Dienstag, 8. Juni 2021

EUmbennungswelle: Steuerhammer für Großkonzerne

Anton Hofreiter trommelte bereits vor Jahren für die Strategie vieler Unternehmen, Steuern einfach nicht zu zahlen.

Was für ein Erfolg! Ein Durchbruch, ein Neuanfang, ein großer Schritt zu einem wichtigen Ziel! Als wegweisende Neuerung feiert Mediendeutschland "härtere Steuerregeln für Konzerne" (Handelsblatt, ZDF, WiWO, SZ, DPA) - endlich sei es EU-Vertretern gelungen, sich zu einigen. Nun geht es den globalen Steuerverkürzern, die ihre Einnahmen dort versteuern, wo es für sie am günstigsten ist, an den Kragen!

Das zumindest legen die Schlagzeilen nahe, die getreulich den Vorgaben aus Brüssel folgen. Doch in Wirklichkeit geht es hier natürlich keineswegs darum, Voraussetzungen zu schaffen, die ein gemeinsamer Markt bieten müsste: Im Wettbewerb um die Ansiedlung großer Unternehmen bleiben die Steuersätze  in der EU das wichtigste Werbemittel, die Umsatzsteuer, in der EU offiziell nach den Vorgaben von Karl Marx "Mehrwertsteuer" genannt, streckt sich weiter zwischen 19 und 27 Prozent und bei der Einkommenssteuer profitieren die Bulgaren von einer Flatrate von nur 10 Prozent auf alles, während Deutsche, Dänen, Belgier und Portugiesen fast die Hälfte ihres Einkommens an Vater Staat abtreten.

Legende Finanztransaktionssteuer

Schon lange sollte sich hier etwas tun, wollte die EU eine Harmonisierung erreichen. Weil kein Mitgliedsstaat freiwillig etwas abgibt, wich man zwischendurch immer wieder auf vermeintlich knapp bevorstehende globale Lösungen aus. Legende ist die Finanztransaktionssteuer, die die entfesselten Märkte bändigen sollte und in den Ländern, die keinen gemeinschaftsspaltenden  Transaktionssteuernationalismus betreiben, eben erst ihren zehnten Todestag feierte. Nicht einmal mehr betrauert von der schon zuvor ums Leben gekommen weltweiten "Attac"-Bewegung und den selbsternannten 99 Prozent, die vor fridays for future fridays for future waren.

Ein Schicksal, das auch der globalen oder auch nur europaweiten Unternehmenssteuerharmonisierung vorbeschieden ist. Mögen die NGOs, die davon leben, vermeintliche Steuersparmodelle anzuprangern, obwohl die sie tragenden Stiftungen zumeist selbst Steuersparmodelle sind, auch wettern: Wie Wasser zum tiefsten Punkt fließt, zieht es Unternehmen dorthin, wo sie zusammengerechnet am günstigsten wirtschaften können.

U2 in der Heerengracht

Deshalb befindet sich der Unternehmenssitz der fortschrittlichen Rockband U2 in der Heerengracht in Amsterdam, wo die Einnahmen aus immateriellen Rechten sozialverträglich besteuert werden. Deshalb residiert der europäische Ableger von Amazon in Luxemburg, wo der spätere EU-Chef Jean-Claude Juncker selbst die Einladungsschreiben ausstellte. Deshalb unterhielten die deutschen Staatsbanken in den goldenen Jahren der Turbospekulation Legionen von Niederlassungen etwa im US-Bundesstaat Michigan. Deshalb auch gründete das Bundesland Sachsen-Anhalt vor Jahren eigens einen Fonds in den Niederlanden, um in engem Zusammenwirken mit dem Londoner Scharia-Rat steuersparsam neue Schulden nach islamischem Recht machen zu können.

Es ist weltweit wie mit den kommunalen Hebesätzen: Immer sind sie anders. Überall. Und kaum versucht einer, das zu ändern, wird allen Beteiligten klar, dass  jeder mit dem Ist-Zustand besser leben kann als mit der Ungewissheit, nach einer grundstürzenden Neuordnung vielleicht schlechter dazustehen. Wenn die EU also nach fünf Jahren einen Durchbruch ankündigt, kann es sich nur um einen großen Wurf handeln: Es geht den Multis an den Kragen, niemand kann sich mehr entziehen oder verstecken, denn "neue EU-Regeln" (DPA) ändern das jetzt.

