Montag, 11. Oktober 2021

Erstes Öko-Kerosin: Niemals nach New York

Fliegen wird mit Öko-Kerosin umweltfreundlich, braucht aber dafür gewaltige Flächen und eine große Zahlungsbereitschaft.

Riesenerfolg deutscher Ingenieurkunst, deutscher Schöpferkraft und deutscher Klimamühen: Im nordwestdeutschen Emsland wurde jetzt die weltweit erste Industrieanlage angefahren, die in der Lage ist, den Flugzeugkraftstoff Kerosin "im industriellen Maßstab synthetisch herzustellen" wie die staatliche Deutsche Welle meldet. Ein Meilenstein der Ära Merkel, die von Anfang an vom Willen geprägt war, die Welt zu retten. Der neue technologische Meilenstein, vor seiner öffentlichen Enthüllung sorgfältig versteckt in einem kaum bekannten Landstrich am Mittellauf der Ems im westlichen Niedersachsen und im nordwestlichen Nordrhein-Westfalen, weist nun den Weg in eine klimaneutrale Zukunft, die es den Menschen weiterhin erlauben wird, ohne Verzichtsängste und Schuldgefühle zu fliegen.  

Ein deutscher Durchbruch

Denn die "erste Fabrik zur Herstellung von CO² neutralem Kerosin" (DPA) verwendet Windkraftstrom, um in einem aufwendigen Elektrolyse-Verfahren Wasserstoff herzustellen, der danach in einem ebenfalls aufwendigen chemischen Prozess unter Zuhilfenahme des "Klimagases Kohlendioxid" (DPA) und diverser Lebensmittelreste in Kerosin verwandelt wird. Die Anlage, nicht einmal so groß wie ein Fußballplatz, erzeugt euphorisierten Medienberichten zufolge am Tag fast 1.300 Liter Öko-Kerosin. Um den weltweiten Bedarf von etwa  365 Milliarden Liter Kerosin zu decken, bedürfte es nur noch einer Erweiterung der Anlage um zirka 300 Millionen weitere Fußballfelder. 

Es ist ein echter deutsche Durchbruch zum klimaneutralen Fliegen. Aber da Deutschland selbst nur über eine Gesamtfläche von etwa 50 Millionen Fußballfeldern verfügt - umgerechnet 139 Saarländer bei einem gesamten Flächenbedarf der Öko-Kerosin-Industrie von etwa 850 Saarländern -  sind die europäischen Partner gefragt. Um "grünes Kerosin für die Wende am Himmel" (ZDF) in ausreichender Menge herzustellen, müssen alle Mitgliedsstaaten der EU ausnahmslos die Hälfte ihrer Landfläche bereitstellen. "So kann's gehen" (Die Zeit), das "Fliegen mit Wasserstoff ohne dem Klima zu schaden". 

Fliegen auf den Flügeln der Fantasie

Ein wenig sehr viel mehr Wind- und Solarenergie, ein wenig mehr europäische Entschlossenheit, ein wenig mehr Euphorie über ganz kleine Schritte und kein kleinteiliges Kritisieren von Flächenbedarf und Produktionskosten. Wie es gehen kann, haben die deutschen Medien in den Festtagsartikeln zur Einweihung der Emsländer Kleinstanlage beispielhaft gezeigt: Die Information, dass die "Lufthansa der größte Abnehmer sein" (DPA) werde, stimmte Fluggäste landauf, landab froh. Denn jedem ist klar, dass " auch der Luftverkehr seinen Beitrag leisten muss", wie die eigens angereiste Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zur Eröffnung klarstellte.

Dass die Jahreskapazität der Anlage nicht einmal reicht, einen einzigen Airbus auch nur den viertelsten Weg von Frankfurt nach New York zu tragen, fiel hingegen unter den Tisch. 25.000 Liter grünes Kerosin produziert Deutschland Vorzeigefabrik im Jahr. Ein Passagierjet braucht für die Strecke nach New York 115.000 Liter braucht. - weder bei "Tagesschau" noch bei der FAZ oder beim Deutschlandfunk reichte der zur Verfügung stehende knappe Platz im Internet, um diese Tatsache mitzuteilen, die Teile der Bevölkerung womöglich doch hätte irritieren können.

Große Chancen in deutschen Medien

Schließlich sieht die scheidende Umweltministerin in der Produktion von Öko-Kerosin "große wirtschaftliche Chancen für Deutschland". Bald werde die ganze Welt dem emsländischen Vorbild nacheifern und grünen Sprit kochen. Denn wenn die ehemalige Heimat von Dichtern, Denkern und Ingenieuren jetzt "zeige, dass diese Technologie funktioniert, schafft das auch neue Exportchancen für den Anlagenbau", erklärte Schulze. 

