Freitag, 11. Februar 2022

HFC: Auferstanden aus Ruinen

Für hallesche Verhältnisse ein Torefestival: Zweimal traf der HFC zuletzt Ende Oktober.

To be or not to be, so einfach ist das. Diese drei Punkte noch, und der Hallesche FC ist vorerst aus der gröbsten Misere heraus. Aber gegen Zwickau, den alten Oberliga-Rivalen, ist der Weg nie ein leichter gewesen, nicht einmal damals, als die Bäume beinahe in den Himmel wuchsen an der Saale und der Blick in der Tabelle nicht unentwegt angstvoll nach unten ging. Seit dem Herbst ist das immer schlimmer geworden, so schlimm, dass schon die ersten vier Spiele des neuen Trainers Andrè Meyer Hoffnung zu wecken vermochten. 

Neues Lesart der Bilanz

Zwei knappe Niederlagen bei Spitzenklubs, keine richtige Pleite, ein Remis und ein Sieg, herausgekämpft gegen einen Pleiteklub dank eines Elfmeters kurz vor Toresschluss, stellen die Bilanz des Neuen vor dem Anpfiff auf vier von zwölf möglichen Punkten bei sparsamen 1:2 Toren. Zwickau dagegen, das Aue der 3. Liga, immer dabei, aber nie mit Ambitionen, steuert vergleichsweise gelassen durch die Saison. Die Sachsen sind mittendrin, nie dabei, nicht oben. Aber auch nicht unten. Also geht es einmal mehr um alles an diesem Freitagabend im nur halbgefüllten ehemaligen Erdgas-Sportpark, der bei viel früheren Duellen noch das Wabbel-Stadion war. 

Halle muss gewinnen, den gern bemühten Bock umstoßen, endlich ein Feldtor machen, die zuletzt ansteigende Formkurve bestätigen. Meyers neuen Kurs bestätigen. Das Abstiegsgespenst auf Abstand halten. Und es wird sogar noch viel mehr. Nach dem ersten Anlaufen der Gäste übernimmt der HFC souverän das Regiment. Verglichen mit dem Beamtenfußball, den die Elf unter Florian Schnorrenberg pflegte, ist das Tempo geradezu atemberaubend hoch. 

Verwandlung der Stehgeiger

Alles läuft, die Angriffe der Rot-Weißen rollen. Meyer hat die Stehgeiger um Kapitän Jonas Nietfeld in eine wilde Jagd verwandelt, die gegen den früheren Sachsenring zwar nicht pressen und drücken kann, weil der FSV erst gar nicht die Gelegenheit bekommt, sein Spiel kontrolliert aufzuziehen. Aber statt der langen, weiten Bälle, die seit dem ersten Corona-Weihnachten 2020 notorisch durch die heutige Leuna-Chemie-Arena zu flattern hatten, beständig abgefeuert von Nietfeld, gibt es Pässe, Läufe, Flanken und zum Abschluss sogar Schüsse aus der zweiten Reihe. 

Das hat lange nicht das blinde Verständnis der besten Monate unter Torsten Ziegner, als es auf den Rängen von der 2. Liga raunte und nicht Wismut Aue Thema war. Aber die Leidenschaft, unter dem netten, lieben und stets freundlichen Schnorrenberg eingeschlafen, sie ist zurück. Jan Löhmansröben zieht vorn als erster ab, schießt aber vorbei. Es folgen Chancen von Jan Sherbakowski und Guttau und als der eine Minute später auf links nicht gestört wird, flankt er millimetergenau auf den heranstürmenden Elias Huth, der nur noch den Fuß hinhalten muss, um einen Tag nach seinem 25. Geburtstag sein zweites Tor für seinen neuen Verein zu erzielen. 

Wackersteine im Wabbel

Die Wackersteine fallen donnernd zu Boden im alten Wabbel, in dem der HFC bis zum Beginn dieser Woche zuletzt im Oktober gewonnen hatte. Drei Monate wie ein Alptraum, verbracht im Fahrstuhl in die Regionalliga. Und nun plötzlich Licht in Sicht, denn auf einmal lässt sich die grauenhafte Statistik der letzten Monate ganz anders lesen: Seit der 1:4-Niederlage in Meppen hat der HFC nie mehr als ein Gegentor kassiert. Und ging er erst in Führung, war es früher. Dann behielt er auch die Punkte.

