Donnerstag, 2. März 2023

Freiwillig verzichten: Nur wer nichts hat, kann nichts verlieren

Experten raten, mit möglichst kleinem Gepäck in die neue Ära zu gehen. Je weniger man habe, desto weniger könne man verlieren.

Weniger ist mehr und nur wer nichts habe, der habe damit am allermeisten, sagt Svenja Prantl. Die langjährige PPQ-Kolumnistin, die nebenher viele Jahre lang Zierfische züchtete, Lackstifel sammelte und von ihren Reisen um die Welt Starbucks-Tassen mitbrachte, ist nach einem einschneidenden Erlebnis zur Expertin in Sachen Minimalismus geworden. "Ich hätte das damals nie gedacht", sagt, sie "aber ich lebe ohne fast alles zufriedener denn je".

Alles in zwei Rollkoffern

Prantl besitzt kaum noch Dinge, die andere Menschen ihr Hab und Gut nennen. Alles, was sie noch übrig habe von dem, was einmal ihr Leben ausgemacht habe, passe in exakt zwei Rollkoffer, die sie, Prantl hat es ausprobiert, gleichzeitig hinter sich herziehen könne. Die Kunst bestehe darin, Überflüssiges immer sofort auszumisten, Dinge, die man nicht oder nur selten benutze, sofort wegzuwerfen oder zu verschenken. "Ich bin dauernd damit beschäftigt, mir Freiraum zu schaffen, indem ich mich von Sachen löse". 

Einfach sei das vor allem anfangs nicht gewesen, weil auch sie aufgewachsen sei mit dem Gedanken, dass es normal sei, sein Herz an den Besitz von Gegenständen zu hängen, "Man mag eine Vase, eine Hose, ein Shirt, ein paar Schuhe, eine Blattpflanze und das geht so lange weiter, bis man so viele Dinge angeschafft hat, dass es einem schier unmöglich vorkommt, ohne sie zu leben", schildert Prantl.

Job geschmissen, alles verschenkt

Doch es ist machbar. 2019 schmiss Prantl aus einer Augenblicksidee heraus ihren hochbezahlten Job bei einer Kommunikationsagentur, die als Dienstleister messerscharfe Meinungsbeiträge für Auftragskunden aus Politik, Industrie, Zivilgesellschaft und Leitmedien fertigt. Sie zog nach Thailand, "vor dem Abflug begriff ich aber, dass ich mein Leben mitnehmen musste, ohne all das Drumherum". Binnen von nur drei Tagen verwandelte die damals 29-Jährige ihr von Eigentum überbordendes Leben in das einer Minimalistin, die kaum etwas besitzt, dafür aber umfassend glücklich ist.

So zu leben heißt, bewusster nach den eigenen Bedürfnissen zu fragen, bewusstere Entscheidungen zu treffen und eine bewusstere Beziehung zu Menschen und Dingen einzugehen, sagt sie heute, eine junge Frau, deren gesamter aktueller Besitz mobil und für sie ganz allein transportabel ist. Ihr fehle nichts, weil sie zu einem bewussten Konsum gefunden habe, der weitgehend aus Konsumverzicht bestehe. Ehe sie etwas kaufe, frage sie sich mehrfach: Brauche ich das wirklich? Gibt es das auch gebraucht? Und: Geht die alte Hose, geht das T-Shirt, geht das Paar Kopfhörer nicht doch eine Weile? Beantworte sie die Frage mit nein, kommen die Anschaffungswünsche auf eine Abklingliste, für einige Wochen zumindest. "Sehe ich am Ende immer noch die Notwendigkeit einer Anschaffung, wird gekauft, anderenfalls nicht."

Flexibilität und Mobilität

Es ist nicht Geiz, der die hübsche 33-HJärhige antreibt, auch will nicht früher in den Ruhestand gehen oder eine große Anschaffung finanzieren. Vielmehr schaut Prantl gezielt auf eine Zukunft, die Flexibilität und Mobilität als zentrale Werte haben wird, wie sie glaubt. "Wer wenig hat, kann sein Leben freier gestalten und die Transformation viel gelassener erleben", sagt sie. Auch die akuten Verlustängste, unter denen in Zeiten knapper werdender Kassen gerade viele Deutsche leiden, die bisher den Wohlstandsbauch der Gesellschaft bildeten, kenne sie nicht mehr. "Wer nicht hat, kann nichts verlieren".

Um in diesem Idealzustand dauerhaft leben zu könne, bedarf es nach Angaben von Svenja Prantl jedoch ständiger Bemühungen. "Obwohl ich so wenig anschaffe, muss ich beständig aussortieren." Ihre überschaubaren Besitztümer bekommen dazu kleine Aufkleber verpasst, deren Farbe jeweils einen bestimmten Monat markiert.  "Bekomme ich das Stück dann wieder in die Hände, um es zu benutzen, sehe ich, ahh, das hatte ich im Mai letzten Jahres zuletzt in der Hand." Ein Zeitraum, der deutlich signalisiere, dass das Stück verzichtbar sei. "Dann gilt es nur noch, es nicht einfach nur wegzuschmeißen, sondern einem sinnvollen Zweck zuzuführen". Sie verschenke gern an Arme, bedenke aber auch Freundinnen und Waisenhäuser mit Spenden. "Sonst könnte ich vor Kummer nicht schlafen."


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe auch Zierfische. Ich bewerbe mich hiermit für ein Date mit Svenja. Sie kann auch gern minimalistisch ohne Unterwäsche kommen.

andreas hat gesagt…

Lustmolch,frauenverachtender!!! Zu mir darf sie gänzlich ohne Kledage und Aquaristik.