Samstag, 21. Dezember 2013

HFC: Mehr Pierre wagen

Als es vorüber ist, ist das Erwartete eingetreten. Der Hallesche Fußballklub steht zur Winterpause auf einem Abstiegsrang, statt im gesicherten Mittelfeld den frühen Klassenerhalt anzuvisieren, ist die Zwischenbilanz noch einmal drei Plätze schlechter als die in der vorigen Saison.

Allerdings hätte es im letzten Spiel anno 2013 nicht so kommen müssen. Beim Staffelfavoriten RB, in der Vergangenheit einer der liebsten Gegner der Hallenser, präsentiert sich die zuletzt eher glück- als kraftlose Mannschaft von Trainer Sven Köhler anfangs aufgeräumter in Stimmung. RB drückt, Halle aber kontert durchaus vielversprechend. Nach fünf Minuten aber folgt der gewohnte Nackenschlag, als Daniel Frahn aus klassischer Mittelstürmerposition das 1:0 macht, nachdem in Poulsen per Kopf angespielt hat. Für eine Minute jubelt seine Elf, für zwei Minuten jubeln auch die Brausefans im Stadionrund. Dann protestieren die HFC-Spieler. Dann erhört sie Schiedsrichter Daniel Siebert. Kein Tor, die Anzeigetafel muss zurück auf Null gestellt werden.

RB steckt jetzt zurück, der HFC versucht, über Akaki Gogia offensiver zu werden. Gefährlich aber werden die diesmal mit Björn Ziegenbein im zentralen Mittelfeld neben Pierre Becken aufgelaufenen Hallenser nur bei Standards und auch da wie immer nur selten. Ein Kopfball von Kristian Kojola nach einer Ecke von Sören Bertram bringt mit einem Pfostentreffer die größte Annäherung an ein Tor für die Gäste.

Die spielen gut, das aber vor allem weil RB keine Mittel findet, die meist sehr sicher stehende Abwehr auszuhebeln. Und gelingt es doch einmal, geht die Fahne hoch wie nach einem zweiten Treffer von Frahn. Wieder abseits. Die HFC-Fans unter den 20.300 im Stadion sind zur Pause zufrieden, hier ist noch alles drin und die befürchtete Klatsche weit und breit nicht in Sicht.

 
Bis RB dann, von den Rängen immer wieder durch wunderliche "RTL"-Rufe angefeuert, nach der Pause das Tempo verschärft. Halle ist jetzt sichtlich aus dem Spiel, mehr als hin und wieder ein harmloser Schuss weit über das Tor kommt nicht. RB berennt das hallesche Tor, in der 51. Minute dann auch mit Erfolg. Eine Flanke von rechts erwischt Kojola nur mit dem Oberarm, der Ball tropft ihm nicht auf den eigenen Fuß, sondern er rollt Richtung Elfmeterpunkt. Dort hat Kaiser keine Mühe, ihn unbedrängt unter die Latte zu nageln.

Wenigstens bricht auf Halle-Seite danach nicht alles zusammen. Gogia müht sich, Bertram läuft, wie er kann, Schmidt sucht die Zweikämpfe. Und in der 63. Minute, als der fleißige, aber lange Zeit auf sich allein gestellte Timo Furuholm sich rustikal auf rechts durchsetzt und den inzwischen von Köhler nach dem Motto "Mehr Pierre wagen" für Ziegenbein eingewechselten Pierre Merkel mustergültig bedient, scheint die Belohnung in Sicht. Der Ex-Braunschweiger steht sieben Meter vor dem leeren Tor. Er müsste den Ball nur umlenken. Stattdessen versucht er aufwendig, ihn anzunehmen und sich zurechtzulegen. Ehe er zum Schuss kommt, sind zwei Gegenspieler da.

Es ist die bis dahin klarste Tormöglichkeit im ganzen Spiel und sie wird auf eine Art vergeben, die kläglich zu nennen noch ein Lob wäre. Wie es richtig geht, zeigt RB beinahe im direkten Gegenzug: Ballverlust von Furuholm, schnell überbrücktes Mittelfeld, langer Pass auf Poulsen, der umkurvt Kleinheider, den dritten Pierre im Halle-Dress. Und vollendet.

2:0 statt 1:1, Kopfschütteln beim mitgereisten halleschen Anhang, dem ein Großaufgebot an Polizei Anreise und Eintritt zu einem echten Erlebnis hatte werden lassen. Nun steht Pierre Merkel unangefochten im Mittelpunkt des Interesses, jeder seiner Versuche, einen Ball anzunehmen oder weiterzuleiten, wird höhnisch kommentiert - und das auch noch völlig zurecht.

Sven Köhler steht währenddessen draußen an der Linie und beobachtet den Untergang der Truppe, von der er gehofft und versichert hatte, sie sei besser als die der Vorjahre. Besser? Besser frisiert, das steht fest. Doch was sie auf dem Platz zeigt, ist auch jenseits der erneuten Negativ-Gala des Pierre Merkel nur Stückwerk. Gogias Tricksereien, Furuholms handfestes Drücken, Schmidts eifriges Draufgehen, Bertrams Spielwitz-Versuche und Beckens wie Ziebigs rustikales Defensivspiel laufen immer irgendwie nebeneinander her. Nichts ergibt ein Gesamtbild, selbst die Freistöße und Ecken, von denen es einmal mehr verschwenderisch gibt, erzeugen irgendeine geplant wirkende Torgefahr.

RB muss nun gar nicht mehr bangen. Jeder im Stadion sieht, dass das Spiel entschieden ist. Auch Sven Köhler schätzt das wohl so ein, denn einmal mehr erspart er sich den Versuch, mit den zwei weiteren möglichen Einwechslungen Einfluss auf den Spielverlauf zu nehmen. Zorniger auf RB-Seite dagegen wechselt und vielleicht auch deshalb wirkt seine Mannschaft in den letzten zehn Minuten viel frischer als die abgekämpften Betram, Schmidt und Furuholm, die bei jeder Spielunterbrechung mit den Händen auf die Knie gestützt um Luft ringen.

Dass es noch einmal ein bisschen spannend wird, könnte auch daran liegen: Tony Schmidt fällt fünf Minuten vor dem Abpfiff im Strafraum hin, Bertram verwandelt den fälligen Strafstoß. Passt auch: Der Elferschütze vom Dienst ist damit der erfolgreichste HFC-Torschütze.


Statt einer bedingungslosen Schlussoffensive, wie sie die HFC-Bank händerudernd fordert, erscheint dann unten auf dem Rasen auch nur der Schatten eines Sturmlaufes. RB hat jetzt Zeit, der HFC immer noch keine Idee. Am Ende dann eben das Erwartbare: Pierre Merkel hatte in seiner halben Stunde acht Ballkontakte, achtmal hat er den Ball dabei verloren oder verstolpert. Der Mann, der Anfang der Saison als Stürmer Nummer 1 gesetzt war, beendet das Jahr ohne Torerfolg in der Liga, seine Mannschaft rutscht durch auf einen Abstiegsplatz.

Das Gute daran: Jeder sieht, dass es so in der Rückrunde nicht mehr gegen den Abstieg geht, sondern nur noch darum, wann er feststeht.


Damals wars


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"RTL" gegen "Schämieeeeeeee" ... hat doch was ;)

DKF hat gesagt…

Auch wenn es mir schwer fällt Merkel nach diesem Spiel in Schutz zu nehmen, aber er hat vereinzelt mal ein paar Bälle festgemacht. Die Behauptung acht Ballkontakte entsprächen acht Ballverlusten ist also eine Mär.