Donnerstag, 30. November 2017

Terror-Offizier und falscher Syrer: Ende im Kleingedruckten

Die Optik kann man immer mal wieder nehmen: Franco A. bei Bild Online im Juni und im November.
Fast pünktlich zum 20. Aprilo gelang der große Schlag gegen Asylbetrüger: Mit Franco A. flog ein falscher Deutscher als Flüchtling auf, der kein Wort Arabisch sprach, dafür aber einen festen Job bei der Bundeswehr hatte. Und große Pläne, wie das Bundeskriminalamt (BKA) und der Militärische Abschirmdienst (MAD) mitteilten. Franco A. hatte versucht, mit einer bei einem Besuch in Österreich in einem Putzschacht in einer Toilette auf dem Wiener Flughafen Schwechat zurückgelassenen historischen Pistole vom Typ Unique Modell 17 Terroranschläge in Deutschland zu verüben. Um Ausländer in Verruf zu bringen, hatte er zudem geplant, seinen Terrorakt als Syrer zu verüben und sich deshalb Ende Dezember 2015 in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen (Hessen) registrieren lassen.

Rechtsterrorismus von langer Hand geplant, nachweisbar mit Hilfe von "Whatsapp-Chats" (DPA), die die Fahnder sicherstellen konnten, obwohl sie verschlüsselt waren. Doch auch dieser Durchbruch bei der Kryptografie nützte offenbar nichts: Sieben Monate nach der Verhaftung des falschen Syrers hat der Bundesgerichtshof den Haftbefehl gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. aufgehoben. Der Verdacht, A. habe aus rechtsextremen Motiven Anschläge auf Politiker verüben wollen, habe sich demnach nicht erhärtet. Die Ermittlungsergebnisse ließen nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, so der BGH, dass A. eine Straftat habe begehen wollen, um den Tatverdacht anschließend auf Asylbewerber zu lenken. Dagegen spreche unter anderem der Umstand, dass er unter seiner wahren Identität im Februar in Wien seine Fingerabdrücke habe abgeben müssen.

Ein "Rückschlag für die Ermittler" (Spiegel), und nicht einmal der erste. Im August hatten die Fahnder bereits den Terror-Druiden Burgos von Buchonia auf  freien Fuß setzen müssen, dem im Januar vorgeworfen worden war, "auf einem abgelegenen Campingplatz gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin gewohnt" (Stuttgarter Zeitung) und von dort aus gemeinsam mit sechs mutmaßlichen Komplizen die Gründung einer rechtsterroristischen Vereinigung vorbereitet zu haben, die Anschläge auf Juden, Asylbewerber und Polizisten geplant habe.

Dafür gebe es keine Anhaltspunkte, teilte die Bundesanwaltschaft acht Monate später fest, die Nachricht jedoch erreichte nicht mehr alle angeschlossenen Funkhäuser.  Im Tagesspiegel etwa, in dem anlässlich der Verhaftung des Terror-Predigers noch der "Hass loderte", fand sich kein Platz für die Nachricht von der Freilassung ohne Anklage.

Dem wegen Terrorverdachts inhaftierten Bundeswehroffizier Franco A. droht dasselbe Schicksal: Wo der Bundesgerichtshof darauf verweist, dass die "Ermittlungen keine bedeutsamen neuen Umstände erbracht, die den Beschuldigten belasten und die Tatbegehung wahrscheinlicher machen könnten", dichtet die Taz tapfer, "ein Attentatsplan lasse sich bisher nicht nachweisen", als sei da in Bälde mit anderslautenden Neuigkeiten zu rechnen. Der "Spiegel" nennt den Mann trotzig weiter "terrorverdächtig", die SZ fantasiert über ein "Doppelleben" und "Bild" weiß mehr als die Ermittler: "Franco a. plante eine Anschlag" heißt es da.

Es war nicht so, wie wir alle geschrieben haben. Aber das merkt doch keiner! Einen Eindruck von den genauen Umständen gewinnt, wer die Pressemitteilung des BGH liest. Journalismus besteht auch in diesem Falle wieder daraus, möglichst viele Details daraus wegzulassen und den Rest so umzuschreiben, dass er den von einem selbst gewünschten Eindruck erweckt. Das Ergebnis wird dann als Premium-Produkt angeboten.

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