich bezahlten Job machen.
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