Sonntag, 6. September 2015

Immer muss das Grundgesetz dran glauben

Wie sich die Szenen gleichen. Als Anfang der 90er Jahre Asylbewerberheime brannten, wusste die CDU ein Mittel dagegen: Rita Süssmuth verurteilte die Gewalt, die Länder-Justizminister fordern ein schärferes Strafrecht für Randalierer und die Unionsfraktion im Bundestag "will noch im Oktober eine Entscheidung des Parlaments über eine Änderung des Asylrechts im Grundgesetz erzwingen" (dpa). Es war der 8. September 1992, als sich die CDU-Parlamentarier "einstimmig auf eine namentliche, Abstimmung vor dem Bundesparteitag der CDU Ende Oktober festlegten".

Die Jahre gingen ins Land, die Rezepte gegen die Realität blieben dieselben. Sobald es eng wird mit dem Machterhalt, müssen die Grundrechte dran glauben. Gestenreich verurteilen Bundestag und Landespolitiker die jeweiligen "gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ausländer in aller Schärfe" (dpa, 1992). Weder soziale Spannungen noch die Zahl der Asylbewerber rechtfertige Gewalt gegen Ausländer, teilte die damalige Bundestagspräsidention Rita Süßmuth mit. Denn die Bundesrepublik sei kein ausländerfeindliches Land. "Jeder Schlag in das Gesicht eines Ausländers ist auch ein Schlag in unser Gesicht."

Aber ungezählte Schläge später ist der Stand der Dinge im Grunde derselbe. Der augenblickliche Bundesinnenminister will das Grundgesetz, das er "Verfassung" nennt, diesmal ändern, "um Flüchtlingen schneller und unbürokratischer helfen zu können". Bedeutet: Heruntergesetzt werden Standards bei Bauvorschriften, Regeln bei Asylverfahren, die Finanzierung des Gesundheitswesen. Völkerrechtliche Verträge werden zu Papiertigern, EU-Vorschriften fliegen binnen Stunden in den Papierkorb. Vergaberecht, Verteilungsschlüssel. Grenzkontrollen. Not kennt kein Gebot!

"Und das alles muss sehr schnell gehen, binnen Wochen", kündigt Thomas de Maiziere an. Alles muss vom Tisch, ehe jemand zum Nachdenken kommt. de Maiziere sieht darin eine Chance, "unsere verkrusteten gesellschaftlichen Abläufe" aufzubrechen.

Der Rechtsstaat mit seinen Regeln, das System aus Checks und Balances, die Gewaltenteilung, die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungshandeln, Widerspruchsfristen, Klagemöglichkeiten. Eiliger als ein Pro-Asyl-vertreter Refugee sagen kann, ist das alles fortgefegt.

"Jeder neue Krawall ist für mich ein Kohl-Krawall", hieß es 1992 von der SPD. Heute nutzt dieselbe Partei die Krise, ihr Projekt Einwanderungsgesetz wieder ins Gespräch zu bringen. Angesichts der wachsenden Verzweifelung unter den noch im Ausland lebenden Menschen könne es zu "schweren sozialen Unruhen kommen".

Hieß es damals, als ein Thüringer Justizminister namens Hans-Joachim Jentsch forderte, "die Zahl der Asylsuchenden, die ostdeutschen Ländern zugeteilt werden, müsse drastisch zurückgefahren werden". In der Neuzeit ist es ein Ministerpräsident der Linken, der für Thüringen verlangt, der Bund müsse Sonderlager für Balkanflüchtlinge errichten, um deren individuelles Recht auf ein fairen Asylverfahren per Kollektiventscheidung auszuhebeln.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Einwanderung kann für eine Partei, die nur von denen gewählt wird, die die Gründe für ihr eigenes universelles Unvermögen im Wohlstand ihrer Mitbürger suchen, eine Chance sein. Der SPD als Partei der Faulen, der Dummen und der Versager wird ein Einwanderungsgesetz neue Wähler bescheren. Das wird den Artikel 16a GG retten.
Änderungen wird es dagegegen beim Artikel 14 GG geben (der wird wegfallen) und beim Artikel 15 GG geben (die Bestimmungen zur Entschädigung werden gestrichen), um großzügige Sozialleistungen für Zuwanderer möglich zu machen. Aber das möchten uns die Speichellecker der alternativlosen Kanzlerin lieber noch nicht sagen.