Chancen, die für jedermann mit Händen zu greifen sind, der nicht in einem deutschen Medienhaus, in einer deutschen Fernsehanstalt oder einem deutschen Ministerium arbeitet. Derzeit kostet ein Liter Kerosin an der Flugzeugtankstelle um die 33 Cent. Ein Liter Klima-Kerosin hingegen schlägt in der Herstellung mit fünf Euro zu Buche. 

Die Betankung eines Airbus mit Zielort New York, die derzeit etwa 40.000 Euro kostet, wäre ökologisch nachhaltig mit Emsländer Bio-Treibstoff schon für knapp 600.000 Euro zu haben. Allerdings müssten die Fluggäste die Bereitschaft mitbringen, statt wie bisher etwa 80 Euro für ihren Treibstoffanteil künftig um die 1.300 Euro zu zahlen - plus Umsatzsteuer, Luftverkehrsabgabe, Flughafenentgelte, Servicepauschale und Luftsicherheitsgebühr. Ein Flug in die USA würde, der augenblicklichen Preisformel der Fluggesellschaften folgend, dann nicht mehr 800 oder 900 Euro kosten. Sondern um die 5.000.

Treibstoff des Ausstiegs

Klima-Kerosin ist damit, wie der Klimaforscher und Schirmherr der Produktionsanlage, Mojib Latif, betont, "angesichts extremer Wetterereignisse und aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Klimakrise" der Sprit der Stunde, der Treibstoff zum Ausstieg aus der Internationalität und dem weltweiten Tourismus, das Agens, das das Fliegen zum Erliegen bringt, soweit es normale Menschen mit ganz gewöhnlichem Einkommen betrifft. "Die Gesellschaft ist bereit für entschiedene Schritte. Wir müssen beim Klimaschutz nicht auf die großen Ölkonzerne warten".



18 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Linda Zervakis über Klimawandel: „Menschen werden sich erst verändern, wenn es gesetzliche Regelungen gibt. Vermutlich können Menschen erst durch Strafen erreicht werden.“
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Dann sollte der NWdeutsche Flugzeugsprit zur gesetzlichen Norm für deutsche Klimarettungsflieger gemacht werden, dann lernen die deutschen Menschen mit Schmerzen, daß man nicht überall Urlaub machen darf.

Daß Menschen sich sehr lange ohne deutsche Gesetzesregeln änderten, das auch weltweiter Stndard ist, die deutschen zu ignoreren, das kann eine Frau nicht wissen, die früher das Weltgeschen in 15 Minuten preßte.

Anonym hat gesagt…

Mindestens 1000 Reichsmark kostete eine einfache Fahrt in der Doppelkabine in die USA - dafür musste ein Angestellter 1936 gut fünf Monate lang arbeiten.
https://www.spiegel.de/geschichte/reisen-mit-der-hindenburg-a-947562.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Leuna-Benzin
Leuna-Benzin wurde aber unter den Nazideutschen nicht aus Elektrolysewasserstoff hergestellt. Typisch Nazis halt.


And I've seen it before
And I'l see it again
Yes I've seen it before
Just little bits of history repeating
-Shirley Bassey

Anonym hat gesagt…

Frau Zervakis irrt sich wohl öfter und sehr heftig. Zitat:
Die TV-Frau sagt in „Max“ ... . Die ,Tagesschau‘ hat ein wahnsinnig hohes Ansehen.

Die Funktionsbezeichnng 'TV-Frau' ist auch treffender und grenzwertig perfider als es der Schmierfink ahnte.

Anonym hat gesagt…

Dr. Mofa La Tief sollte die Heimreise antreten und seinen Mitbürgen die neue Klimapolitik beibringen .

seit 40 Jahren predigen west "Eliten" : "mehr Entwicklungshilfe , mehr Technik für Indien etc.pp "

Resultat : 1,2 Mrd Esser die alle so leben wollen wie die Europäer .

Überbevölkerung wird bei der gez nicht thematisiert ( weil logische Folgerungen nicht pc sind )

immerhin : die Russen werden ihren Lebensraum niemals mit den explodierenden Massen dieser Erde teilen

ppq hat gesagt…

latif ist ein hamburger jung, also bitte könnte er das nach einer "heimreise" nur hamburgern beibringen

Anonym hat gesagt…

https://www.youtube.com/watch?v=rTvPJXDF2P8

re Mofa Lativ : ist das so ?

wollen wir darüber streiten ab wann man ein "hamburger Jung " ist ?


Anonym hat gesagt…

latif ist ein hamburger jung, >>>>>>

Wie ich uns' Blogwart kenne, ist das - hoffentlich - besonders feinsinnige Ironie.

