Montag, 12. Mai 2025

Rente: Nachschub für das Schneeballsystem

Bärbel Bas Die Rente ist sicher
Auch bei Bärbel Bas bleibt die Rente sicher. Es müssen nur neue zahlungswillige Nachschuldner gefunden werden.
 
Immer weniger Wettbewerbsfähigkeit, immer weniger wirtschaftliche Dynamik, eine erstickende Bürokratie und selbstaufgestellte moralische Handelshürden, weltrekordverdächtige Steuern und Abgaben, dazu aber auch einen Staat, der sich immer größere Anteile an der Wertschöpfung zum eigenen Unterhalt und zum Ausbau seiner Institutionen genehmigt.
 
Auch die neue Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas steht vor titanischen Herausforderungen  - der Rente ist zwar weiterhin sicher, aber seit einiger Zeit auch offiziell nur noch "auskömmlich", also nicht annähernd ausreichend, dass Menschen, die 45 oder sogar mehr Jahre gearbeitet haben, sich ihren gewohnten Lebensstandard weiterhin leisten können. Trotz einer rekordhohen Zuwanderung im zurückliegenden Jahrzehnt müssen immer weniger Beschäftigte mit ihren Beiträgen immer mehr Rentnerinnen und Rentner durchbringen. 
 

Ernst und hoffnungslos

 
Die Lage ist ernst und hoffnungslos dazu, denn auch der bisher gewählte Ausweg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit ist immer schwerer fortzusetzen: Angesichts einer Vielzahl neuer wichtiger Ausgabeschwerpunkte bei Klimaschutz, Aufrüstung und Ausbau der Bürokratisierung der Gesellschaft und ihrer Überwachung sitzen die Milliarden absehbar nicht mehr lange so locker, um Seniorinnen und Senioren mit regelmäßig steigenden Ausschüttungen gewogen zu halten. 
 
Produktivitätsfortschritte, die es noch gibt, werden durch Bürokratieausbau und Fortschrittsskepsis aufgezehrt. Originäre deutsche Innovationen, die die seit langem beklagte Abhängigkeit von Hightech-Importen verringern und den Trend umkehren könnten, gibt es seit Jahrzehnten nicht mehr. Im Unterschied etwa zu Norwegen, dessen Staatsfonds seit 1967 versuchen, Sozialbeiträge möglichst gewinnbringend anzulegen, blieb Deutschland weiter beim Umlageprinzip aus den Jahrzehnten hoher Geburtenraten, als sich längst absehen ließ, dass das Verhältnis zwischen Einzahlern in die Rentenkassen und Anspruchsberechtigten umkippen wird und die früher hohen Wachstumsraten der deutschen Wirtschaft für immer Geschichte sein werden. 

Ohne jede Strategie

 
Tunlichst haben es sämtliche Bundesregierigen seit Norbert Blüms berühmtem Satz von der "sicheren Rente" vermieden, irgendeine langfristige Strategie zu entwickeln, um die beständig steigenden Beiträge zu begrenzen, ohne das Renteneintrittsalter immer weiter in Richtung des durchschnittlichen Sterbealters der Deutschen zu verschieben. 
 
Heute bleibt deutschen Arbeitnehmern nach Renteneintritt nur deutlich weniger Restlebenszeit als ihren Kolleginnen und Kollegen in Frankreich, Spanien, Italien, Belgien und Kanada. Dafür ist ihre Rente im Durchschnitt niedriger: In Dänemark liegt das Rentenniveau bei 125 Prozent des Vorruhestandseinkommens, in Luxemburg bei 90 Prozent, in Griechenland bei 84 und in Tschechien bei 81. 
 

Das traurige deutsche Beispiel

 
Griechen gehen dabei mit  62 Jahren in Rente, Tschechen bisher ebenso, Luxemburger dürfen die Hände mit 65 Jahren in den Schoß legen. Um eine volle Rente zu erhalten, müssen sie auch nur schmale 40 Jahre lang Beiträge gezahlt haben. 
 
Im europäischen Rentenvergleich ist Deutschland damit ein "trauriges Beispiel" (Kettner), das zeigt, wie viel sich Menschen bieten lassen: 60 Prozent der Alten müssen nach jahrzehntelanger Arbeit mit einem monatlichen Einkommen von unter 900 Euro auskommen. Und sie tun es, ohne zu murren. Und zahlen sogar noch Steuern auf die aus versteuerten Einkommen erworbenen Rechte auf Auszahlung einer Rente.
 

Beleidigende "Respektrente"


Die sogenannte "Respektrente", mit der letzte sozialdemokratische Bundeskanzler Olaf Scholz versucht hatte, haltlose Versprechungen von "Haltelinien" und Höchstbeitragssätzen in Wählerstimmen umzumünzen, hatte ein ähnliche Haltbarkeitsdauern  wie bislang jeder andere Versuch, die Mathematik etwa mit Hilfe der "grünen Physik" außer Kraft zu setzen. 
 
