Dienstag, 15. November 2011

NSU-Terror: Die Blackbox des Bösen


Also doch. Nach einer MP3-Datei, die PPQ über das Internet zugespielt wurde, hatten nicht alle außenstehenden Überwacher den Kontakt zur terroristischen Sadistenzelle NSU keineswegs verloren. Vielmehr deutet das stark komprimierte Audiofile darauf hin, dass das von den beiden Mördern als Fluchtfahrzeug benutzte Wohnmobil Marke „Sunshine“ von den Behörden oder aber einer konkurrierenden Landguerillatruppe verwanzt worden war.

Bis zuletzt zeichnete ein hochtechnisiertes Horchkommando per akustischer Raumüberwachung auf, was im Wohnmobil gesagt und getan wurde. Hinweise darauf, dass auch eine optische Überwachung stattfand, gibt es bislang nicht, dagegen sind die kurzen, ruppig wirkenden Dialoge aus der finalen Phase des NSU-Dramas gut zu verstehen.

Wir dokumentieren die letzten Minuten von der Blackbox des Caravans, der zum Zeitpunkt der Aufzeichnung im Eisenacher Ortteil Stregda stand. Dabei handelt es sich um ein Neubauviertel, was ursprünglich als Bandrauschen gedeutet wurde, ist das Geräusch der Fahrzeuge, die auf der nahen E40 verkehren. Nach dem Zeitcode in der Datei setzt der Mitschnitt um 9.51 Uhr mit einem quietschenden Laut ein, bei dem es sich nach Ansicht von Audio-Analysten um das Geräusch der sich öffenen Caravan-Tür handelt. Im Wagen sind offenbar zwei Männer, leider heißen beide Uwe, nur gelegentlich spricht der eine den anderen mit „Böhni“ an.

Mensch, Uwe, macht das Brett zu.

Ja, jajaja, ich wollte nur…

Was wolltest du, Mensch, komm rein und mach zu.

Da war eine Frau, die hat herguckt.

Ist doch egal, in zwei Minuten sind wir weg. Die kann uns mal.

Weißweißweiß, ich dachte, Nummer sicher.

Wenn Du denkst, dann wird es gefährlich. Kipp lieber mal aus, ich will wissen, wieviel wir haben.

Das hat Zeit, wir können es doch sowieso nicht ändern. Fahr lieber los.

Wenn Du keine Lust zum Zählen hast, dann fahr Du lieber und ich zähle.

Wie Du willst, Uwe. Aber dann brauche ich den Schlüssel. Wollen wir nach Hause fahren oder was? Wohin?

Nach Hause natürlich, dann sind wir zum Mittagessen da. Beate wartet doch. Aber den Schlüssel hast Du.

Hab ich nicht. Hör auf mit deinen blöden Scherzen. Gib ihn her, ich fahre.

(Knacken, rascheln, knistern) Ich habe ihn nicht.

Ein Witz, oder? Soweit ich mich erinnern kann, bist Du gefahren.

Aber ich habe…

Nichts hast Du. Du bist gefahren, Du hast den Schlüssel. Mann, mach hinne, wir müssen hier weg.

Mir war vorhin so, naja. Ich hatte ihn in der Jackentasche, aber als wir das raus sind und zu den Fahrrädern, da dachte ich kurz, ich hätte was verloren.

Du hast den Schlüssel verloren? Hast Du sie noch alle? Sollen wir nach Hause radeln oder was? Alter, das sind achtzig Kilometer oder so. Ich bin doch nicht blöd. Heiße ich Lance Armstrong oder wie? Nee, Böhni, das kannste mal schnell vergessen.

(Gardine ratscht) Ich glaube, die Alte kuckt immer noch hierher.

Zeig mal.

Die kuckt. Die hat uns gesehen.

Soll ich sie umlegen?

Ey, Uwe, Du kannst nicht immer alle gleich umlegen. Außerdem hört das das ganze Viertel und wir haben kein Auto zum wegfahren.

Dann knacke ich uns eins.

Das ist Quatsch. Die ollen leute hier die hängen um die Zeit alle am Fenster. Die sind doch alle arbeitslos, die haben alle nichts zu tun. Wenn Du hier ein Auto knackst, ist die Bullerei schneller da als du Alarm sagen kannst.

Wasn dann, Mann, nun sag schon was?

Tja, Uwe, da braucht mal ein bisschen Hirn oder. Bisschen was, was Dir fehlt. Scheiße Mann, ruf Beate an. Die soll herkommen und und abholen. Wenn sie hinnemacht, ist sie in einer Stunde hier. Bis dahin haben die Bullen noch nicht mal rausgekriegt, in welche Richtung wir weg sind.

Hast du die Nummer?

Hast Du die Nummer, hast Du die Nummer. Wie ein Kleinkind. Mann, wie mich das nervt. IPhone muss, aber dann „Hast Du die Nummer“. Mann, Uwe, werd erwachsen. Gib her.

