Sonntag, 12. April 2020

Wildwest im Nordosten: Stubenarrest im Armenhaus

Kaiser Wilhelm war ein Fan der nach ihm benannten Kaiserbäder an der Ostsee. Sein Denkmal darf heute bleiben, der Kaiser aber bekäme eine Ausreiseverfügung und müsste Mecklenburg verlassen.

„Wenn die Welt untergeht, dann gehe ich nach Mecklenburg, denn dort geht sie 50 Jahre später unter“, soll Otto von Bismarck gesagt haben. Nun, ich bin schon da und 54 Jahre alt. Bis 104 ist noch ein bisschen hin - und dann gibt es sicher auch schon die nötige Pille gegen das Virus.

Von Hannes Nordmann

Tatsächlich ist das Flächenland mit knapp 1,5 Mio Einwohnern immer Schlusslicht in Deutschland. Nicht nur beim Pro-Kopf Einkommen und schnellen Internet, wo es sich traditionell ein hartes Rennen mit Sachsen-Anhalt, dem anderen Armenhaus, liefert. Auch die Seuche Corona ist in Mecklenburg-Vorpommern weit abgeschlagen. Nur 600 Infizierte nach sechs Wochen Ansteckungskampf.  37,3 auf 100.000 Einwohner. Der Mecklenburger müsste viele, viele Hände schütteln, um sich anzustecken.

Wie wurde das geschafft ? Nun, das Land hat nur eine richtige Großstadt und viel Platz in der Fläche, wo sich die Reste der nach 30 Jahren beschleunigter Abwanderung noch vorhandene Bevölkerung kaum über den Weg laufen kann. Die Ureinwohner gelten auch nicht wirklich als reisefreudig, gesellig und sie sind obendrein maulfaul - wenn sie überhaupt etwas sagen, dann kurze Sätze, die nur wenig Virenlast übertragen können.

Handschlag war hier nie so


Das schränkt die Tröpfchenemmission erheblich ein. Mit Handschlag war hier nie so, kurze Ansagen, Moin, tschüss und die Hand an die Mütze - aufm Kutter und Traktor. Und Prost ! Ein drittes Wort kennt man hier auch noch. Da ist MV ganz weit vorn, unangetastet. Korn, Kümmel und Timm's Saurer – 'en Buddel Sluck ist immer dabei.

Rund 200.000 Jobs im Lande sind direkt vom Tourismus abhängig. Diese Geschäftsgrundlage wird gerade nachhaltig gestört, die Landesregierung, die untergeordnete Exekutive und erschreckend viele übereifrige Bürger, helfen kräftig mit. Die Einschränkungen und die Verweigerung, Auswärtigen  Urlaubs- und Geschäftsreisen nach MV zu gewähren, unterscheiden sich nicht wirklich von den Empfehlungen und Verordnungen anderer Bundesländer.

Die Umsetzung und Kontrolle vor Ort schon. es gibt neuerdings tatsächlich Check-Points an den Hauptzufahrten der Ostseeinseln, zum Fischland Darß, nach Rügen, Usedom und an den Zufahrten zu Hansestädten Wismar, Rostock, Stralsund. Wer es über die Landesgrenze in SH und Brandenburg bis dahin geschafft hat und keinen Erstwohnsitz in der Region nachweisen kann, wird ausgewiesen. Bußgeld obendrauf. Ohne Pardon. Selbst ein steuerpflichtiger Zweitwohnsitz im eigenem Ferienhaus reicht nicht. Bootsliegeplatz ebensowenig.

Landesgrenzen dichtgemacht


Mecklenburg ist damit schwerer zu erreichen als Belgien, die Niederland oder Malta. Dort reicht es, nach der Einreise eine 14-tägige Quarantäne zu durchlaufen., So lange darf in Mecklenburg gar nicht erst jemand bleiben. Hier erfolgt  die Aufforderung zur Heimreise in den Ferienorten durch Lautsprecherdurchsagen aus dem Polizeiauto, unter Fristsetzung. Küstenabschnitte werden mit Drohnen abgeflogen, um nach Menschenansammlungen zu suchen. Kontrollen überall durch Polizei und Ordnungsamt- und übereifrige Bürger.

Ein Autokennzeichen aus der Fremde reicht aus für eine Meldung. Und da ist der alte Blockwartgeist der Deutschen prompt zur Stelle: So äußerte sich der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, im Landessender NDR über ein „beängstigendes Meldeverhalten.“ Die Zahl der Meldungen vermeintlicher Verstöße gegen das Kontaktverbot sei in den vergangenen Tagen stark angestiegen, hieß es auch bei der Polizei. In den Dienststellen der Polizei stünden die Telefone nicht still. Jagd auf Urlauber im Urlaubsland Nr.1 machen auch die Hansa-Ultras, die aktuell keine Gästefans und auch den DFB nicht als Gegner zur Verfügung haben.

Caffier, ein CDU aus Sachsen, der sich schon zu DDR-Zeiten in der Nationalen Front engagiert hatte, sagte, bei vielen Meldungen habe sich der Verdacht auf einen Verstoß am Ende nicht bestätigen. Nur in wenigen Fällen hätten die Beamten wirklich einschreiten müssen. Schon vor einigen Tagen gab es eine Ermahnung der Polizei: Nicht jedes Auto mit Kennzeichen aus anderen Bundesländern deute auf Urlauber hin - in vielen Fällen handele es sich um Firmenwagen. Außerdem gebe es seit 2015 die Möglichkeit, auch nach einem Umzug an einen neuen Wohnort, das alte Kfz-Kennzeichen behalten zu dürfen. Es kann sich also bei Kfz-Haltern mit auswärtigem Kennzeichen durchaus um getarnte Einheimische handeln.