Fingerhakeln um weltweite Hebesätze

Und wie! Nach sechs Jahren Armdrücken, Fingerhakeln und Schienbeintreten nimmt die EU die Großunternehmen in der Europäischen Union gemeinsam an die Kandare: Firm,en mit mehr als 750 Millionen Umsatz müssen künftig keinen europaweit einheitlichen Steuertarif für Gronunternehmen zahlen, sondern offenlegen, wie viel Steuern sie in welchem Land gezahlt haben. Auf diesen radikalen Schritt haben sich die Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments geeinigt.

Der auf einen Vorschlag des neuen Europäischen Amtes für einheitliche Ansagen (AEA) als "Country-by-Country-Reporting" bezeichnete "Meilenstein für mehr Steuergerechtigkeit" (EU) bringt keinen Cent Steuermehreinnahmen, beendet aber einen langjährigen Streit um einheitliche Unternehmenssteuersätze in der Gemeinschaft. Die EU-Kommission hatte schon 2016 den Vorschlag zur Änderung der Rechnungslegung gemacht, war dabei bei den Mitgliedsstaaten aber auf eine Mauer der Ablehnung gestoßen. Fiskalnationalistisch beharrten Niedigsteuerstaaten wie Luxemburg, Rumänien oder Ungarn auf ihrem recht, mit niedrigen Sätzen neuansiedlungsbereite Unternehmen anzulocken. 

Mindeststeuer als Hoffnungsschimmer

Gefühlte Hochsteuerstaaten wie Deutschland und Malta dagegen verwiesen darauf, dass sie die Einnahmen benötigen, um Rettungspakete für hilfsbedürftige Nachbarn zu schnüren, denen es nach dem Erfolg der G7-Initiative zur weltweiten Mindeststeuer in Bälde an der Möglichkeit fehlen wird, durch günstigere Steuersätze Großunternehmen aus Hochsteuerstaaten wie Frankreich (Körperschaftssteuersatz 26,5 Prozent), Spanien (25 Prozent), Dänemark (22 Prozent) oder den USA (21 Prozent) abzuziehen. Deutschland hatte das zuletzt mit einer Senkung der Unternehmenssteuersätze von 25 auf 15 Prozent versucht, danach aber fast ein Jahrzehnt gebraucht, um die Einnahmen wieder auf den Betrag des Jahres 2007 zu bringen.


12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Solche linke Denke beruht auf der pseudomarxistischen Fiktion, dass Unternehmen 'reich' seien. Ein Gewinn geht aber teils in die Ausschüttung an die Anteilseigner und wird da besteuert, teils in Investitionen, ohne die man jede Firma nach kurzer Zeit abhaken kann (siehe Ölindustrie in Venezuela). Rücklagen sind kein Gewinn und in Zeiten negativer Zinsen auch nicht attraktiv, und jeder Mitarbeiter einer Firma zahlt auf sein Einkommen ebenfalls ordentlich Steuern (Einkommens- und Verbrauchssteuern). Das ist für durchschnittliches Polit- und Medienpersonal aber schon zu komplex.

Steuermann hat gesagt…

Eine EU, in der Kleinststaaten oder gar nur Inseln sich zu Steueroasen erklären können, in denen dann zig tausende Firmen ihren fiskal günstigsten Scheinsitz haben, um ihre "Teilhabe" an jenen Gesellschaften, von denen sie wirtschaftlich profitieren, zu vermeiden, eine solche EU ist nur eine Art Mafia.

Während internationale Konzerne sich bei uns "arm" rechnen dürfen, ist den einheimischen Unternehmen diese Möglichkeit verwehrt. Da bereichern sich also einige Invasoren auf Kosten einer Allgemeinheit, die denen eine gute Infrastruktur bereit stellt, die auch irgendwer bezahlen muss.

Während einheimische Cafebetreiber unsere hohen Steuern und Abgaben voll berappen müssen, darf z.B. Starbucks nebenan Querverrechnungen vornehmen, um sich dieser Pflicht weitgehend zu entziehen. Alles streng nach Gesetz und somit legal. Aber wer macht solche Gesetze und warum? Ich vermute, korrupte Politiker.

Können wir ohne z.B. Starbucks etwa nicht mehr überleben?
Können wir mit z.B. Starbucks etwa überleben?