(Handytastentöne, offenbar zehnstellig) Beate, hey. Du musst uns… jajaja, Problem, Problem, kleines Problem. Du musst uns holen. Nein, das hat alles geklappt. Aber Uwe hat, klingt blöd, aber er ist eben blöd, der hat den Autoschlüssel verloren. Wir kommen nicht weg. Ja, in Eisenach, Ortteil Stregda. Gleich an der Autobahn. Nein, nichts zu sehen.

(von hinten) Aber sone Oma kuckt her. Die kuckt immer noch.

Klappe, Böhni.

Ja, mach Dich gleich los. Wir warten. Liebe Dich. Küsschen. Bis dann.

Kuck doch mal, die kuckt.

Lass sie kucken. Haben wir irgendwas zu Essen da? Bier? Das dauert jetzt ne Stunde.

Glaube nicht. Holgi hat das Teil leer gemietet.

Typisch. Was macht die Tante? Die Olle?

Steht da und kuckt. Oder warte, jetzt telefoniert sie. Fuckfozze. Die ruft doch die Bullen. Soll ich sie nicht doch…

Mann, Uwe, reiß Dich. Gewalt ist keine Lösung, wenn Du das mal notieren würdest.

Kann man so eine Karre nicht kurzschließen? Im Film schließen sie die Karren immer kurz.

Schlauberger. Was machst Du denn mit der Lenkersperre? Kurzschließen. Ein Depp. Vorn nächsten Baum.

Da kommt jetzt eine Bullentaxe.

Lass sehen.

(Gardinengeräusch)

Siehste.

Zwei Mann.

Soll ich sie umlegen?

Du und dein ewiges Umgelege. Es kotzt mich so an, seit Jahren schon. So kann man doch nicht durchs Leben gehen.

Aber die kriegen uns. Wiwiwiwiwillst Du hier sitzen und zukucken, oder was?

Warum nicht? Ist doch eh´ alles Scheiße! Wir tun und machen und das seit Jahren und was hat man davon? Der Idiot verliert den Schlüssel. Da kannste Dir nur noch in Kopp schießen, ey. Ist doch wahr.

Ist doch nicht Dein Ernst. Kopp schießen. Ein Blödvogel. Mann, wir haben noch nicht mal die Bekenner-DVDs losgeschickt!

Mir doch egal. Mal ehrlich, Uwe, glaubst Du, dass das alles noch einen Sinn hat? Die ganze Klauerei, das Gefummel an den DVDs, ewige Jahre. Und dann weiß man nicht mal, ob man den Film in einem Format gebrannt hat, wo ihn so ne Linkentussi auch abgespielt kriegt in ihrem Büro-PC. Wenn Du mich so fragst, neee, manchmal glaube ich sogar, von Rechts wegen müssten wir sogar bei Mirisch G-E Productions fragen, ob wir deinen Scheiß-Panther einfach so nehmen dürfen für den Film. Die haben ja die Rechte da dran und als richtige Rechte müssten wir...

Komm Uwe, laber nicht. Ich weiß, dass Du den Panther nicht magst. Aber weiß Du was, Uwe? Das ist mir scheißegal. Die beiden Bullen steigen nämlich jetzt aus und kucken hierüber. Der eine funkt irgendwie. Der andere redet mit der Ollen. Ich hätt sie umlegen sollen.

Hast Du aber nicht. Und nun ist es zu spät. Die haben bestimmt Verstärkung rangefunkt. Tja, mein Alter, das wars dann wohl.

Aber wir können die doch umlegen. Erinnere dich mal, Butch Cassidy und Sundance Kid in dem Film damals, Newman und Redford, wie sie sich den Weg freischießen. Der Schlussakkord, Alter. Bambadam!

Scheißschlussakkord. Wir müssen Beate anrufen. Die muss aufräumen. Die Beweise müssen weg.

Und die Bekenner-DVDs muss sie losschicken. Und die ganzen Knarren verbrennen, da liegt die ganze Bude voll.

(Handywählgeräusche) Was machen die Bullen?

Stehen nur so da.

Beate? Beate, scheiße. Die haben uns. Ja, zwei Bullen, Streifenbeamte. Nee, hab ich ihm verboten. Warum? Na darum eben. Schnauze voll. Nee, dreh rum. Das dauert hier höchstens noch eine Stunde oder so, dann haben die uns umstellt. Zu Fuß? Bin ich Waldemar Schiepinski oder wie? Oder wie der heißt? Ich renne nicht weg. Böhni? Ja, Böhni will sich den Weg freischießen. Ich hab nein gesagt.

(von hinten) Du hast mir nichts zu sagen!

Ist ja gut. Beate, Du musst, ja, verbrenn es. Die ganzen Waffen, auch die Gewehre. Gas geht am besten, einfach aufdrehen. Wie wirs besprochen haben. Die DVDs liegen im zweiten Schubfach, Umschläge auch. Musst Du nur noch zur Post bringen. 1,44 muss da drauf, oder 1,45, weiß ich jetzt…

1,44.

