Samstag, 22. Februar 2020

Hanau: Mainz bleibt Mainz und es singt und lacht

Trauerarbeit im ZDF: Mainz bleibt Mainz, auch nach Hanau.
Der EU-Gipfel ging früher zu ende als gedacht, dafür aber womöglich mit einer Schweigeminute. Eigentlich hatte  EU-Ratschef Charles Michel die Staats- und Regierungschefs der nach dem Ausstieg Großbritanniens verbliebenen Mitgliedsländer kasernieren wollen, bis Hunger, Durst und Langeweile irgendwen dazu bewegen, die fehlenden Zahlungen der Briten künftig auf seinen Deckel zu nehmen. Aber auch die Drohung nützte nichts - erfahrene Gipfel-Blockierer kamen verproviantiert, andere gramgebeugt und ohne Laune, sich um Milliarden zu streiten, ohne jede Aussicht etwas anderes bewegen zu können als sich selbst. Und damit daheim auch  wieder nur die Falschen zu munitionieren.

Wo die Lage doch gerade jetzt prekär ist. Thüringen quasi seit Wochen unregiert, die "Mädchensitzung" aus Köln im Fernsehen aus Pietätsgründen abgesagt und auf allen Fußballplätzen hat der DFB Stille nach dem Schuss angeordnet. Vom Biathlon weiß man es nicht, aber übertragen wird weiter, immerhin.

Der Schock sitzt so tief, nichts ist mehr wie vorher. Seit bekannt geworden ist, dass der Hanauer Mörder Tobias Rathjen sich zuletzt sogar an den Generalbundesanwalt gewandt hatte, um auf seine psychischen Probleme aufmerksam zu machen, unken die Feinde der FDGO genüsslich davon, dass beim Zehnfachmord ja wohl der Staat mitgeschossen habe. Immerhin war Rathjen mindestens anderthalb Jahrzehnte lang auffällig, er belästigte Polizeidienststellen und Staatsanwälte mit seinen bizarren Theorien. Fand aber nirgendwo Gehör oder Behandlung. Er durfte sogar seinen Waffenschein behalten. Danke, AfD! Danke Trump! Orban. Und wie sie alle heißen, die Scharfmacher, Anheizer und Spalter.

"Staatsversagen" nennt das der "Spiegel", was nicht viel bedeuten muss, denn allein im vergangenen Jahr stellte das ehemalige Nachrichtenmagazin diese Diagnose viermal.  Auch jetzt geht die Erregungskurve schon wieder ähnlich steil nach unten wie sie in den Stunden nach den Morden von Hanau nach oben geschossen war. Seehofer hat mehr Polizei versprochen, es wird auch mehr Gesicht gezeigt werden und in den kommenden Tagen und Wochen sind überall im Land "Märsche" (Tagesschau) gegen Verrohung und Rechtsextremismus geplant. Noch ein paar Gesetzesverschärfungen drübergepudert, ein paar Bürgerrechte geschliffen und am Sonntag Anne Will mit dem Thema "Hetzen, Hassen, Hanau - wer stoppt den braunen Hass", diskutiert von Saskia Esken, Markus Söder, Annalena Baerbock, Gerhart Baum und Giovanni di Lorenzo, die von letzter Woche ohnehin noch im Studio sind.. Damit ist dann auch gut.

Es läuft doch schon wieder recht rund. "Frieden, Völkerfreundschaft, Fasenacht und Freiheit", ruft der dicke Karnevalsprinz der Mainzer Prunksitzung, die ja wegen so ein wenig Psychoterror in der Nachbarschaft nicht gleich ins Wasser fallen muss wie damals, 91, als die Narren Opfer des Balkankrieges wurden. Es bisschen Spaß muss sein! Hanau liegt von Mainz aus gesehen auf der anderen Rheinseite und umgekehrt ist es ebenso. Es liegen fast 65 Kilometer Abstand zwischen fassungslosem Entsetzen und  stilvoll Saufen zum Narrhallamarsch. Wolle mer se rinlasse?

6 Kommentare:

wolfgang fubel hat gesagt…


Mainz. Wie es Stinkt und Kracht!
Ein Erbärmliches Theater in der
Heutigen nZeit!!

teu hat gesagt…

“Die Morde von Hanau, die Schüsse auf die Synagoge in Halle – ob Juden, Christen, Muslime, das war ein Angriff auf alle. Wir leben hier zusammen, die Demokratie wird triumphieren, dieses Land werdet ihr niemals regieren.” Nach diesen starken, emotionalen Worten brach das Publikum in Mainz in tosenden Applaus und stehende Ovationen aus."

Volker hat gesagt…

teu, das erinnert mich an Münster. Da hat die AfD doch gewagt, eine Versammlung durchzuführen - und der gutmenschliche Furor hat sich das aber nicht bieten lassen.
Vier Stunden später hat in Münster ein *unaussprechlicher* eine Flüchtlungshelferin ermordet. Die Münsteraner haben so getan, als hätten sie es nicht bemerkt.
Man muss eben Prioritäten setzen.

ppq hat gesagt…

@teu ist doch auch wirklich lustig

Anonym hat gesagt…

Wie ich mich schon zum "Eulenspiegel" äußerte: Ein staatsloyaler politischer Witz ist so erheiternd wie ein Hakenkreuz aus Pessachmatzen.
Das Versmaß übrigens läßt zu wünschen übrig.

Anonym hat gesagt…

teu und GenosXXen sind trübsinnig stimmende 5.klassige KomixxInnen, solange ihnen nicht von (((interessierter Seite))) Macht gegeben wird. Wenn aber, wird es echt gruselig:
Kambodscha 1975-79 - kein wahrer Kommunist streut Zucker auf seinen Haferbrei.