Donnerstag, 2. Juli 2020

HFC: Ende gut

Toni Lindenhahn, der emotionale Anführer des HFC, sprach ein paar Worte, nachdem der Klassenerhalt feststand.
Am Ende reichte ein Run über sieben Spieltage. Mit ein bisschen Glück, ein wenig mehr Einsatz und zwei Neuen auf dem Platz sanierte der Hallesche FC seine Saisonbilanz zumindest soweit, dass der Klassenerhalt heraussprang. Die beiden entscheidenden Männer - Toni Lindenhahn, der heimliche Mannschaftskapitän in den düsteren Tagen des nahenden Untergangs, und Florian Schnorrenberg, der neue Trainer - lagen einander in den Armen.

Es war vorbei, mit dem 1:1 gegen den FC Kaiserslautern, ertrotzt und erkämpft in einem streckenweise wirklich verzweifelt geführten Spiel um die blanke Existenz, war die 3. Liga für ein weiteres Jahr gesichert. Lindenhahn, der mit seinem ersten Freistoßtor überhaupt in mehr als zehn Jahren beim HFC die Wende zum Besseren eingeleitet hatte, sagte ein paar Worte. Schnorrenberg stand daneben und schwieg. Der Mann aus Siegen hatte Taten sprechen lassen, seit er als Nachfolger des glück- und sieglosen Ismail Atalan nach Halle gewechselt war.

Klassenerhalt Trainer und emotionaler Leader beim Halleschen FC
Wissen, was sie einander sind: Schnorrenberg und Lindenhahn.
Sieben Spiele, drei Siege, drei Remis und eine Niederlage stehen für Schnorrenberg zu Buche. Eine Bilanz, die nicht glänzt, aber auf eine längere Distanz durchaus für einen Platz unter den den ersten fünf gereicht hätte. Schnorrenberg, als Namenloser nach Halle gekommen, um einen Verein im rasantesten Niedergang der Ligageschichte vor dem Allerschlimmsten zu bewahren, hat den HFC keineswegs zurückverwandelt in das ziegnereske Gebilde aus Tempo, Aggressivität und Glück, das im Herbst wie ein heißes Messer durch die Ligabutter schnitt.

Aber der 43-Jährige hat mit einer klaren Verbesserung bei bis dahin offenkundigen Schwächen wie dem Defensiv- und Offensivverhalten in Standardsituationen dafür gesorgt, dass die Ergebnisse besser wurden: Aus den letzten sieben Spielen vor "Schnorre" holte der Klub aus der Saalestadt einen Sieg und ein Remis, er erzielte elf Tore, kassierte aber 23. Mit Amtsantritt des dritten Trainers der Saison verwandelte sich das Bild beschleunigt - nun traf der HFC 16 mal in sieben Spielen, er schluckte nur elf Gegentreffer und holte so immerhin zwölf von möglichen 21 Punkten. Das reichte, um ein weiteres Jahr für die 3. Liga planen zu können.

Gegen den 1. FC Kaiserslautern, einen traditionell vom DFB geförderten Kleinstadtverein, der aus einer großen Geschichte die Gewissheit ableitet,  natürlich weder in 3. noch in 2., sondern in die 1. Bundesliga zu gehören, war aber schon zu sehen, dass dieses nächste Jahr nicht leichter werden wird. Die schnellen Schwungräder etwa bei der besseres Ausnutzung von Standardsituationen hat Schnorrenberg gedreht - auch gegen den FCK war es ein Freistoß, der die zwischenzeitliche Führung brachte, diesmal erzielt von Jonas Nietfeld, der unter "Schnorre" als Mittelfeldspieler ein neues Leben begonnen hat. Doch es war beileibe nicht nur der Kräfteverschleiß, der die Hallenser daran hinderte, gegen eine Kaiserlauterer Mannschaft, der das Spielergebnis relativ gleichgültig sein konnte, ein beruhigendes zweites oder drittes Tor zu schießen.

Nein, der Vorrat an Überraschungselementen, aus dem sich diese Mannschaft bedienen kann, war erschöpft. Ein Umstand, den schon der damals noch als Lichtgestalt und Zauberer tätige Ex-Trainer Torsten Ziegner beklagt hatte: Vier, fünf oder gar sechs neue Leute hatte er sich gewünscht, um das große Ziel des Aufstiegs in die 2. Liga erreichen zu können. Drei bekam er - und eine Stammelf, in der die Misstrauensbekundung ihres Trainers das Misstrauen weckte, sie sei vielleicht wirklich nicht gut genug für den großen Coup.

