Donnerstag, 1. Juli 2010

Wohlstand weggefrühstückt

Als Polterer, Fremdenfeind und Pulloververkäufer wird Thilo Sarrazin am liebsten durchs Dorf getrieben. Der früher als "Sparminator" gerühmte Ex-Finanzsenator ist mal ein "Brandstifter", mal scheinheilig, immer aber werden seine scharf vorgetragenen Thesen nicht inhaltlich diskutiert, sondern allenfalls in ihrer Tonart kritisiert. Dann soll der Mann, der 1990 die deutsche Währungsunion vorbereitet, aus der SPD geworfen werden, seinen Bundesbank-Posten verlieren, sich entschuldigen und Abbitte bei "Betroffenen" leisten.

Das wird ihm diesmal nicht passieren, auch der 65-Jährige erneut Klartext spricht. Die FAZ hat Thilo Sarrazin zu seiner Sicht auf die Einführung der D-Mark in der DDR vor 20 Jahren gebeten - und Antworten bekommen, die, langsam gelesen, viele Rätsel lösen, über die viele Menschen seit dem 1. Juli 1990 anhaltend nachgrübeln. Warum musste das so schnell gehen? warum musste das DDR-Geld 1:1 in Westgeld getauscht werden? Weshalb fühlen sich heute so viele als Verlierer? Und wo ist er geblieben, der Wohlstandszuwachs, den der Westen bis zum Anschluss der DDR wie selbstverständlich wegfrühstückte, weil er wusste, dass es nächstes Jahr neuen geben würde.

Sarrazin braucht nicht viele Worte, um die Gemengelage zu klären: Verlierer der Währungsunion seien "eindeutig die Westdeutschen als Kollektiv", sagt er. "Die Kraft, die in die Finanzierung Ostdeutschlands ging, fehlte im Westen allenthalben im Straßenbau, in der Bildung und in anderen Bereichen." Der Osten forderte einen "Verzicht auf Wohlstandszuwachs", der Westen gab ihn gern. Mit Folgen, wie der Bundesbanker beschreibt: "Das Realeinkommen der Arbeitnehmer liegt in Westdeutschland heute trotz des Wachstums der Wirtschaft nur etwa auf dem Niveau von 1990." Die Verlierer im Osten seien dagegen "viele von denen, die sich in der DDR etabliert hatten und 1990 älter als 30 Jahre waren, aber noch zu jung, um Rente zu beziehen. Sie verloren ihre Arbeit, ihre gewohnte Orientierung, sie hatten nicht die Zeit in ihrem Leben, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen."

Eine goße Wahrheit, die zeigt, dass Deutschland längst viel mehr zusammengewachsen ist als allgemein bekannt, wenn auch anders, als allgemein gewünscht. die schlechte Laune immerhin ist überall dieselbe, wenn auch das Gefühl, betrogen und belogen worden zu sein, unterschiedliche Anlässe zu seiner Legitmation heranzieht. "Alle zusammen", sagt Sarrazin, "trauern so mit gutem Grund den guten alten Zeiten nach". Nie wieder besser werden wird es, denn was da schmerzt, ist eine Wunde an einem Finger, der längst nicht mehr da ist. Verbinden geht nicht, amputieren war schon. Über kein anderes Sarrazin-Interview wird so wenig gesprochen werden wie über dieses, das Sarrazin mit einem Augenzwinkern verlässt: War die deutsch-deutsche Währungsunion vor zwanzig Jahren ein Fehler?, wird er gefragt und er sagt "Nein." War die europäische Währungsunion ein Fehler?, heißt es dann und er sagt: "Hätten Sie mich 1998 gefragt, hätte ich nein gesagt."

17 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Er hat nicht ein einziges Mal Autobahn gesagt, sondern Straßenbau (1x). Und Straßenbahnfahrt (1x).