Kaum hatte Scholzens Arbeitsminister Hubertus Heil seinen Dienstsitz in der Berliner Wilhelmstraße 49 verlassen, um einem ungewissen Schicksal als aussortierte SPD-Spitzenkraft entgegenzugehen, tauchte mit der früheren Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die nächste Reformerin auf. Auch sie wieder fest entschlossen, das Schneeballsystem der gesetzlichen Rente um jeden Preis zu retten.
 

Neid als Basis


Und sei es nur für ein paar Jahre. Bas, gerade noch zweithöchste Repräsentantin der Republik, setzt auf den Neid als Basis ihres "radikalen Wandels in der Rentenpolitik" (Tagesschau). Die, die normale Rente beziehen, werden in Stellung gebracht gegen die, die vermeintlich überhohe Pensionen bekommen. Mit dem Finger zeigt die Politikerin aus der früheren Arbeiterpartei auch auf die Selbständigen, die privat vorsorgen und damit häufig selbst darüber bestimmen, wie viel ihnen im Alter bleibt. Wenn alle für alle zahlen müssten, argumentiert die Ministerin, wäre für alle mehr da. 
 
Bas setzt darauf, dass alles weiterhin so bleiben kann wie bisher. Aber noch größer, noch defizitärer und mit noch mehr Milliarden, die schon bald wieder nicht ausreichen. Dazu muss es nur gelingen, schnell deutlich mehr junge Leute zum Mitreisen zu zwingen, die das Auskommen der in den kommenden Jahren explosionsartig steigenden Zahl der aus dem Arbeitsprozess ausscheidenden Boomer mit ihren Beiträgen finanzieren. 
 

Flüchtlinge zahlen noch nicht

 
Während ihr Vorgänger auf Anraten der höchsten wissenschaftlichen Instanzen der Republik auf den Tag wartete, an dem die "Flüchtlinge die Renten der Babyboomer zahlen",  will Bas die letzten Reserven mobilisieren, um  noch einmal Zeit zu erkaufen. Dazu sollen künftig auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige in die Rentenbeiträge zahlen.
 
Das sei nötig, um die "Einnahmen zu verbessern", umriss die Sozialdemokratin ihre neue Strategie. Die soll es möglich machen, für immer mehr Rentner immer mehr Rente auszuzahlen, ohne dazu immer höhere Beiträge von immer weniger Betragszahler eintreiben zu müssen.
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Über die Ausgestaltung, so Bas, werde die von der schwarz-roten Koalition vereinbarte Rentenkommission beraten, die nun zügig ins Leben gerufen werde: Welche "Reformvorschläge" (Bas)  ihr vorschweben, daraus macht die 57-jährige gelernte Ökonomin allerdings kein Geheimnis: Die absehbaren Entwicklungen am Arbeitsmarkt lassen keinen Zweifel daran, dass in den kommenden Jahren immer weniger Beschäftigte zur Verfügung stehen, die in die Rentenkasse einzahlen müssen. Gleichzeitig bekommen immer mehr Menschen Altersbezüge. 
 

Vermeidung jeder Kapitaldeckung

 
Durch die Vermeidung jedes Versuches, die Rentenversicherung über eine zweite, kapitalgedeckte Säule unabhängiger von der desaströsen deutschen Demografie und der sanft entschlafenden Binnenkonjunktur zu machen, hat Deutschland nun keine externen Geldquellen, wie sie Norwegen zuletzt allein über den staatlichen Ölfonds 200 Milliarden in die Kassen spülten. Was in Deutschland an zusätzlichen  Gewinnen aus Verbrauchern und Steuerzahlern gepresst wurde, wird traditionell noch vor dem Mittagessen verfrühstückt und verjubelt.
 
Ganz egal, wer regiert hat: Immer bleibt anschließend nichts übrig. Abgesehen von der Notwendigkeit, neue Nachschuldner zu finden. Die Ampelregierung hatte unter Federführung der SPD festgelegt, dass die Rente nie so stark sinken darf, dass es die Rentner im Portemonnaie merken. Zugleich aber beschlossen SPD, Grüne und FDP, dass auch die Beiträge nicht derart steil ansteigen können, dass die schrumpfende hart arbeitende Mitte außerstande ist, nach der Zahlung auch noch ihren eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren.
 