Halt die Klappe, Uwe. Du gehst mir auf den Sack.

Ist aber 1,44, das weiß ich genau.

Schnauze Mann, Du nervst extrem.

Nein, nicht Du, Liebes. Du nervst nicht. Böhni dreht frei. Depp der. Ja, wir kucken mal. Kopf hoch. Zur Not eben Zack. Ist mir auch egal. Und Du? Muss Du nicht. Schick die Dinger ab, zünde das Haus an, färb Dir die Haare. Und sag Holger, er soll das Drehbuch für den Panther-Film ja nicht wegwerfen. Nur damit kann er beweisen, dass er richtig dabei war. das wars dann, oder. Ja, liebe Dich auch. Küsschen. Bis dann.

Hast Du sie noch alle?

Wie redest Du denn mir mir.

Ich rede mit Dir, wie ich will. Denn das hört sich für mich genau an wie ein Pisser, der sich verpissen will.

Uwe, Uwe, Uwe. Man muss wissen, wann es vorbei ist. Und nicht immer diese Verbalinjurien!

Ach, hör doch auf! Wir haben so viele umgelegt, da können wir jetzt auch weitermachen. Mann, wir haben das Geld, die wissen nichts von uns, gar nichts.

Ich fände es aber besser, wenn wir jetzt einfach den Wohnwagen anzünden, dann erschießt du mich und ich erschieße dich und gut.

Bin ich blöd, oder was?

Also wenn du so fragst…

Mann, ey, halt Dein Maul.

Gleich.

Was meinst Du mit gleich? Mal im Ernst, Alter. Wie willst Du denn die Karre anzünden. Und vor allem warum?

Halt einfach so. Das macht man so. Da geht’s darum, Spuren zu verwischen. Das ist natürlich zu hoch für dich.

Ach, das ist zu hoch für mich, ja? Nicht zu hoch für ist, dass ich weiß, wenn Beate die DVDs losschickt, wissen die sowieso Bescheid. Warum also hier alles anzünden? Und noch mal: Womit denn bitte?

Anzünden hat Stil. Beate zündet an, wir zünden an, dann verschicken wir die Bekennervideos. Das knallt. Wirste sehen.

Werd ich nicht, sagste doch gerade.

Walhalla, Alter, Walhalla!

Ach, Uwe, Du mit Deinem Gespinne immer. Lass uns lieber abhauen. Ich lege die um und wir hauen ab. Das hat doch immer geklappt.

Echt, Böhni, ich mag nicht mehr. Erschieß mich. Mach ein Ende.

Und was wird dann aus mir? Ich bleibe hier alleine oder was? Vergiss es.

Dann erschieß ich Dich und Du erschießt mich.

Hahaha. (Gardinengeräusch)

Du, das geht! Wir machen es auf drei, dann drücken wir ab, hier Stirnmitte.

Meinetwegen, dann eben so. Aber zähl' nicht so schnell, ich habs nicht so mit der Mathematik.

Halthalt, warte noch. Den Wagen anzünden, wir müssen doch den Wagen noch anzünden. Kucken die noch?

Ja.

Komm ma hier rüber, schneid mal hier auf. Du hast doch den Dolch dabei.

Immer. (Ratschgeräusche)

So, nun gib mal Feuer. (Feuerzeugklicken) Siehste, das Zeug brennt wie Mist. Plastikkram. Stinkt, aber macht Flamme.
Wie spät isses?

Dreivorzwölf.

High Noon.

High Noon. Dann lass krachen. Auf drei, ja?

Auf drei. Machs gut, Uwe.

Machs gut, Uwe.

(zwei Stimmen) Eins. Zwei,

Warte, warte. Drücken wir auf drei oder nach drei?

Auf drei.

Wir sagen also eins, zwei und statt drei drücken wir?

Statt drei drücken wir.

Statt drei. Also nun. Machs gut, Uwe.

Machs gut, Uwe.

(zwei Stimmen) Eins. Zwei. (Schussgeräusch)

Ein Land schreibt einen Thriller:
NSU: Was wusste Google?
Doku Deutschland: Verfassungsschmutz
Kommando späte Reue
Die tödliche Bilanz des braunen Terror
Hasskappe gegen Heimsieg
Wenn Frauen Krimis schreiben
Mordspur nach Möhlau



Die übrigen Restwahrheiten über den erfolgreichen Kampf gegen rechts deckt Eulenfurz auf.

2 Kommentare:

eulenfurz hat gesagt…

Endlich mal eine plausible Darstellung des Untergangs der braunen Untergrundarmee. Was ich allerdings vermisse, ist der Hinweis auf die immer wertlosere Bankraubbeute, welche bei den beiden Rechtsterrorfürsten zu unheimlichen Depressionen führte.

ppq hat gesagt…

schöne ergänzung! habs oben reingebaut.

ich finde, durch das abhörprotokoll ist nun endlich klar, warum die täter so handelten