Mittwoch, 19. August 2009

Thierse im Tieftauchgang

Klare Sache, sagt Uwe Biermann bei "welt.de", kann das Entchen nicht schwimmen, ist das Wasser schuld. Und kann die SPD nicht die Wahl gewinnen, weil sie vor allem Dienstwagen fährt, ihre Mitverantwortung für die Finanzkrise zu verstecken sucht und einen Kanzlerkandidaten präsentiert, der so erfrischend ist wie altes Massageöl, müssen die Medien dran glauben.

So hat es Wolfgang Thierse, der große alte Talibanbart-Träger der deutschen Volksdemokratie beschlossen und so soll es sein. "Der journalistische Zeitgeist ist nach rechts gerückt", orakelt der Mann, der Zeit hat, jeden Tag sieben Zeitungen zu lesen: "Ein Großteil der Kommentatoren schreibt die SPD ab und ihre Niederlage herbei", findet er. Das machen die absichtlich, natürlich, gerade die Zeitungen tun das, die der SPD gehören. Ebenso wie die Umfrageinstitute absichtlich so schwache Zahlen für die deutsche Sozialdemokratie herbeifragen.

Thierse, der sich nach Ansicht seines früheren Vorsitzenden Kurt Beck auch "Rasieren und waschen könnte und dann vielleicht Aussicht auf einen Job" nach der Politik hätte, kennt den Ausweg: "Weniger häufige Umfragen", dann klappts auch wieder mit dem Wahlsieg. Was das Volk nicht weiß, macht das Volk nicht heiß! Denn derzeit, so der frühere Bürgerrechtler, von dem zum Abbau der Bürgerrechte durch Internetzensur, Datenspeicherung und wachsende Überwachung kein Zitat überliefert ist, gebe "das Stakkato der Umfragen nicht nur Stimmungen wieder, sondern erzeugt und verstärkt sie auch". Am Ende stehe eine "Stimmungsdemokratie", die Thierse nur gut finden kann, wenn sie Vorteile für seine Partei hat - hat sie die nicht, beklagt er "Sachthemen" seien "immer schwerer zu kommunizieren".

Da hat er mal recht, der Sozialdemokrat, der als die drei Politikangebote der SPD die "Massenarbeitslosigkeit im Zentrum der Wahlauseinandersetzung", das Versprechen "mehr Geld für Bildung ausgeben" zu wollen und eine "seriösere Finanzpolitik als Schwarz-Gelb" nennt und dabei mit Absicht Inhalt und Etikett verwechselt: Gegen Massenarbeitslosigkeit zu sein, schafft keinen Arbeitsplatz, mehr Geld für irgendwas ausgeben würden wir alle gern, können wir aber nicht, weil es alles andere als seriöse Finanzpolitik wäre, auf der familiären Ebene gesehen.

Das Echo auf Thierses verzweifelte Medienschelte ist entsprechend. Verheerend. "Kaufen, was einem die Kartelle vorwerfen; lesen, was einem die Zensoren erlauben; glauben, was einem die Kirche und Partei gebieten", kommentiert "Such die Maus" bei der Welt, die den gegenwartsskeptischen Spruch sogar stehen lässt: "Beinkleider werden zur Zeit mittelweit getragen. Freiheit gar nicht."

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Man sollte die Taliban nicht mit Thiersevergleichen herabsetzen. Es sind zwar moderate Schurken und Schlächter haben das aber nicht verdient.

VolkerStramm hat gesagt…

Na, ja, ein wenig hätte die WELT sich (wieder mal) lächerlich gemacht, hätte sie das Tuchalsky-Zitat gelöscht.

binladenhüter hat gesagt…

erstmal erkennen!