Anonym hat gesagt…

Ein Bankfachmann wie Sarrazin weiß natürlich, dass die DM nur deshalb so schnell eingeführt wurde, um der schwachen DDR-Wirtschaft den endgültigen Todesstoß zu versetzen. Das "Kollektiv der Westdeutschen" bekam dadurch tatsächlich eine Gnadenfrist, ihre Wirtschaft noch so 10 Jahre halbwegs aufrecht zu erhalten.
Sarrazin lügt nicht. Er babbelt so vor sich hin. Nu ja.....

ppq hat gesagt…

richtig ist, dass die d-mark in den osten musste, weil sonst die ostler in den westen gekommen wären.

arzt in leipzig 1990 monatseinkommen 1400 ddr-mark - zieht er nach braunschweig, hat er schlagartig sozialhilfeanspruch von 1000 westmark oder umgerechnet 6000 bis 7000 ostmark - dreimal soviel!

was willste da machen?

Anonym hat gesagt…

meine gott.. sie sind ja richtig verliebt in den schleimer.. aber das is ja eh was den konservativen abspritzen lässt: in der vergangenheit rumwühlen.. wenn man euch nur mal die denkverbote abschnallen würde, ihr könnte die menschen bis nächste woche in eine herrliche superintelligente vorzeigerasse umformen die im ewigen wohlstand vor sich hinvegitiert.. ich sehs schon richtig vor mir

vakna hat gesagt…

"Denn wären wir diesen Schritt nicht gegangen, hätten wir eine innerdeutsche Zollgrenze aufbauen müssen und das Recht der DDR-Bürger auf Leistungen als vollwertige Bundesbürger bestreiten müssen."

Soll heißen, nach Jahrzehnten des Alleinvertretungsanspruchs hätte man den DDR-Bürgern sagen müssen: "Sorry, war politisch motiviert, können wir jetzt nicht mehr so machen."
Auch war die Gefahr zu groß, die Ostdeutschen könnten sich selbst aus der Scheiße hervorarbeiten und dann mit neuem Selbstbewußtsein Forderungen für eine Wiedervereinigung stellen, oder gar keine mehr wollen.
Die schnelle Übernahme sicherte dagegen das politische System der BRD.

vakna hat gesagt…

@Anonym:

Na klar "wühlen" Konservative in der Vergangenheit herum. Die meisten versuchen sogar, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen.

Nur dumpfe Gesellen interessieren sich nicht für das, was war.

ppq hat gesagt…

@ anonym: den quatsch kommentiere ich jetzt mal nicht. das macht er für sich selbst ganz gut.

Kurt hat gesagt…

Vakna ist zuzustimmen. Außerdem haben die Gewerkschaften der ehemaligen BRD eine wichtige Rolle gespielt. Denn ein Niedriglohnsektor bei gleichzeitiger Gewerkschaftsmüdigkeit (damit also echte, selbstbestimmte Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitern und Management) hat die westdeutschen Harry Tischs doch zu sehr gestört. Dazu das Märchen von der komplett maroden DDR-Industrie, das wäre bei einer Nichteinführung der D-Mark auch nicht in dieser Form haltbar gewesen. Außerdem hätte es die Vertreter eines dritten Weges unnötig bestärkt, wo doch schon beschlossen war, daß Jugoslawien sterben musste.
Und eine Euforie, wie von S. behauptet, habe ich seinerzeit in der DDR nicht festellen können. Alle waren am Rechnen wegen ihrer Guthabenkonten und am Suchen, wer für zehn Prozent Provision bereit war, etwas vom Ersparten auf seinem Konto zu parken. Die Euforie gab es am 9.11.89, nicht am 1.7.90.
Die Fernsehbilder sind alle aus Berlin, wo das dusselige berliner Publikum immer verrückt spielt, wenn es etwas als erstes kriegen kann. Ob bei Saturn-Markt-Eröffnungen oder beim Geldumtausch in einer (1!) Filiale der DDR-Staatsbank am Alexanderplatz ab 0:00 Uhr bei gleichzeitiger Anwesenheit vieler Kameras. (Es ist im Juli zu allgemeinen Geschäftszeiten nicht dunkel)
Ich persönlich verbrachte den Abend davor im Biergarten und versoff meine letzte DDR-Barschaft. Und achtundzwanzig Ostmark wollten erstmal vertrunken sein bei den Preisen damals. Es gab also eher einen Rausch als eine Euforie.

Kobalt hat gesagt…

@ vakna, anonym und Co.

Wie man sieht leben nicht nur Konservative ganz feist in der Vergangenheit.

