
Es war eines der zentralen Vorhaben der Ampel-Koalition und auch wenn es am Ende länger dauerte als ursprünglich geplant, stellt es sich doch inzwischen als gewaltiger Erfolg heraus. Robert Habeck, als Minister nicht nur für die Wirtschaft, sondern eben auch für die Erhaltung des Weltklimas zuständig, hat es geschafft: Der Ausbau der Erneuerbaren boomte unter seiner Führung wie nie zuvor.
Kleinvieh macht Mist
Nicht nur der Bau neuer Windkraftanlagen kam voran. Sondern vor allem der von Solaranlagen: Deren Leistung allein im letzten Ampel-Jahr um 16,2 Gigawatt. Dabei entfielen zwei Drittel des Zubaus auf Hausdächer, Fassaden oder andere Gebäudeteile, auf denen Privatleute sich sogenannte Balkonkraftwerke einrichteten, um in ganz kleinem, bescheidenen Maße bei der Energiewende zu helfen.
Dieses Kleinvieh macht auch Mist: Die Gesamtleistung aller deutschen Solaranlagen lag am Jahresende bei 99,3 GW - und damit klar über dem gesetzlich festgeschriebenen Jahresziel von 88 GW. Schein gerade die Sonne, lassen sich damit problemlos 10.000.000.000 Glühlampen betreiben.
Keine Rechnung, aber...
Allerdings nicht mehr lange kostenlos, wie es das Versprechen vorsah, dass Sonne und Wind keine Rechnung schicken. Nach dem Blackout in Spanien, der vermutlich durch Atomstrom verursacht worden ist, der die Netze verstopfte, hat die Bundesnetzagentur rasch Korrekturen am Stromnetzdesign geplant.
Galt es bis heute als ausgemacht, dass wohlhabendere Solaranlagenbesitzer von weniger gut situierten Kleinverdienern über den Strompreis subventioniert werden, sollen sie künftig zur Kasse gebeten werden, um die mit dem notwendigen dezentralen Ausbau der Stromnetze explosionsartig steigenden Investitionskosten zu tragen.
Das System auf dem Kopf
Ein mutiger Schritt, der das bisherige System auf den Kopf stellt. Bisher galt die Regel, dass der Staat beim Verbraucher je mehr abkassiert je mehr Strom verbraucht wird. Einspeiser hingegen, vor allem die, die schon vor Jahren in eine Solaranlage investiert hatten, profitieren: Anfangs gab es 50 Cent pro eingespeister Kilowattstunde, derzeit gibt es noch knapp acht, in vielen Fällen aber auch den kompletten Strompreis zurück, wenn noch Zähler vorhanden sind, die sich rückwärts drehen.
Ein unproblematisches System, denn viele Millionen und Abermillionen Mieter und Nicht-Eigenheimbesitzer zahlten für deutliche weniger Wohlhabende, die sich der solidarischen Stromgemeinschaft mit einer Solaranlage auf dem Dach, einem Batteriespeicher im Keller und der eigenen Wallbox für das E-Auto entzogen und nur bei Gelegenheit auf Strom aus dem Netz zurückgriffen. Damit soll nun bald Schluss sein, denn der Ausbau der Netze verschlingt Milliarden und kostet dadurch mehr als durch preisgünstiger gewordenen Wind- und Solaranlagen eingespart wird.
Ein anfangs kleiner Posten
Die Netzentgelte, wie der Beitrag zur Pflegeversicherung im sozialen Bereich ursprünglich ein verschwindend kleiner Posten auf der Stromrechnung, machen heute fast ein Drittel der Stromkosten aus. Und es reicht noch lange nicht: Die Bundesnetzagentur beziffert die bis 2045 fälligen Investitionen in die Stromnetze auf weitere 500 Milliarden Euro. 327 Milliarden Euro entfallen dabei auf die Stromübertragungsnetze, die Strom über weite Strecken quer durchs Land bringen. 200 Milliarden Euro fließen in die Stromverteilnetze.
