Freitag, 9. Mai 2014

Nato: Riese von Zwerg zu Tode gerüstet

Ein echter Scharfmacher muss sich nicht um Realitäten scheren, das hat Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gerade klargemacht. In einem Appell an die Mitgliedsstaaten des nord-atlantischen Bündnisses forderte der frühere EU-Ratspräsident, sich "stärker gegen eine Bedrohung durch Russland zu wappnen". Der Däne rechnete vor, dass Russland seine Verteidigungsausgaben zuletzt um dreißig Prozent erhöht habe, während einige europäische Verbündete ihre Ausgaben um 40 Prozent gekürzt hätten.

An der Verwendung von Prozentzahlen lässt sich nun allerdings immer recht gut erkennen, wer lügt. Auch hier: Denn in absoluten Zahlen gerechnet liegen Russlands Verteidigungsausgaben auch nach dieser 40-prozentigen Erhöhung noch 800 Milliarden Dollar unter den Summen, die allein die führenden die Nato-Länder in ihre Rüstung stecken.

Allein die fünf größten EU-Länder gaben im vergangenen Jahr mit 230 Milliarden Dollar rund 2,5 mal so viel Geld für Rüstung und Verteidigung aus wie das verfeindete Rußland, das nur auf rund 90 Milliarden kommt. Das größte Nato-Land USA hinzugerechnet, das weitere 682 Milliarden Dollar jährlich in Rüstung und Verteidigung steckt, kommt allein die Kern-Nato damit auf eine mehr als siebenfache finanzielle Überlegenheit gegenüber Putins Restimperium.

Ungeachtet dieser Fakten stimmten führende Schlafwandler in Berlin sofort zu. Der sicherheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, ein Mann namens Rainer Arnold, behauptete, die Nato-Staaten hätten in den letzten Jahren „unkoordiniert und nur von Sparzwängen getrieben ihre militärischen Fähigkeiten abgesenkt“. Damit müsse nun endlich Schluss sein, „die Nato muss auch eine wirksame konventionelle Abschreckung sicherstellen“.

Egon Bahr, einer der Architekten der Entspannung im Kalten Krieg, hat Rasmussens Rüstungsaufforderung übrigens passend kommentiert: "Der Herr Generalsekretär denkt, er ist General, dabei ist er nur Sekretär".

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das mit der konventionellen Aufrüstung ist ja löblich. Bloß wer soll die ganzen Waffen bedienen?

Adam Riese hat gesagt…

Sorry, das ist nicht eine "siebenfache finanzielle Überlegenheit", sondern eine zehnfache!

230 + 682 = 912

Teja hat gesagt…

Ich mag den Egon Bahr.:) Zeig den Leuten mal, wie klein sie wirklich sind. Es wird kein Krieg geben, höchstens Stellvertreterkrieg wie in Syrien. Aber weder die NATO noch Russland werden offiziell in die Ukraine einmarschieren.

ppq hat gesagt…

aufgerundet zugunsten der nato!

Anonym hat gesagt…

Ich weiß ja was Du meinst ppq und ich les Dich, weil ich Dich mag.

Trotzdem sei angemerkt, daß sich absolute Ausgaben nur schwer vergleichen lassen. Nicht nur, weil die Soldatengehälter in Rußland sehr viel niedriger sind, weswegen, die gleiche Menge Kampfkraft dort günstiger zu bekommen ist, sondern auch, weil viele der Westmilliarden nicht in Panzer und Munition, sondern in Genderprogramme, Kinderbetreuung für kasernierte Mütter und Expertenberichte über Schulschiffunfälle fließen.

All die vielen Westmilitärmilliarden dienen weder der Verteidigung noch dem Angriff, sondern überwiegend zur Finanzierung eines gewissen Komplexes und diverser Lobbygruppen. Für die Soldaten bleibt am Ende wenig, für Kampfkraft gleich gar nichts übrig.

(Natürlich würde eine Erhöhung der Ausgaben daran nichts ändern.)

ppq hat gesagt…

das ist klar, natürlich. sogar uns pazifisten! aber es ändern überhaupt nichts daran, dass es eine granatensauerei ist, die russen als die großen aufrüster hinzustellen, wenn man selbst zehnmal so viel für rüstung und unterhalt seiner truppen ausgibt. ob das nun geschieht, indem man einen schraubenschlüssel für 500 euro einkauft, mit dem die wasserleitung im soldatinneruheraum reguliert werden kann, aber im ernstfall keine flinte hat, um zu schießen, ist völlig egal: der westen gibt mehr aus, tut aber so, als täte er es nicht.

Gernot hat gesagt…

Man darf dabei nicht vergessen, dass Russland eben keine Dollar zu Verteidigungszwecken ausgibt, sondern Rubel. Deren Kurs ist niedrig, während die Inlandskaufkraft hoch ist.

Das ist ähnlich wie beim chinesischen Arbeiter, der "für 10 Ct. die Stunde" arbeitet. Das tut er - in Währungsumrechnung, die die Kaufkraft seiner Währung ignoriert. Sein Stundenlohn in Kaufkraft dürfte bei Wohnung, Moped/Auto, Fernseher, Nahrung etc. wohl bei € 10,- liegen.

Dennoch ist das Gehetze unerträglich, und ich frage mich, ob hier Kriegsstimmung erzeugt werden soll oder nur Konzerngewinne - oder beides.