Dass PPQ ein konservatives Blog ist, ist ein interesssanter Gedanke: konservativ, als progressiv getarnt. Das ist ja voll gemein. ;-).

ppq hat gesagt…

wir sprechen verschiedene sprachen, meinen aber eben etwas völlig anderes, wie der untertitel von ppq schon sagt. es geht immer darum, missverständnisse zu organisieren.

an einen euphorie kann ich mich auch nicht erinnern, aber an eine art erleichterung. ab mrz oder so war ja klar, dass es zum beitritt kommen würde, der 1.7. mit dem geldwechsel war dann eigentlich nur einer von einigen technischen schritten auf dem weg dahin.

was die konkurrenzfähigkeit der ddr-wirtschaft betrifft, hatten wir allerdings schon während unserer früphkindlichen initition in den aufbau des sozialismus an den hochtechnisiserten werkbänken der vebs so unsere zweifel. soweit ich mich erinnerre, hat dort weit und breit niemand gearbeitet, die waren zwar alle da, haben aber überwiegend gepfuscht, gesoffen, karten gespielt oder geschlafen.

mit staunendem blick sahen wir die typschilder auf den hochmodernen drehmaschinen und laufkatzen, auf denen "1928" und "1912" stand. das also war sie, die zukunft.

ich empfehle den über die boardsuche leicht findbaren RAW-film und die ebenso auftreibbare hallrolle. aber sicher hätte das so weiter gehen können. aber sicher nicht mehr ewig.

derherold hat gesagt…

"Auch war die Gefahr zu groß, die Ostdeutschen könnten sich selbst aus der Scheiße hervorarbeiten und dann mit neuem Selbstbewußtsein Forderungen für eine Wiedervereinigung stellen..."

Ich habe Verständnis dafür, wenn man "metapolitisch" verarbeiten will aber man sollte zumindest versuchen, irgendwie realistisch zu sein.
WER hätte denn im Westen ein Interesse an einer Wiedervereinigung haben sollen ? Die Haßattacken Lafontaines wurden damals nur von 15% der BRD-Bevölkerung (und der SPD-Mitglieder) geteilt - zehn Jahre später hätte das schon ganz anders aussehen können.

Nicht nur @ppq, sondern auch ehedem ein Schauspieler namens Peter Sodann: Ohne *1:1* wäre jeder, der lesen und schreiben konnte, "abgehauen". Die einzige mögliche Eindämmung wäre die Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft mit der Abschiebung von DDR-Bürgern vom BRD-Hoheitsgebiet gewesen. Das war sicherlich der feuchte Traum von Oskar und seinen Anhängern aber DAMALS - insbesondere angesichts des kollektiven Jubels fortschrittlicher Kräfteim Westen für die Masseneinwanderung - völlig irreal.

... und ich habe genügend Gespräche mit westdt. Ingenieuren und IngenieurInnen aus Schkopau geführt, um die Mär von der maroden DDR-Wirtschaft nicht nur für eine Mär zu halten.

Ansonsten muß man den Hut ziehen:
Sarrazins Interview gehört sicherlich zum Intelligentesten und Ehrlichsten, was man zur Wiedervereinigung gelesen hat. (Auch der MDR hatte mal eine Top-Sendereihe, die viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat.)

ppq hat gesagt…

mal ehrlich, welche "ostdeutschen" hätten das sein sollen, die sich angesichts der alternative, beim westen unterzuschlüpfen (die ja durch das grundgesetz gegeben war), ins geschirr gehängt hätten, um "sich selbst aus der scheiße hervorzuarbeiten"? nach dem schürer-papier, von dem anscheindend immer noch einige illusionisten nie notiz genommen haben, hätte "allein ein Stoppen der Verschuldung im NSW im Jahre 1990 eine Senkung des Lebensstandards um 25-30 % erfordert" und - so schürer, "die DDR unregierbar" gemacht. Weitere anmerkung von ihm: "Selbst wenn das der Bevölkerung zugemutet würde, ist das erforderliche exportfähige Endprodukt in dieser Größenordnung (um en schulddienst zu bestreiten) nicht aufzubringen.“

mithin: wenn in der ddr im märz 1990 alle preise um 30 % erhöht bzw. alle löhne um 30 % gesenkt worden wären, wäre die ddr noch lange nicht in die lage versetzt worden, sich "allein aus der scheiße herauszuarbeiten". auf der anderen seite aber hätte ein erheblicher teil der 16 mio, die bis dahin noch still duldend gewartet haben, was die da oben ihnen denn so in der zukunft anbieten können, ihre koffer gepackt und wären nach westen gezogen, um statt aufbauarbeit im osten mit ungewissem ausgang und niedeem lebensstandard lieber sozialhilfe im westen zu beziehen.