Diese Praxis zweierlei Rechts ist nur ein weiterer Beweis unserer Selbstzerstörung. Und weil es so verdammt trendy ist, rennen all die Wichtigtuer zu asozialen Fremdläden, während unsere Anbieter pleite gehen (müssen). Und dazu noch alles in Fremdsprache, um unsere eigene auszulöschen.

Ach ja, Otto Normalverbraucher ist kaum Anteilseigner, und auch Angestellte in rein deutschen Firmen zahlen ihrerseits ordentlich Steuern und Abgaben! Das ist also kein Argument, sondern nur Augenwäscherei. Für wen arbeitest Du?

Auch hier streuen die globalen rechten Lobbyisten der Mitte längst ihre Propaganda. Scheint aber keine sonst so übermotivierte Zensursau zu kümmern.

Anonym hat gesagt…

Tipp des Tages : Land kaufen , Haus bauen , schwarz arbeiten , Staatsknete abgreifen .

Anonym hat gesagt…

>darf z.B. Starbucks nebenan Querverrechnungen

DANN KAUF DOCH DIE AKTIEN.
Himmel! Deutsche werden es nie kapieren.

ppq hat gesagt…

@steuermann: und wo steht, dass deine bäckerei ihren sitz nicht in irland haben darf? zweierleich recht? zweihunderterlei minimum

und ja, dann kauf die aktien

Anonym hat gesagt…

kauf die Scheißaktien !! ^^

ppq hat gesagt…

der ton! bitte

Anonym hat gesagt…

Tipp des Tages : Land kaufen , Haus bauen

Witzbold. Hasen fängt man ganz einfach, indem man ihnen Pfeffer auf den Schwanz streut.
Ich habe vielleicht 30 Riesen auf der Naht, von denen ich zwanzig einigermaßen sofort locker machen könnte.
Und wie ich dieses schwachsinnige Geseiher hasse: Selber schuld. Könnte JEDER steinreich sein, wenn er nur ordentlich mit Aktien schachern täte.

Anonym hat gesagt…

>Könnte JEDER steinreich sein, wenn er nur ordentlich mit Aktien schachern täte.

Ein weiterer häufiger Irrtum ist, Aktienspekuklation mit Aktien als Anlageform zu verwechseln.

Steuermann hat gesagt…

DANN KAUF DOCH AKTIEN.

Vater unser, unser täglich Dividende gib uns heute, damit wir profitgeilen Schlaumeier uns zu den reichen Gewinnern eines asozialen Verbrechersystems zählen dürfen.

Preisfrage: Was soll ich mit Aktien, wenn ich für deren Gewinn nur noch internationalen Importmist kaufen kann, weil alles einheimische Gute dadurch in die Pleite getrieben wurde?

Ich liebe kleine gemütliche Traditions-Cafes und finde diese ultramodernen To-Go-Möchtegernbaristatempel nur dekadent. Warum also sollte ich das ändern? Wegen dubioser Steuergesetze offensichtlich korrupter Politiker und der Geldgier gewisser Egomanen?

Was wollt ihr eigentlich? Oasen für besonders raffinierte Abzocker? Oder eine intakte Gesamtgesellschaft mit zumindest gleichen Chancen für alle?

DANN KAUF DOCH AKTIEN.

Dank dieser Einstellung sind wir genau da, wo wir mit allen Problemen heute sind. Eine stinkreiche Elite und immer mehr Habenichtse.

Das war vor kaum 50 Jahren noch anders. Da konnte auch ein einfacher Arbeiter seine Familie ernähren, sich zumindest auf dem Land ein großes Haus bauen und noch ein robustes Auto dazu.

Eure Geldvermehrungs-Zauberformel ist also des Teufels, denn sie diente bisher nur wenigen.

Anonym hat gesagt…

Ein weiterer häufiger Irrtum ist, Aktienspekuklation mit Aktien als Anlageform zu verwechseln. ----

Eingeräumt, kleine Schlampigkeit von mir, doch fast ohne Bedeutung. Denn für das Bunkern von Aktien gilt das ja wohl genau so auch: Wenn ALLE nur geschickt in Aktien anlegten, brauchte keiner arm zu sein.

Anonym hat gesagt…

beruht auf der pseudomarxistischen Fiktion ...

Aber genau so. Der Selbständige (auch der Ein-Mann-Unternehmer, der nur sich selbst ausbeutet) ist a) Verbrecher, den man aus purer Gnade leben läßt, und b) beliebig abzumelken, "bunkert irgendwo noch Asche" ...