Sonntag, 22. August 2021

Bundestagswahl: Geteilter Himmel


Drei Jahrzehnte deutsche Einheit, und nichts ist einig im Land des viermaligen Fußballweltmeisters. Sah es gerade noch nach einem knappen, aber sicheren Sieg des Dauersiegers Union aus, angetrieben von einer beruhigenden Impfkampagne und dem milden Vergessen, das langsam über das desaströse Pandemiemanagement von Bundes- und Landesregierungen fällt. Das Kampfziel von CDU und CSU war früh klar. Einfach stärkste Partei werden, dann wird man sich den oder die künftigen Kabinettskollegen aussuchen können, so spekulierte Armin Laschet, der von sich selbst weiß, dass er der falsche Kandidat zur falschen Zeit ist. Aber in der Gewissheit antritt, dass es nicht darauf ankommt, wer sich in einem Feld aus Angeschlagenen und Lahmen als Erster ins Ziel schleppt.

Spannungen am Graben

Was Laschet unterschätzt hat, ist die tiefe Spaltung, die sich auch im 31 Jahr nach dem Anschluss der Ostgebiete quer durch Deutschland zieht. Waren es vor vier Jahren noch ausschließlich die Transfergebiete im Norden, die dem damaligen SPD-Kandidaten Martin Schulz zu folgen bereit waren, hat dessen Nachfolger Olaf Scholz inzwischen neun der 16 Bundesländer in SPD-Hochburgen verwandelt. Im Westen wie im Norden wäre die SPD aktuellen Projektionen der Demoskopen zufolge stärkste Partei, wenn jetzt schon Wahltag wäre. Im hohen Norden, im tiefsten Süden und in der Hauptstadt hingegen verfängt die rechtsextreme Kampagne gegen die grüne Spitzenkandidatin Annalena Baerbock nicht - hier wären die Grünen stärkste Partei. Im Süden des Ostens dagegen schneidet die Schwefelpartei am besten ab. Eines Sieges sicher sein kann sich die Union momentan nur noch in Sachsen-Anhalt und Bayern. 

In vier Wochen droht der deutschen Christdemokratie ein Desaster, gegen das die Pleite von Kabul wie bloßer Kosmetikschaden wirkt, den geduldiges Zeitspiel, ein paar Schuldeingeständnisse und der Verweis auf ungünstige Umstände schnell vergessen zu machen versprechen. Doch gegen eine totgeglaubte Partei wie die SPD zu verlieren, dürfte in der CDU das Unterste zuoberst schütteln: Laschet wäre erledigt, doch auch hinter Laschet ist ja nach 16 Jahren Angela Merkel niemand mehr, der mit den Füßen trampelt und den das Volk unüberhörbar ruft.

Hoffnungszeichen Scholz-Graben

Schlimm für die Karriereaussichten der aktiven Führungsgremien, gut aber für Deutschland, das die vielbeklagte Trennung von Ost und West erstmals sichtbar überwunden hat. Hatte der Schulz-Graben seinerzeit schon angedeutet, dass die Wunden des Kalten Krieges langsam schließen, zieht sich der Scholz-Graben nun so deutlich an einer Demarkationslinie entlang, die nicht mehr mit Ost und West zu tun hat, dass das - 1990 vorfristig gestrichene - Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes nunmehr als erfüllt gelten kann.

Die Teilung verläuft nun endlich quer, nicht mehr längs, Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, aber auch Sachsen-Anhalt und Bayern sind einander ideologisch näher als das Saarland und Schleswig-Holstein oder Niedersachsen und Baden-Württemberg. Die letzten reste der alten DDR lassen sich in Thüringen und Sachsen besichtigen: Zwei failed states in unterschiedlichen Entwicklungsstufen heute schon, Demokratielabore wie auch Sachsen-Anhalt, das zumindest für die kommende Legislaturperiode safe ist mit einem neuen Magdeburger Modell, das in der Weimarer Republik Premiere hatte, seit den 50er Jahren aber nirgendwo mehr ausprobiert wurde. 

