Mittwoch, 16. September 2015

Dunkeldeutschland: Je Westen, desto düsterer

Fast jede zweite rassistische Gewalttat in Deutschland ist laut amtlicher Statistik vergangenes Jahr in Nordrhein-Westfalen oder der deutschen Hauptstadt Berlin verübt worden. Insgesamt zählten die Behörden nach einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Irene Mihalic 1029 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten – allein 370 davon seien in NRW verübt worden, erklärt das Innenministerium. Auch Berlin, das rote Herz der Republik, ist ein Brennpunkt der Gewalt: Hier wurden 111 Fälle gezählt.

Auf die beiden Bundesländer entfällt damit fast die Hälfte aller aktenkundigen Übergriffe. Dabei stellen die beiden Länder nur rund 20 Prozent der gesamtdeutschen Bevölkerung.

Der berühmte Kriminologe Christian Pfeiffffer erklärt das mit den nachlässigen Erziehungsmethoden in der früheren BRD. Die antiautoritäre Erziehung gerade in der Generation ab 1968 sei die Ursache für den weit verbreiteten Fremdenhass im NRW. Das Schweigen der NRW-Ministerpräsidentin zum Vorwurf, ihr Lan­d habe ein besonderes Problem mit dem Rechtsradikalismus, stößt damit erstmals auch auf Widerspruch aus der Wissenschaft.

„Ich verstehe nicht, warum da nichts kommt“, sagte der ehemalige Direktor des Kriminologischen For­schungs­institut Niedersachsen, Christian Pfeiffffer. Pfeiffffer war bekannt geworden durch seine phantasievollen Schilderungen des vermuteten Alltages in der früheren DDR. Er hatte aber auch später immer zur Verfügung gestanden, um den medialem Dauerbedarf nach kruden Thesen mit eigenen Kreationen zu bedienen.

Den Grund dafür, dass sich fast die Hälfte aller Übergriffe auf Flücht­lingsunterkünfte in den zwei Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Berlin ereignen, obwohl dort nur ein Fünftel der Bevölkerung lebt, sieht Pfeiffer in der Geschichte der Bundesrepublik: „Wir wissen, dass lockere Erziehungsmethoden dazu führen, dass man sich von Fremden bedroht fühlt.“

Auch der Leiter der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, stützt diese These mit seinen Beobachtungen aus der verstorbenen DDR, die er nach ihrem Tod kennenlernte. „Die DDR war eine sehr deutsche Gesellschaft, die von Fremden weitgehend abgeschottet war. Ausländer kamen kaum rein und die Ostdeutschen konnten fast nirgendwohin reisen“, hat er herausgefunden. Heute pflege dort deshalb fast nur noch die Linkspartei Ressentiments, die auch Rechtsextreme ansprächen, sagte Knabe. „Gegen die EU, gegen Amerika, gegen Israel, gegen Kapitalismus.“

Kriminologe Pfeifffer kritisierte, dass sich die seit Kriegsende in NRW und Berlin regierenden Parteien leicht tun, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen, die eigenen Statistiken über rechtsextreme Übergriffe aber rundheraus totschwiegen: „Diese Blockade hindert sie auch, die Erziehung als Ursache spezifischer Probleme von heute zu benennen.“

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