die andere variante, die dann gewählt wurde, hatte so gesehen nur vorteile.

derherold hat gesagt…

Jansons Titel finde ich zwar ein bißchen reißerisch aber als Wessi fand ich die Gesamt-Darstellung "der ganz normalen DDR-Wirtschaftsplanung" recht interessant:
http://www.amazon.de/Totengräber-Günter-Mittag-Staat-ruinierte/dp/
Das müßte auch noch in der Stadtbibliothek von Halle zu finden sein. :-)

Vielleicht muß man noch erwähnen, daß es selbstverständlich "Partikularinteressen" gab:
Die von Konkurrenten aus dem Westen, Spekulanten, Karrierebeamten, Gewerkschaften aber auch die von DDR-Rentnern und -Immobilieneigentümer und -Verwaltungsangestellten.
Ich glaube, daß diese Partikularinteressen nicht viel am "großen Bild" ändern.

Mal eine kleine Anekdote:
Einer der führenden west. Regionalforscher unter den Ökonomen beklagte 1990, die DDR sei einfach zu klein. Wenn man ein Schicksal als "verlängerte Werkbank" befürchte, so sei noch abzuwarten, ob dies überhaupt passiere, da die meisten westdt. (Konsumgüter-)Hersteller einfach nur ihre Maschinen länger laufen lassen müßten, um eine Bevölkerung von der Größe der von NRW zu versorgen.

vakna hat gesagt…

"mal ehrlich, welche "ostdeutschen" hätten das sein sollen, die sich angesichts der alternative, beim westen unterzuschlüpfen (die ja durch das grundgesetz gegeben war), ins geschirr gehängt hätten, um "sich selbst aus der scheiße hervorzuarbeiten"?"

Ich kann mich an ein paar Leute erinnern, die sich einen Neuanfang gewünscht haben. Allerdings wäre ihre Anzahl wohl verschwindend klein gewesen, angesichts der Massen, die den leichten Weg gewählt hätten.

Inwieweit die DDR marode oder pleite war, kann man sich streiten. Gefühlt gibt es zu jeder Variante ein Buch. So nach dem Motto: "Sage mir das Ergebnis, das du haben willst, ich suche das passende Buch heraus."
(Praktisch ist ja auch die BRD pleite und kein rettender Staat in Sicht!)

Es wurde von einigen die Idee einer "Sonderwirtschaftszone Ost" aufgeworfen. Schon das wäre eine Möglichkeit gewesen, sich selbst - mit großer Unterstützung - aus dem Schlamassel zu ziehen. Aber das klang wohl für das etablierte System der BRD zu gefährlich.

Es ist müßig, sich zu streiten, was denn wie gekommen wäre. Die BRD hat die DDR gekauft, hat bestimmt, was wie gemacht wird und u.a. im Einheitsgetaumel die Chance vertan, sich selbst zu modernisieren. Noch nicht einmal eine neue, unbelastete Nationalhymne hat man hinbekommen, von der im Grundgesetz versprochenen gesamtdeutschen Verfassung ganz zu schweigen.

ppq hat gesagt…

das ist alles sehr richtig, was ihr sagt. ich erinnere mich allerdings nur an einen vorschlag von genscher zu einer "sonderwirtschaftszone" mit niedrigeren steuern. da ist die fdp sich treu geblieben, und das publikum auch: der kohl hat den genscher damals schon so ausgelacht wie "spiegel" und co. den westerwelle heute.

es gibt weltweit natürlich eine menge beispiele, die zeigen, dass soetwas prima funktioniert - von nordkorea bis delaware. aber der einzige, der das heute noch manchmal erwähnt, ist halt der genscher selbst.