Geld, für das irgendwer zahlen muss. Galt es bis zum Beginn des Siegeszuges der Erneuerbaren als ausgemacht, dass Energiekonzerne dafür sorgen, dass ihr Strom aus den Kraftwerken über die großen Übertragungsleitungen und Verteilnetze bis ins Haus gelangen, gilt es heute als normal, dass der Staat im Schnitt 11,6 Cent Netzentgelt pro Kilowattstunde (kWh) als Gebühr für die Durchleitung kassiert. Mit dem Geld sollen eines Tages, geplant hatte das schon die rot-grün-gelbe Ampel-Koalition, auch Erdgaskraftwerke als Notreserve gebaut werden, dazu auch Speicher, die allerdings erst noch erfunden werden müssen.
Angriff auf Verweigerer
Dass immer weniger Menschen den vollen Preis für ihre Nutzung der Netze zahlen, weil sie sie dank eigener Solaranlage nicht nutzen, gefällt Klaus Müller gar nicht. Der Chef der Bundesnetzagentur, die nicht nur das bundesweite System der Trusted Flagger zur Engführung der Meinungsfreiheit beaufsichtigt, sondern sich nebenher auch immer wieder mit dem Strommarktdesign auseinandersetzt, stört sich daran, dass der Erfolg der Erneuerbaren dem Erfolg der Erneuerbaren im Weg steht.
Wenn Menschen an vielen Tagen nur wenig Strom aus dem Netz benötigen, müssen sie weniger Gebühren zahlen, obwohl sie die Netze an Tagen mit viel Sonne schlagartig mit ihren Stromüberschüsse fluten. Das war lange genau so gewollt, um verstopfenden fossilen Strom aus den Leitungen zu spülen.
Ein unerwartetes Phänomen
Neuerdings aber bemerkt Klaus Müller ein unerwartetes Phänomen: Wenn es trübe ist und Millionen Solaranlagen nicht mehr liefern, wollen deren Besitzer doch wieder Strom aus dem Netz. Daher müsse künftig nicht mehr nur für die Entnahme von Energie aus der Leitung, sondern auch für die Einspeisung gezahlt werden. "So würden die Kosten auf mehr Schultern verteilt", argumentiert die Bundesnetzagentur.
Neu ist das Modell nicht. So gilt bei Kraftfahrzeugen seit jeher, dass Steuern auf Benzin fällig werden, später aber auch Steuern und Abgaben auf die Nutzung des Treibstoffes, etwa durch die Kfz-Steuer oder die Autobahnmaut.
In einem Denk- und Prüfungsprozess, den die Bundesnetzagentur nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" bis Juni abgeschlossen haben will, sollen nun Argumente für die Einführung von Einspeisegebühren oder aber für ein verbrauchsunabhängiges neues "Grundnetzentgelt" gefunden werden, das dann ähnlich wie die Rundfunkgebühr unabhängig von der tatsächlichen Nutzung gezahlt werden müsste.
So geht Wettbewerb
Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2021 hat die ursprünglich als oberste deutsche Regulierungsbehörde zur Aufrechterhaltung und der Förderung des Wettbewerbs in sogenannten Netzmärkten gegründete Behörde große Freiräume, mit Anweisungen durchzuregieren. Bis Ende 2026 will die frühere Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post die "Netzentgeltsystematik zukunftsfähig" gemacht haben, so kündigt Klaus Müller an. Ins Deutsche übersetzt: Es wird noch teurer.
5 Kommentare:
"dass der Staat im Schnitt 11,6 Cent Netzentgelt pro Kilowattstunde (kWh) als Gebühr für die Durchleitung kassiert" Die Netzentgelte werden nicht vom Staat kassiert sondern von den Netzbetreibern.
"sondern von den Netzbetreibern" - die vom Staat gezwungen werden, ihm was in die Tasche zu stecken.
der staat teilt sie doch aber zu, er legt sie fest und er bestimmt die höhe
So richtig schön wird es werden, wenn die Steuern , die auf Benzin und Diesel liegen auf den Strompreis aufgeschlagen werden, weil alle nur noch Elektroautos fahren und deshalb zu wenig Kraftstoff verkauft wird.
Ja, die Bösen und Beschränkten
Sind die Meisten und die Stärkern.
Aber spiel nicht den Gekränkten.
Bleib am Leben, sie zu ärgern!
Erich Kästner --- Ersteres ist richtig. Letzteres ist so gut wie unmöglich. Dieses Kroppzeug hat die Medienhoheit. Aber wenn du mit Engelszungen redestest, und hättest der Medienhoheit nicht ...
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