Bescheidenes Niveau

 
Bärbel Bas steht nun vor der Aufgabe, das im neuen Koalitionsvertrag bis 2031 auf bescheidene 48 Prozent festgeschriebene Rentenniveau über neue Tricks und Kniffe zu sichern, ohne dass die Sozialbeiträge in den kommenden Jahren weiter und immer schneller ansteigen. Ihre Reform setzt auf die letzte verbliebene Alternative: Neue Beitragszahler werden mobilisiert, die mit jedem Euro, den sie in das marode gesetzliche Rentensystem einzahlen müssen, zwar eigene Auszahlungsansprüche erwerben. 
 
Doch einmal mehr setzt die Politik auf den Faktor Zeit: In den kommenden zehn bis 25 Jahren werden die fünf bis acht Millionen neuen Beitragszahler verlässlich zur Kasse gebeten werden können. Erst nach 2040 werden sie dann Schlange stehen und selbst auf Zahlungen der Deutschen Rentenversicherung warten. Bis dahin ist politisch gesehen noch eine Ewigkeit Zeit. Schon wenn nur bis 2029 Ruhe an der Rentenfront herrschte, wäre für die deutsche Sozialdemokratie viel gewonnen.
 

Ablauf der Frist

 
Was später wird, ob die Rentenversicherung nach zehn oder 20 Jahren überhaupt noch zahlen können wird und wenn ja, in welcher Höhe, das ist weder das Problem von Bärbel Bas noch das der nächsten paar Bundeskabinette. Frühestens gegen Ende der überübernächsten Legislaturperiode wird deutlich werden, dass Bas' radikale Reformidee die Lage langfristig gesehen nicht verbessert, sondern weiter verschärft hat. 
 
Doch wie der späte Norbert Blüm und seine sämtlichen Nachfolger wird Bas die dann aufkommende Kritik von der Seitenlinie genießen. Blüm etwa hat nach seinem Abschied aus der aktiven Politik immer wieder betont, sicher sei die Rente ja und er habe nie davon gesprochen, wie hoch sie sein werde und von welchem Alter an sie in Anspruch genommen werden könne.
 
So kann Bärbel Bas nur gewinnen. Setzt sie sich durch, kauft sie dem maroden Schneeballsystem der staatlichen Rentenversicherung Zeit. Scheitert sie an der Union, steht künftig ein Schuldiger zur Verfügung, wenn die Beiträge weiter steigen. Und  dauert die Debatte um die "Zwangs-Einheitsversicherung", wie sie der Deutsche Beamtenbund nennt, eine Weile an, profitiert die deutsche Sozialdemokratie von ihrem vermeintlichen Einsatz für die Arbeiter und einfachen Angestellte, die immer schon neiderfüllt auf Beamtinnen und Beamten und deren vergleichsweise üppigen Altersbezüge schauen.
 

Ein teures Unterfangen

 
Dass es der Staat mit seinen Institutionen und Behörden wäre, der nach einer Bas-Reform die Arbeitgeberanteile zur gesetzliche Rentenversicherung zahlen müsste - zur Hälfte selbst, zur anderen Hälfte als Erhöhung der Bruttobezüge der Beamten - macht der wagemutigen Sozialdemokratin offenbar gar nichts aus. 
 
Dabei droht eine ernste Gefahr: Statt künftige Ruhestandsverprflichtungen wie bisher in einer Vielzahl von Sondervermögen zu verstecken, nicht nur in Ländern, Städten und Institutionen, sondern bis hin zu den großen Gemeinsinnsendern, würde schlagartig eine Rechnung auf dem Tisch landen, die eine neue Diskussion auslösen würde: Müsste nicht die Höhe der Renten für Staatsdiener im Sinne der Gerechtigkeit von derzeit bis zu 71 Prozentin Richtung des Rentendurchschnitts von 48 Prozent sinken?

2 Kommentare:

Trumpeltier hat gesagt…

Solange der Zwangsbeiträge zahlende Buntesbürge immer wieder Parteien/Politiker zu Herrschern krönt, die seit Jahrzehnten die Rentenkassen plündern, wird sich garantiert nichts ändern.

Es gibt im nahen EU-Ausland übrigens funktionierende Rentensysteme, doch der deutsche Köterrasse-Pinscher hält sein verbogenes Rad für das rundeste der Welt.

Überall finden sich Starallüren von Möchtegerngenies, denen ihr eigener pastoraler Ex-Präsi kürzlich zurecht mentale Schwäche diagnostiziert hat.

Gegen Import-Bösartigkeit kann man erfolgreich kämpfen ... gegen Doidschmichel-Dummheit nicht.
Schwachköpfe besitzen aber ein Talent: sie sind sehr schnell beleidigt und rufen dann nach Mammi Justitia.

Anonym hat gesagt…

Also drei oder vier neue Sondervermögen, bis all die orientalischen Frisöre, Shishabar-, Teestuben- und Fressbudenbetreiber genug in die Kassen eingezahlt haben.