das mit den büchern stimmt auch, ist aber letztlich gar nicht wichtig. fakt ist, dass die ddr zeit ihrer existenz immer einen lender of last resort in der hinterhand besaß, so wie jeder ddr-mensch einen alternativen lebenslauf im koffer unterm bett liegen hatte. man blieb in der ddr, so lange es einem dort gefallen hat im sinne von das leben war unaufwendig und erträglich nach den anerzogenen maßstäben der umwelt. war der punkt erreicht, an dem das nicht mehr gegeben war, konnte spätestens in den 80ern jeder rüberziehen und neu anfangen.

der staat genauso - ab anfang der 80er lebte das regime von gnaden des westens, weil die udssr nicht mehr die kraft hatte, ihre rolle als großer bruder auszufüllen. hätte der westen gewollt, hätte er um den preis der destabilisierung der verhältnisse jederzeit eine innenpolitische krise in der provozieren können, so wie er das direkt nach der erkrankung honeckers ja mit hilfe der ungarn und der medien auch wunderbar getan hat.

das experiment ddr fand sozusagen im labor statt, nicht in freier wildbahn. die freie marktwirtschaft heute ist da anders: weder können die brd-menschen heute allesamt "rüber" gehen, weil es kein rüber gibt, noch kann der statt darauf hoffen, dass irgendein kumpelland ihn am ende aus der misere rauskauft. no lender of last resort

ppq hat gesagt…

das ist alles sehr richtig, was ihr sagt. ich erinnere mich allerdings nur an einen vorschlag von genscher zu einer "sonderwirtschaftszone" mit niedrigeren steuern. da ist die fdp sich treu geblieben, und das publikum auch: der kohl hat den genscher damals schon so ausgelacht wie "spiegel" und co. den westerwelle heute.

es gibt weltweit natürlich eine menge beispiele, die zeigen, dass soetwas prima funktioniert - von nordkorea bis delaware. aber der einzige, der das heute noch manchmal erwähnt, ist halt der genscher selbst.

das mit den büchern stimmt auch, ist aber letztlich gar nicht wichtig. fakt ist, dass die ddr zeit ihrer existenz immer einen lender of last resort in der hinterhand besaß, so wie jeder ddr-mensch einen alternativen lebenslauf im koffer unterm bett liegen hatte. man blieb in der ddr, so lange es einem dort gefallen hat im sinne von das leben war unaufwendig und erträglich nach den anerzogenen maßstäben der umwelt. war der punkt erreicht, an dem das nicht mehr gegeben war, konnte spätestens in den 80ern jeder rüberziehen und neu anfangen.

der staat genauso - ab anfang der 80er lebte das regime von gnaden des westens, weil die udssr nicht mehr die kraft hatte, ihre rolle als großer bruder auszufüllen. hätte der westen gewollt, hätte er um den preis der destabilisierung der verhältnisse jederzeit eine innenpolitische krise in der provozieren können, so wie er das direkt nach der erkrankung honeckers ja mit hilfe der ungarn und der medien auch wunderbar getan hat.

das experiment ddr fand sozusagen im labor statt, nicht in freier wildbahn. die freie marktwirtschaft heute ist da anders: weder können die brd-menschen heute allesamt "rüber" gehen, weil es kein rüber gibt, noch kann der statt darauf hoffen, dass irgendein kumpelland ihn am ende aus der misere rauskauft. no lender of last resort

vakna hat gesagt…

"das experiment ddr fand sozusagen im labor statt, nicht in freier wildbahn."

Die These ist mir etwas zu gewagt.
Sicher konnte der Westen einiges destabilisieren, aber nicht ohne die Gefahr, selbst stark beschädigt zu werden. Diese Gefahr schwand erst mit der Perestroika langsam.

"die freie marktwirtschaft heute ist da anders:"

Freie Marktwirtschaft?
Wo soll die sein? Asien?
In Europa sicher nicht.

"weder können die brd-menschen heute allesamt "rüber" gehen, weil es kein rüber gibt"

Sie gehen massenweise ins Ausland. Schweiz zum Beispiel. Unsere Firma hat wieder massenhaft Zeitarbeiter eingestellt, ein großer Teil davon Deutsche. In der BRD passieren immer mehr Dinge, die mich ans Ende der DDR erinnern.

"noch kann der statt darauf hoffen, dass irgendein kumpelland ihn am ende aus der misere rauskauft."

Stimmt. Die Bundesbürger bekommen höchstens noch Schläge, weil sie niemanden mehr durchfüttern.