Montag, 14. Juli 2014

WM 2014: Über alles

Großes Turnier, kleiner Gang. Fancorsos überall, nationale Aufwallung und Euphorie genug, die jüngsten Enthüllungen über die Überwachung von Bundesbürgern und bundesdeutschen Institutionen durch US-Geheimdienste weiter auf den hinteren Seiten der Qualitätsblätter zu halten. Wo gemüllert wird, da fallen Späne, wo Löws unbezwingbare Löwen ihre Handgelenktäschchen in die Stadien hinein- und anschließend große hässliche Pokale hinaustragen, wird die Klimakanzlerin zur Fußballkanzlerin und alles außer der schönsten Nebensache zur Nebensache.


Die gefühlte Weltmacht hat die Macht übernommen, der "perfekte Mix aus Hurra und Hauruck" (Spiegel) bringt "die Krönung eines Weges, der vor zehn Jahren eingeschlagen wurde" (Spiegel) Klinsmann und Löw als die Gerd Schröders Fußballdeutschlands, als luthersche Reformatoren, die aus einem schlafenden Riesen einen Zwerg wie Philipp Lahm machten. Die tumben deutschen "Panzer" (Die Welt) plötzlich "technisch brillant, schnell, spektakulär" wie ihn der neue deutsche Fußballfan, der gern in Familie ins Stadion kommt, immer schon im Sinn hatte.

Angela Merkel, in deren Amtszeit die Rückkehr der häßlichen Deutschen als Traumkombinierer fällt, hat alles richtig gemacht. Europa an die Kandare genommen, den Fußball als größtmögliche Volksbespaßung entdeckt. Deutsche Tugenden inbegriffen: Als "Blutkrieger" wird Bastian Schweinsteiger gefeiert, "der vierte Stern geht auf" feiert die SZ in einem Moment nationaler Extase, für die taz ist der neue, alte Weltmeister schon wider vielleicht "über Jahre hinaus unschlagbar".

Exportweltmeister, Reiseweltmeister, Fußballweltmeister, was kann da noch kommen? Löws flache Hierarchien, die informelle Machtbalance zwischen dem Bayern-Block und den Ergänzungsspielern aus dem Rest der bunten Republik, das Halbgleichgewicht zwischen Hymnensängern und Hymnenschweigern - als fröhlicher Supermacht fliegen Deutschland die Herzen zu.

Mehr Einigkeit und Recht und Einstimmigkeit war nie seit Mauerfall und Einheitsrausch. Die Heimatfront steht wie ein Mann, glücklich und erleichtert über das Ende der längsten titellosen Zeit, die eine deutsche Nationalmannschaft je erleben musste: 1996 Europameister. 2014 Weltmeister.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Soooo sehr angefressen, weil Deutschland Weltmeister geworden ist?

Na gut, verwunderlich ist es nicht bei einem Blog, der Seiten wie "Lizas Welt" verlinkt.

ppq hat gesagt…

angefressen? wieso? hocherfreut.

Anonym hat gesagt…

Gauck hält seine Mitläufervisage in die Kamera . auch Merkel komplett überflüssig

der Sepp