Mehr Einheit war nie

Blaue Inseln im roten Meer, an dessen Ufern grüne Strände sprießen. Endgültig geht hier vor aller Augen ein Zeitalter zu Ende, das nur ostdeutsche Mündel und westdeutsche Meister kannte, trotzige Wähler*innen der Linkspartei hier und unbelehrbare Anhänger des Wohlstands für alle der Kohl-Ära dort. Mittlerweile ist das Bild gemischt, die Interessen sind divers geworden.  Es kommt nicht mehr darauf an, dass die Spitzenkandidaten aller Parteien aus dem Westen Deutschlands stammen, auch die, die aus taktischen Gründen im Osten antreten. Es zählt nicht mehr, wer wo früher seine Stammlande hatte. Das neue Deutschland ist bunt, ein Flickenteppich aus fröhlichen Farben.Und über den blühenden Landschaften liegt ein geteilter Himmel.


1 Kommentar:

Himmelstürmer hat gesagt…

Ein Blick reicht, und man erkennt: Es gibt nix neues unter der Regenbogensonne im per ... sorry ... diversen Minderheitenreservat und bessermenschlichen Weltretterparadies Deutselan.

Die gleichen Glomsköppe wählen die gleichen Parteibüttel erneut zu ihren Häuptlingen. Und ob da diesmal nun einer im schwarzen, roten oder grünen Kaftan rumturnt und Diäten verschlingt, und vier Jahre später ein anders kostümierter Dressuraffe seine nimmersatten Zirkuskapriolen vorführt, macht für ein dämliches Publikum keinen Unterschied. Die bekommen Schau geliefert, denn deutsche Politik ist nur Theater, weil die alle Fäden ziehenden Kriegssieger in den USA bestimmen, wie unsere korrupten Regierungsmarionetten zu zappeln haben. Da kann unsereiner ankreuzen, was er will. Den Weg ins Wahllokal kann man sich also sparen und besser in eine echte Kneipe gehen, um die praktizierte Scheinheilsverlogenheit mit Feuerwasser wegzubrennen.

Was also nützen zwei hellblaue germanische Dörfer, wenn alle anderen zusammen Römisches Imperium spielen, um widerspenstige Querdenker fertig zu machen? Oder wie Borg handeln, die jeden in ihr Zombie-Kollektiv assimilieren wollen. Oder wie Nazis mit ihrer totalen Gleichschaltung. Da entsteht ein neues Cäsarentum, und fast alle bejubeln diese auf Sklavenarbeit basierende Klassengesellschaft mit immensen Ausgaben für angeberische Großmannssucht.

So war der fluchtartig abgebrochene Afghanistaneinsatz nämlich ein voller Erfolg, denn außer allen nicht gesoffenen Biervorräten konnte auch ein 25 Tonnen schwerer Gedenkstein für die nicht kostenlos aber umsonst gestorbenen Soldaten heim ins Reich transportiert werden, während sich keine Sau um das weitere Schicksal ihre dortigen "Ortshelfer" kümmerte. Totenkultaltäre ja, Lebensrettung der dortigen Hilfskräfte vor Steinzeitlern mit von uns selber hin gekarrten modernsten Waffen, nein. Wieder einmal hat der Westen im Orient auf ein bei seinem Volk verhasstes korruptes Pferd oder besser Schwein gesetzt und ist schmählich gescheitert, weil die Leute unsere Selbstbediener-"Demokratie" nicht wollten. Und der deutsche Doofmichel durfte alles alimentieren. Ist also wohl weniger klug als die Afghanen mit ihren zumindest noch intakten Instinkten.

Eine wie auch immer farblich ausgehende Wahl wird hier also nix verändern, denn unsere kollektive Psychose ist bereits zu weit fortgeschritten, um noch geheilt zu werden. Diese Irren wollen ihr Absurdistan um jeden Preis haben. Um jeden Preis ...

Sie werden es bekommen und wie früher teuer dafür bezahlen.