Es knirscht natürlich noch bis dahin und die langen Bälle, sie tauchen dann auch noch auf. Aber die Sportart, die vorgeführt wird, ist wieder als Fußball zu identifizieren. Am auffälligsten bei  Marcel Titsch-Rivera, einst als kampfstarker, aber zugleich technisch beschlagener Denker und Lenker nach Halle geholt, hier aber nach zuweilen lustlosen, zuweilen unglücklichen Einsätzen unter Schnorrenberg mit einer Stammplatzgarantie für die Ersatzbank ausgestattet. Schon in den ersten Spielen der Meyer-Elf deutete der 32-Jährige an, dass er bei richtiger Verwendung ein Dreh-und Angelpunkt sein kann. Ebenso wie Julian Guttau, der nicht nur den Führungstreffer vorbereitet, sondern danach beinahe selbst noch das 2:0 erzielt.

Glück der Unglücklichen

Das aber fällt nicht und das macht die zweite Halbzeit mühsam. Zwickau will sich seine aktuelle Serie nicht zerreißen lassen. Halle spürt die Gefahr, etwa in der 51. Minute, als Voigt auf links bis in den Strafraum läuft und Tim Schreiber im HFC-Tor Glück hat, dass der mit Mühe abgewehrte Ball erst hinter dem Pfosten über die Linie rollt und nicht schon davor. Die in Braunschweig und Kaiserslautern nicht eben übervorteilten Hallenser dürfen sich ausnahmsweise mal freuen, dass es für und nicht gegen sie läuft.

Es braucht ein zweites Tor - und es ist Winterzugang Joscha Wosz, der fünf Minuten nach dem Beinahe-Ausgleich das Fundament dafür gießt. Auf rechts fast schon über die Grundlinie gestürmt, dreht der 19-Jährige nach innen, übertölpelt seinen Gegenspieler und legt den Ball zurück auf Titsch-Rivero, der aus 17 Metern abzieht. Ein Tor, das das seit Monaten beste Spiel des gebürtigen Hessen krönt. 2:0, die Entscheidung, vielleicht nicht nur in diesem Spiel, sondern die über den weiteren Saisonverlauf.

Mit Tempo und Elan

Denn auch wenn der FSV in der letzten halben Stunde alles versucht - es ist ein Klasseunterschied zu sehen. Als hätte Andrè Meyer irgendeine Bremse gelöst, einen Knopf gedrückt oder Zaubertrank verabreicht, ist das, was zuletzt kein richtiger HFC mehr war, auferstanden aus Ruinen und auf einmal wieder einer Zukunft zugewandt, die nicht die Rückkehr zum Tingeln über die Dörfer sein muss. 

Das sieht nicht alles gut aus, das hat aber Tempo und Elan, obwohl die Meyersche Art Fußballspiel den Aktiven ungleich mehr an läuferischer Leistung abfordert als der kantige Kontrollfußball Schnorrenbergs. Doch es scheint allen Spaß zu machen, denen auf den Traversen sowieso, denen auf dem Platz aber auch, die Zwickau bis zum Abpfiff in der 94. Minute recht sicher im Griff behalten. 

Es passiert nicht mehr viel nach vorn, aber es brennt auch nichts mehr an. Als es vorbei ist, sind es sechs Punkte bis zum ersten Abstiegsplatz und sechs bis zum ersten einstelligen Rang in der Tabelle. Die Fankurve ruft "Huth, Huth, Huth". 

Was auch sonst, der neue Mann hat immerhin in seinen ersten fünf Spielen so oft getroffen wie sein flüchtiger Vorgänger Terrence Boyd in seinen letzten sieben.


2 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Leon Goretzka, 27, Nationalspieler im Dienste des FC Bayern, zählt zu den 1472 Personen, die am Sonntag in Berlin bei der Wahl des Bundespräsidenten stimmberechtigt sind. Die bayerische SPD hat ihn berufen.

WELT AM SONNTAG: An welchen Stellschrauben könnte der Fußball Ihrer Meinung nach in Bezug auf den Klimawandel und mehr Nachhaltigkeit drehen?

Goretzka: Wie im Rest der Gesellschaft gibt es auch im Fußball großes Verbesserungspotenzial. Aber ich habe das Gefühl, dass das Thema bei den Entscheidungsträgern eine immer stärkere Rolle spielt. Bei der Deutschen Fußball Liga gab es diesbezüglich eine Taskforce, Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden zunehmend Bestandteil des Lizenzierungsverfahrens. Auch beim FC Bayern steht das Thema oben auf der Agenda. Das ist wichtig, zumal der Fußball da Zeichen setzen kann und muss.
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Beim HFC geht da wohl nichts. Die brauchen alle Puste für den Klassenerhalt.

Ansonsten hat der wohl ein paar Kopfbälle zu viel trainiert, denn solch Dachschaden haben für gewöhnlich nur PR-Schreiber der Grünen.

ppq hat gesagt…

fake news! der ehemalige erdgassportpark wird von solarzellen angetrieben!