Donnerstag, 1. Oktober 2020

Was macht eigentlich... die deutsche Ratspräsidentschaft?

 

Es sollte der große Durchbruch werden, ein Fest über ein halbes Jahr, in dem alle gordischen Knoten zerschlagen und die Mehrzahl der akuten Probleme der Welt gelöst werden würden. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang Juli ihre große Rede zum Start der deutschen Ratspräsidentschaft hielt, gab es daheim in Deutschland kaum Zweifel daran, dass  nun eine neue Ära für die EU, für Europa, ja, womöglich sogar für die gesamte Menschheit angebrochen war. Merkel sollte es "richten" wie der deutsche Staatssender Deutsche Welle berichtete. Jetzt werde es "ernst", denn "wir Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind zu unserem Glück vereint", hatte Merkel den EU-Europäern ins Gewissen geredet.

Ein großer Tag, unvergessen, denn wenn auch die Ratspräsidentschaft in Zeiten, in denen eines der anderen Mitgliedsländer sie innehat, kein Thema für deutsche Medien ist, schlägt der Erwartungspegel stets aus, wenn die EU-Führungsmacht an der Reihe ist. Dann "ist eine besondere Zeit" (Tagesschau). Dann richten sich die Augen aller deutschen Journalisten auf die Schwerpunkte, die als zu erreichende Nahziele auf einer eigens eingerichteten Internetseite verkündet werden, die auch drei Monate nach dem Privacy Shield-Urteil des EuGH Daten von EU-Bürgerseienden in nicht-rechtssichere Überseegebiete exportiert.

Angela Merkel enttäuschte nicht, denn sie ließ bei ihren Ankündigungen kaum ein Gebiet aus.Die soziale Dimension sei genauso wichtig wie die wirtschaftliche, sagte sie, die Rechtsstaatlichkeit in der EU, ein leidiges Thema seit Jahren, wenn auch nicht, weil derzeit ein spanischer Politiker als politischer Flüchtling Asyl in den Niederlanden genießt, war genauso zentral. dazu kam der Zusammenhalt, der wichtig sei, die Überwindung der Pandemiefolgen, die Einigung über sogenannte "Finanzfragen" und der Appell an mehr Kompromissbereitschaft. 

In Erinnerung blieb jedoch vor allem, dass sich Angela Merkel nach Monaten strikter Weigerung bei ihrem Auftritt in Brüssel erstmals mit Maske zeigte. Ein Signal, dass die gebürtige Hamburgerin, die aus ihren DDR-Erfahrungen heraus weiß, was falsche Bilder anrichten können, nicht mehr wie zu Beginn der Seuchenzeit die Angst fürchtet, die eine maskierte Gesellschaft an ihrer inneren Sicherheit zweifeln lassen kann. Sondern den Verlust der Glaubwürdigkeit der verhängten Krisenmaßnahmen, derentwegen die "Grundrechte nur sehr kurzfristig" eingeschränkt werden dürften.

Klare Worte, die bis heute gelten und die wohl auch weiter gelten werden, denn die EU-Ratspräsidentschaft ist im Moment erst an ihrer Halbzeit angelangt. Und so vieles ist schon geschafft. Das große Geldpaket, mit dem Corona besiegt und die EU ein weiteres Mal gerettet werden wird, wurde geschnürt, zahlreiche Zeitungsschlagzeilen und Kommentare prangerten die anhaltende Undankbarkeit gewisser osteuropäischer Prä-Diktaturen gegenüber der grundsätzlichen Solidaritätsbereitschaft der starken Kernmächte an und nebenbei stellten sich die EU-Verträge ein weiteres Mal als dankbares Material von großer Dehnbarkeit heraus, deren Wortsinn je nach Lage jeweils operativ wörtlich verstanden werden darf oder nicht.

Danach verebbte die Welle der erwartungsfrohen Elogen auf kommende Großtaten allerdings fast schneller als Angela Merkel "Kompromissbereitschaft" sagen kann. Die billionenschwere Einigung auf die Corona-Hilfen hängt im EU-Parlament fest, das hier mehr und dort weniger und woanders etwas ganz anderes will. Der "Rechtsstaatsvorbehalt", mit dem die nach eigener Einschätzung offenbar nicht nur marginal unter Rechtsstaatsproblemen leidende Wertegemeinschaft EU die Einhaltung grundlegender Rechtsstaatsregeln durchsetzen wollte, kommt nicht vom Fleck und das Vorhaben, Corona-Reiseregeln wenigstens bei der Ankunft der zweiten Welle halbwegs zu vereinheitlichen, wurde vorsichtigerweise nicht mehr erwähnt.

