Dienstag, 12. Januar 2021

Arme Grippe: Corona-Regeln helfen - nur gegen Corona nicht

Vorsichtig formulieren ist der gute Geist jeder Grafik: Keine Grippeerkrankungen weltweit heißt jetzt "extrem wenig".

Hassmails und Todesdrohungen, Bezichtigungen, das Geschäft der Verharmloser zu betreiben und strenge Mahnungen, sich an die Fakten zu halten, wie sie in der Bundespressekonferenz ausgegeben würde - das war das verheerende Echo auf eine PPQ.li-Veröffentlichung Ende November, in der der stille Tod der Grippe betrauert wurde. Ein Pflichtstück angesichts der Daten, die das internationale FluNet der Weltgesundheitsorganisation damals zeigte. Erstmals, seit der Mensch sich aus dem Tierreich erhob, gab es im globalen Maßstab keine Grippeerkrankungen.

Keine, nirgends

Nein, nicht so viele wie üblich oder wenige. Es gab keine. Labore hatten zum damaligen Zeitpunkt mehr als eine Million Proben auf Grippeerreger untersucht. Und sie waren in nur 100 Proben fündig geworden. Auch der Beginn des regulären Winters auf der Nordhalbkugel hat daran nicht viel geändert. Aktuell sind weltweit 379 Menschen an Grippe erkrankt. 

Es ist ein Wunder, vielleicht sogar das größte Wunder der Menschheitsgeschichte. Denn eigentlich ist es seit Menschengedenken so, dass alljährlich etwa zehn bis 20 Prozent der Weltbevölkerung an Influenza erkranken. Eine echte Grippe wirft ihre Wirte für ein bis zwei Wochen danieder, es wird gehustet und gelitten, gefiebert und bakterielle Sekundärinfektionen machen alles nur noch schlimmer. Seit Jahrtausenden gehört das zum gewöhnlichen Lebensrisiko des Menschen, selbst Schutzimpfungen konnten die Influenzaviren nicht wirklich aus der Welt schaffen.

Corona rottet die Grippe aus

Das gelang erst den Corona-Maßnahmen, die allen Statistiken zufolge zwar kaum gegen das Corona-Virus wirken, nun aber dafür verantwortlich gemacht werden, dass mit den Influenzaviren einige der ältesten Begleiter der Menschheit binnen nicht mal eines ganzes Jahres ausgerottet werden konnte. Benötigten die Aborigines noch ein paar tausend Jahre, um 19 von 20 Großwildarten in Australien auszurotten und die brauchten die Indianer noch fast ebenso lange, um das vollbewaldete Amerika brandzuroden, ging diesmal alles viel schneller. 

Seit dem ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr hat sich Covid-19 zwar wie ein Waldbrand durch die Gesellschaft gefressen, je mehr sogar, je schärfer die Eindämmungsvorschriften ausfielen. Doch der Grippe haben die Maßnahmen den Garaus gemacht. Ein schönes Ergebnis, wenn auch nicht ganz das, was beabsichtigt war.  Wie damals, als das erste Reh versehentlich gebraten wurde, weil einer Gruppe von Homo erectus ein Lagerfeuer außer Kontrolle geriet, endeten die Schul- und Kitaschließungen, die Homeoffice-Verbannungen, die Abstandsregeln,das anfängliche Abwischen aller Einkaufswagen mit Alkoholmischungen, die Kontaktbeschränkungen und das Absingen der europäischen Hymne beim rituellen Händewaschen mit dem überraschenden und plötzlichen Tod der Grippe.

Nur wenige Nachrufe

Eben noch ein regelmäßiger Gast, der immer wieder zu Besuch kommt obwohl ihn niemand sehen will, verabschiedet sich die Grippe in aller Stille. Winzig nur sind die wenigen Nachrufe, die die Absenz der Influenza auch eher animistisch erklären: Sie mache "sich rar in diesem Jahr und zwar überall auf der Welt", heißt es einigermaßen ratlos über das teure Missvergnügen, das sich bisher Millionen Jahr für Jahr wider Willen gönnten. Ehe das große Grippe-Wunder geschah und der MDR amtlich verkünden konnte: "Corona-Maßnahmen helfen auch gegen Grippe".

Ein glücklicher Zufall, denn ausweislich aller Zahlen helfen die bisherigen Corona-Maßnahmen ja eher wenig bis gar nicht gegen Corona. Nun sind sie aber wenigstens zu fast hundert Prozent gegen Influenza wirksam, eine Erkrankung, die bisher nicht nur in jeder Grippesaison für Schmerzen, Leid und zahlreiche Todesopfer gesorgt hat. Alles richtig gemacht also, nur das laut zu sagen verbietet sich, weil eine Freudenfeier unweigerlich die Frage aufwerfen würde, warum etwas wirkt, wenn es doch den beabsichtigten Zweck offenbar verfehlt. Die Grippe stirbt so unbetrauert, ein Corona-Opfer, das auch am neuen bundesweiten Covid-19-Gedenktag keinen Kranz gelegt bekommen wird.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

die auf dem Boden des Grundgesetzes gültige Version der Vorsehung.

https://www.klonovsky.de/2021/01/10-januar-2021/

Klonovsky mal wieder gottgleich

Anonym hat gesagt…

Wo sind denn die Umweltheinis? Da stirbt eine Spezies aus und keiner unternimmt was!

Anonym hat gesagt…

Das marxistische Schrifttum nach dem Tode von Marx ist eine einzige durchgehende Reflexion über die Parusieverzögerung.

DER absolute Brüller von Klonovsky --- Jedenfalls nach meinem Geschmack. Wer diese meine Ansicht teilt, den will ich preisen.

Carl Gustaf hat gesagt…

"Wo sind denn die Umweltheinis? Da stirbt eine Spezies aus und keiner unternimmt was!"

Apropos ausgestorbene Spezies: https://www.nature.com/articles/s41586-020-2818-3