Anonym hat gesagt…

Teils herrlich, teils trübselig stimmend. Erinnert an Erich den Weisen mit seinem Megabait-Tschipp. Dieser wieder erinnert an Dr. Nobel Price von der Sesamstraße, der immer Sachen erfunden hat, die es schon gab: Der Sprechestab - Was haben Sie denn da in der Hand? - Kermit: Das nennt man Mikrophon ... Ich glaube, ich kriege Schreikrämpfe! Frühmorgens erfindet man es, und am Nachmittag sind schon billige Kopien auf dem Markt!
Scherz beiseite: Die BASF hatte angeblich schon in den Neunzigern ein Verfahren entwickelt, aus Kunststoffen ohne großartige Trennung wieder eitel Rohöl zu machen, aber - es hat nicht sollen sein ...

ppq hat gesagt…

@anonym: eine tatsache

Anonym hat gesagt…

>Die BASF hatte angeblich schon in den Neunzigern ein Verfahren entwickelt, aus Kunststoffen
>ohne großartige Trennung wieder eitel Rohöl zu machen, aber - es hat nicht sollen sein

Es ist nicht rentabel, weil man die Energie, die man rausholen will, vorher reinstecken muss, mit immensen Energieverlusten.

Die Anmerkung hat gesagt…

Persönliches

Mojib Latif wurde in Hamburg geboren und hat dort – gemeinsam mit zwei Brüdern und einer Schwester[21] – auch seine Kindheit verbracht. Seine Eltern sind beide Pakistani

Die Anmerkung hat gesagt…

https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/norwegen-gericht-erklaert-teile-von-europas-groesstem-landwindpark-fuer-unzulaessig-a-6e1ab9c5-7db7-4cf3-be71-390515b953d5

Sieg für Ureinwohner

Gericht erklärt Teile von Europas größtem Landwindpark für unzulässig

Das Oberste Gericht Norwegens hat 151 Windrädern im Zentrum des Landes die Betriebserlaubnis entzogen – weil sie die Rentierherden der dort lebenden Ureinwohner verstören.
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Das wäre doch eine Idee für die Ureinwohner in deutschen Landstrichen, mit Kröten, Fledermäusen oder Seeadlern gegen den grünen Größenwahn vor Gericht zu ziehen.

Anonym hat gesagt…

Es ist nicht rentabel, weil man die Energie ...

Schon richtig. Aber eine Möglichkeit, das Zeug auf nützliche Art loszuwerden.
Was die Energie angeht, auch schon mit der heute möglichen Technik, wenn man denn wollte, man will aber nicht, so könnte man die Elemente ineinander umwandeln, und Bad- und Scheixxhausarmaturen aus purem Golde machen. Chemisch träge, angenehm zu schauen, und "tötet die Bazilien" (Ludwig Turek).

Anonym hat gesagt…

https://www.chemie.de/lexikon/Goldsynthese.html

Stabiles Gold kann mutmaßlich nur bei der Kollision von Neutronensternen entstehen.

https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article160307932/Wie-entsteht-das-kostbare-Gold.html

So oder so ein langer Weg zu Lenins Goldklo.

Die Anmerkung hat gesagt…

Biosprit

Prinz Charles betankt seinen Aston Martin mit Wein und Käse (na ja, fast…)

Der britische Thronfolger Charles besitzt einen alten Aston Martin – den er nach eigenen Angaben mit Biobenzin aus Nahrungsmittelresten betreibt. Das sorgt nicht überall für Begeisterung.

Anonym hat gesagt…

Lost in Translation. Biobenzin aus Nahrungsmittelresten heißt Schwarzgebrannter aus allem, was sich noch irgendwie vergären lässt. Prost, so lange die Dichtungen halten.

James Blond hat gesagt…

@ Die Anmerkung

Biosprit

Wer meint, sich solche Royals leisten zu können, der muss für deren Mobilität dann eben auf Nahrungsmittel verzichten, seinen Gürtel enger schnallen und im Winter wegen zusätzlich explodierender Energiekosten beim hungern auch noch frieren.

Die Briten beten ihre Obrigkeiten sogar noch inbrünstiger an als die Deutschen die ihren. Verkrüppelte Untertanenseelen haben also beide Völker.

Egal, im baldigen Klimaschutzparadies wird man dankbar sein, wenn man einen alten Drahtesel besitzen darf, den der ist für Kreaturen ergonomisch optimal, die gerne nach oben buckeln und nach unten treten.

Statt Lolita in Malle oder auf den Malediven zukünftig also die Uschi am Baggersee. Kann aber auch recht exotisch heiß werden. Beim vorglühen hilft hoch versteuerter Ökosprit von Aldi und Lidl.

Das Leben könnte so einfach sein, wenn es nicht so kompliziert wäre.

Anonym hat gesagt…

wenn man einen alten Drahtesel besitzen darf ...

Die Sowiets haben den Film "Kuhle Wampe" zweimal aufgeführt: Einmal, und dann nie wieder. Kann nicht sein, daß im Kapitalismus gemeyne Arbeyter ein privates Fahrrad besitzen, oder vereinzelt sogar ein "Modderad"(Werner).