Manuela im Wettrennen mit Markus


Doch es geht um mehr als Seuchensicherheit. Im Wettstreit mit Markus Söder, wie Phönix aus der Asche aus der Corona-Krise empor zu steigen, hat Mecklenburgs Landesmutter Manuela Schwesig kurz vor Ostern nochmals nachgelegt und auch den Einheimischen den Aufenthalt am Strand, in Wald und Flur und selbst im eigenem Garten untersagt.

Stubenarrest im Armenhaus, Ostern im Käfig der eigenen vier Wände. Die Verordnung wurde zwar am Gründonnerstag vom Oberlandesgericht Greifswald kassiert. Doch Osterfeuer sind und bleiben landesweit verboten. Nur „Hoffnungsfeuer“ im Kreise der Familie und auf eigener Scholle sind erlaubt. Draußen vor dem Gartenzaun spielt das Drama dann Komödie: Auf dem Flughafen bei Rostock landen täglich Erntehelfer aus Südosteuropa, die Flieger vollgestopft, die Abstandsregeln ausgesetzt. Auch die Fähren nach Skandinavien pendeln wie bisher. Und an der Bundesgrenze gilt weiterhin das Zauberwort Asyl.

10 Kommentare:

Carl Gustaf hat gesagt…

der Song des Tages: https://www.youtube.com/watch?v=L397TWLwrUU

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.youtube.com/watch?v=AL8chWFuM-s

I fought the law and the law won

Frag die Hansa-Ultras, die jetzt Schattenboxen machen müssen, weil nichtmal Urlauber zum Aufklatschen da sind.

>> Jagd auf Urlauber im Urlaubsland Nr.1 machen auch die Hansa-Ultras, die aktuell keine Gästefans und auch den DFB nicht als Gegner zur Verfügung haben.

Die Anmerkung hat gesagt…

Große Worte des Vorsitzenden Räterepublik

Es wäre ein großes Zeichen der Bundesregierung, nach der Krise Zukunftsbündnisse, Räte zu gründen, in denen zufällig geloste Bürgerinnen und Bürger das Erlebte diskutieren, über Konsequenzen für die Zeit danach beraten und gesellschaftliche Schlüsse daraus ziehen. Holt das Wissen, die Erfahrung, die Ideen der Leute ab! Vermutlich müssten solche Räte erstmal digital und in Videokonferenzen tagen. Aber das spricht nicht gegen sie.

https://www.robert-habeck.de/texte/blog/nach-der-zeit-der-corona-verbote/
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Womit hat das deutsche Volk sowas eigentlich verdient? Weiß da jemand genauer Bescheid?

Anonym hat gesagt…

also : ich will zurück zum 80er Jahre Kernkraftpolizeistaat mit ganz viel Knüppel für Zecken und Bolschewisten

ppq hat gesagt…

@anmerkung: sie überteffen sich gegenseitig. die habeckidee ist wohl von extinction rebellion geklaut. das macht sie aber selbstverständlich nicht weniger grundgesetzwidrig, wenn die "konsequenzen" von gelosten, statt von gewählten volksvertretern exekutiert werden sollen

Der lachende Mann hat gesagt…

Räte zu gründen? Da sei Arco vor!

Carl Gustaf hat gesagt…

"https://www.robert-habeck.de/texte/blog/nach-der-zeit-der-corona-verbote/"

Ich nehme mal den Christian Drosten vorweg: "es gibt ernsthafte Hinweise, dass bei verschiedenen Personen das Virus nicht die Lunge, sondern das Gehirn befällt".

Anonym hat gesagt…

Die Laberfraktion bereitet also schon ihr Comeback vor. Eins lässt sich recht sicher vorhersagen: Der Lerneffekt wird Null sein. Die ganze Versagerbande wird wiedergewählt.
Außer, es fällt wirklich jemandem auf, dass die Kohle seit langem alle ist.

Die Anmerkung hat gesagt…

@ppq

GHüldet das Grundgesetz überhaupt noch? Ich bin da niciht mehr auf dem aktuellen Stand. In Berlin Mitte jedenfalls wird man verhaftet, wenn man bedürftigen Leseratten in öffentlicher Zeremonie das Grundgesetz schenkt. Ist wohl inziwschen auch Bückdichware.

Räte ist mir zu steimlemäßig. Der Steimle darf das. Was der darf, darf Ofenhabeck noch lange nicht.

Anonym hat gesagt…

Ich schäme mich, zu diesen muffigen Ureinwohnern zu gehören. aber ich schwöre, ich mache nicht übereifrig mit, sondern halte mich mehr im Hintergrund.
Meine letzte Reise führte mich jüngst in Richtung Rostock- zurück auf die Insel musste ich auch einen Checkpoint, wie hier im Artikel beschrieben, in persona von 6 (in Worten: sechs)Polizisten überwinden. Nie sah ich soviel geballte Beamtenansammlung. Das Virus zeigt allen die Kante, dagegen muss die Staatsmacht endlich mal vorgehen. Sie geht zwar mehr gegen die eigene Bevölkerung vor, aber das nehmen wir schon mal gern in Kauf, zu unserer eigenen Sicherheit natürlich!