Freitag, 21. Februar 2020

Retter Röttgen: Der Klimawandler

Merkel Machtkampf CDU
Es wäre Norbert Röttgens Lebenstraum, der Frau, die ihn einst aus dem Kabinett warf, nachzufolgen.
Wenn Norbert Röttgen morgens vor dem Spiegel steht, sieht er einen Mann wie den jungen John F. Kennedy, einen deutschen Emmanuel Macron, ausstrahlungsstark, mitreißend, eine personifizierte Politikwende hin zu mehr Bürgernähe, Zukunftsgewissheit und Freude am Fortschritt. Röttgen ist ein wenig größer als Armin Laschet, der sein Programm im Namen trägt, er ist nicht so hager und ausgezehrt von der Jagd nach Maximalprofiten wie Friedrich Merz und er hat viel mehr politische Erfahrung als der 15 Jahre jüngere Jens Spahn.

Dass ihn niemand gefragt hat, ob er die CDU nicht gern führen würde, hat Norbert Röttgen seiner Partei zwar übelgenommen. Doch der 54-Jährige weiß trotz unguter Erfahrungen, dass es manchmal auch auf Eigeninitiative ankommt. Dann muss man springen, ohne zu wissen, wie tief das Wasser im Becken ist. Hauptsache, sie sehen einen alle fliegen.

Und das haben sie. Während das Trio, aus dem Agela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer den künftigen Parteivorsitzenden der CDU und Kanzlerkandidat der Union auszuwählen planten, noch immer in den Büschen sitzt und auf einen Ruf der Parteibasis wartet, ist Norbert Röttgen in die Bütt gegangen. Ein Überraschungscoup, denn seit der frühere CDU-Landesvorsitzende von NRW seinen Posten als Umweltminister im Bundeskabinett verlor - als zweiter Bundesminister überhhaupt durch eine förmliche Entlassung -, weil irgendjemand schuld sein musste an der verlorenen Landtagswahl von 2012, galt Röttgen als reiner Talkshowpolitiker.

Halbwegs bekannt, zu jedem Thema einsetzbar, in der Partei aber für außenpolitische Themen abgeparkt, die niemanden interessieren. Einen "Atlantiker" nennt das politische Berlin solche Fälle. Norbert Röttgen selbst, ehemals Vorreiter der Idee eines Zusammengehens der CDU mit den Grünen, beschied sich bescheiden mit der neuen Rolle. Volker Kauder, als Fraktionschef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion damals noch Minenhund der Kanzlerin, hatte ihn aber auch deutlich vor einer öffentlichen Abrechnung mit Führungsstil und Leitungsmethoden der Kanzlerin gewarnt.

Röttgen wusste, die politische Blase der Berliner Republik ist klein, jeder trifft jeden zwei, drei oder viermal im Leben. Man muss warten können, Geduld haben, aber die Gelegenheiten erkennen und nutzen, wenn sie sich bieten. Wie jetzt, wo der Wettlauf um die künftige CDU-Führung die eigentlich von jeder Form Wettrennen elektrisierten Medien schon nach einer Woche langweilte, weil einfach kein Startschuss fiel. Röttgen, als Erfinder des personengebundenen CO2-Budgets einst erster deutscher Weltklima-Pionier, ließ sich nicht einmal bitten, sondern er verkündete seinen Führungsanspruch ungebeten.

Richtig gerechnet. Wird "Merkels Favorit, Merkels Opfer, jetzt Merkels Erbe" fragt die Stuttgarter Zeitung. "Röttgen mischt das Rennen auf", schwärmt der "Spiegel", mit "aufgerissener Jacke" sieht die Taz den Initiativbewerber und die FAZ lobt ihn als "männlich, katholisch, aus Nordrhein-Westfalen". Also alles, was Merkel nicht ist. Das ist er, der "Geheimagent der Wirklichkeit", wie ihn der Focus fast schon sehnsuchtsvoll nennt.

Kippt sie also? Schon wieder? Läutet Norbert Röttgen, der fast vollkommen farblose Jurist aus Königswinter, das Zeitalter nach der ewigen Kanzlerin ein?

Zutrauen würde er selbst es sich, den entsprechenden Unterhaltungsfaktor brächte Röttgen auf jeden Fall auch mit. Unvergessen ist bis heute ein Fernsehauftritt des begnadeten Rabulisten, bei dem der damals noch als Umweltminister amtierende Christdemokrat gefragt wurde, ob er nicht zwar mit dem Zug angereist sei, seinen Dienstwagen aber ebenfalls nach Hamburg habe kommen lassen. Röttgen antwortet schlagfertig und ohne zu Zögern: „Nein, das ist nicht so.“

Wenig später musste er dann zugeben, dass sein Dienstwagen doch mitgereist war. Allerdings sei sein Fahrer nicht einfach so nach Hamburg nachgekommen, sondern „von Berlin nach Bonn über Hamburg“ gefahren, weil er ihn ja "in Hamburg nach der Aufzeichnung der Sendung zu einem Anschlusstermin und dann zum Bahnhof" habe fahren müssen. Norbert Röttgen erklärte diese Fahrten zu einem Teil seines "Verlangens nach mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel".

Wird er tatsächlich CDU-Chef und Bundeskanzler, ist für Doppelmoral weiterhin gesorgt.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mr Glühbirnenverbot wird sich der 'gigantischen Transformation' nicht in den Weg stellen, sie höchstens beschleunigen.

Gesinnungswandler hat gesagt…

Das heutige Wetter ist so lala. Das gestrige war auch so lala, und das morgige wird laut Wetterfroschvorhersage auch so lala werden.

Viel Spaß also noch mit der "gigantischen Transformation", in der niemand mehr die schonungslose Wahrheit sagen darf, weil flaches Geschwätz befohlen wurde und von etlichen Gesinnungsschnüfflern überwacht wird.

Ihr dürft also stolz sein, am Aufbau des 4. Reiches durch Faktenlöschung aktiv mitgewirkt zu haben.

Willkommen in der Stasi 2.0.

Ich liebe doch alle.

Anonym hat gesagt…

Röttgen der Schlafwandler!!

Anonym hat gesagt…

Ihr dürft also stolz sein, am Aufbau des 4. Reiches durch Faktenlöschung aktiv mitgewirkt zu haben.

Es bleibt leider ein Wunschtraum, sich mit Dir Bettnässer einmal mit angemessener körperlicher Nähe in angemessener Weise argumentativ auszutauschen.
Tel Aviv - so ist das Leben.