Sie es es immer noch nicht, auch unter Schnorrenberg, der die Abwehr doppelt so gut gemacht hat und den Sturm um ein statistisches Drittel besser. Aber spielerisch blitzte nur gelegentlich auf, was diesen HFC anderthalb Jahre lang so magisch gemacht hatte, ein Wirbel aus Ideen, eine Kaskade aus Dribbling, Kombinationen und überraschenden Abschlüssen.

Natürlich waren die äußeren Bedingungen für diese fußballfeindliche Fortsetzung der Saison nicht gehalten, Spaß und spielerischen Glanz zu begünstigen. Beinahe überall wurde ein blanker Existenzkampf geführt, um den Aufstieg, gegen den Abstieg. Doch beim HFC zeigten sich nach der kurzen Ära Atalan, die offenkundig geprägt war vom Missmut einer Mannschaft, die nicht den Trainer bekommen hatte, den sie sich wünschte, dieselben Fehlstellen wie zuvor unter Ziegner.

Wenige Überraschungsmomente, erzeugt zumeist von Julian Guttau, der elf Jahre alt war, als Toni Lindenhahn an der Seite von Pavel David, Thomas Neubert und Patrick Mouaya das Funadament für den Aufstieg des HFC in die 3. Liga legte. Statisches Spiel mit langen Bällen von hinten heraus, geschlagen immer von Sebastian Mai. Ein Mittelstürmer mit Torinstinkt, aber  deutlichen Schwächen in der Ballannahme. Ein Torwart, der bei haltbaren Bällen sicher ist, bei unhaltbaren aber nur selten Darko-Horvat-Momente beschert. Ein Mittelfeld, das fleißig läuft. In den spielentscheidenden Szenen aber alles Sturm und Abwehr überlässt. Und eine Bank, die allenfalls Zeit, aber nicht Spiele gewinnen half.

Eine gute Mannschaft, immer noch. Aber keine sehr gute. So deutlich die HFC-Elf unter Ziegner zuletzt und unter Atalan durchweg unter ihrem Vermögen gespielt hat, so deutlich hat sie in den Jubeljahren der Ziegner-Ära über ihrer natürlichen Leistungsgrenze agiert. Schnorrenberg hat sie aus dem Keller geholt und wieder im Parterre einquartiert, auf dem Boden der Tatsachen, die keinen Zweifel daran lassen, dass das kommende Spieljahr in den Monaten bis zum Saisonstart im September vorentschieden werden wird.

Florian Schnorrenberg wird umbauen müssen, wenn der HFC in seiner neunten Saison in der 3. Liga nicht wieder einen Höllenritt erleben soll wie in der laufenden, die am Samstag mit einem Auswärtsauftritt beim Aufstiegsanwärter Würzburg endet. Gelingt dort ein Remis, landet der HFC zum Finale genau dort, wo seine Drittligageschichte in der Saison 2012/2013 begann: Zwölf Siege, zehn Unentschieden, 16 Niederlagen.

Damals reichte das zu Platz 10, diesmal wäre Platz 15 reserviert, gleichbedeutend mit dem schlechtesten Abschneiden der gesamten Drittligazeit.

Fortschritt ist in Halle eine Schnecke, die rückwärts schleicht. Und viel Platz ist nicht mehr bis zur Wand.

3 Kommentare:

Hase, Du bleibst hier.. hat gesagt…

Glückwunsch

Carl Gustaf hat gesagt…

Leider hat ab der Hälfte der Saison die Breite im Kader gefehlt, um den Hurra-Stil und die Ziegner-Philosophie durchhalten zu können. Die erste große Verletzung von Schilk konnte noch kompensiert werden. Mit der Verletzung von Jopek und Göbel war der Ofen dann leider aus. Und Ziegner konnte sich leider nicht auf das Mittelmaß einlassen.

Das große Geheimnis wird bleiben, was den HFC geritten hat, Atalan als Trainer zu verpflichten. Ich hatte den Eindruck, das man bereits am ersten Tag nach der Verpflichtung den Irrtum bemerkt hat, aber dann nicht mehr heilen konnte.

Die letzten Spiele sollte man nicht mehr zu kritisch bewerten und stattdessen froh sein, dass die Mannschaft noch einmal die Kurve gekriegt hat. Dass der Klassenerhalt bereits einen Spieltag vor Ende gesichert ist, hätte von vier Wochen kaum jemand zu hoffen gewagt.

ppq hat gesagt…

so sieht es aus