Es macht ja doch wie immer jeder seins, und Deutschland macht vornweg. Von den Heilsversprechen der ersten Stunden der Ratspräsidentschaft ist schon lange nicht mehr die Rede, nun ist schon "wichtig, dass wir "mit möglichst vielen gesellschaftlichen Partnern über das soziale Europa sprechen“, wie Arbeitsminister Hubertus Heil  zusammenfasst, der während der deutschen EU-Präsidentschaft für ein "sozialeres Europa" (vorwärts.de) kämpft. Kleine Brötchen, ohne Belag.


6 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Merkel ist so billig wie das Bundesverdienstkreuz.

Trompetenblech ist da ja noch eine maßlose Übertreibung.
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Der höchste Orden des Landes kommt seit Jahren aus China. Doch die Qualität ist minderwertig.

bisher waren es geizverdächtige 2,67 Euro

Etui 2,60 Euro.

ppq hat gesagt…

so, wie die mit dem ding rumschmeißen, kann man dafür auch nicht mehr ausgeben. das ginge doch allzusehr ins geld

Die Anmerkung hat gesagt…

Ich hatte die Quelle für die Blechtaler vergessen.

https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/das-bundesverdienstkreuz-kommt-seit-jahren-aus-china-li.108577

1000 werden im Jahr verliehen

Gesine Lötzsch nannte es einen Treppenwitz, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Orden aus chinesischer Produktion überreichen müsse. Aber gute Qualität sei die Voraussetzung für lang andauernde Freude, erklärte die ehemalige DDR-Bürgerin. „Ich habe seit über 40 Jahren mein Abzeichen für gutes Wissen und konnte noch keine Schäden feststellen.“

Anonym hat gesagt…

das deutsche Trompetenblech erfüllt alle materialtechnischen Anforderungen ;gez.

Reichsführer Buntmetall , Sammlung und Beschaffung .

Jodel hat gesagt…

Deutsche Ratspräsidentschaft hin oder her. Das einzige was das restliche Europa von uns erwartet ist das wir, ohne groß nachzufragen, den Geldbeutel aufmachen. Das haben wir wie üblich brav gemacht. Das gab eine gute Presse und schöne Fotos. Bis zur nächsten Krise kann jetzt jeder für sich wieder weiterwursteln.

An der Heimatfront läuft derzeit dank der fehlerfreien und weltweit absolut besten Coronastrategie, sowie dem immer erfolgreicher geführten Kampf gegen Rechts alles auch ohne gute Nachrichten aus Europa supi. Es reicht wenn unsere Qualitätsmedien darüber lobend berichten. Mit den derzeitigen Umfragewerten braucht man kein Europa zur Ablenkung.

Sollte hier mal eine Woche nicht alles optimal laufen, bräuchte unsere erlauchte Kanzlerin sicher nur einmal mit dem Finger schnippen und unsere Blätter wären wieder voll mit Berichten wir toll wir die Ratspräsidentschaft wuppen und was Frau Merkel nicht alles angestoßen hat. Ob das mit der Realität auch nur im entferntesten was zu tun hätte, interessiert doch nur die üblichen Hetzer und Zweifler.

Also alles bestens im besten Schland aller Zeiten. Wenn wir Europa als Thema brauchen sollten, wird es da sein. Da können sie sicher sein.

Anonym hat gesagt…

Abzeichen für gutes Wissen ... ( = mit der roten Grütze wabbeln) ---

Karl Schrader (1915 - 1981) -- Abzeichen für gutes Küssen ...
(Ai wont tu hohl johr Hemd ...)

Davon abgesehen: Materialwert 2,76 Bernanke-Shekel - Könnte das auch ein Fähk sein, ein Roter Hering? Aber warum nich': Man hält sich für leidlich abgebrüht, und ist dennoch immer wieder und wieder platt wie eine Flunder.