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Aushängeschild der Generation Ampel: Emilia Fester war einer der Blickfänge der letzten Jahre. Abb: Kümram, Kreidezeichnung |
Sie fehlen jetzt schon, die Ballerinas und Antänzer, die feministischen Globalisti*nnen, Wunderprediger und Beschwörer eines kollektiven Willens, der allein in der Lage sei, Frieden, Freiheit und Wohlstand zu bewahren. Ging es auch wirtschaftlich nicht gut in den zurückliegenden Jahren, verlor Deutschland auch international an Ansehen und sogar in Europa an Achtung - wie keine andere Regierungskoalition vor ihr war die rot-grün-gelbe Ampelkoalition eine, die stabil mit einem hohen Unterhaltungsfaktor aufwartete, die Witz versprühte und dafür sorgte, dass niemand sich von außen über sie lustig machen konnte.
Schold and friends
Das taten sie selbst, die Baerbock, Habeck, Lauterbach, Scholz and friends. Von Ricarda Lang über Svenja Schulze bis zu Hinterbänklern wie Emilia Fester, Nancy Faeser oder Sven Giegold versammelte die Ampel Unterhaltungskünstler in ihren Reihen, die sich binnen weniger Jahre Namen wie Donnerhall verschafften. Es wurde getanzt in Berlin, mitten im Reichstag. Es wurden Voodoorituale aufgeführt und physikalische Wunder enthüllt, ikonische Fotos inszeniert und in kürzester Zeit mehr lustige Versprechungen gemacht, als sich irgendein Mensch hätte merken können.
Das Personal war einmalig, eine Kombination aus gigantischen Egos mit sehr kleinen Füßen, die in zwei der drei Regierungsparteien einem einzigen Milieu entwachsen war. In strenger Abschottung vom Alltagsleben gezüchtet, zeigten die Nachwuchskader der Nomenklaturanstalten von Rot und Grün, wie einfach sich sämtliche Kabarettisten und Satiriker des Landes arbeitslos machen lassen. Man sorgt selbst für einen steten Nachwuchs an Hohn und Spott, nimmt sich selbst nicht ernst und umgibt sich mit einem engen Geflecht aus Vorfeldorganisationen, die für eine weite Verbreitung noch der krudesten Thesen aus dem Regierungsapparat sorgen.
Medienstars der Ampeljahre
Wie sehr die Medienstars der Ampeljahre fehlen werden, wird schon nach den ersten Tagen des schwarz-roten Nachfolgekabinetts klar. Nahezu die komplette Starriege der zurückliegenden Jahre ist mit einem Mal aus dem Geschäft ausgeschieden - besonders hell strahlende Leuchttürme wie der SPD-Vordenker Kevin Kühnert und die grüne Frontfrau Ricarda Lang schon früher, rabiat beiseitegeschoben von deutlich stärkeren Mächten in ihren Parteien. Andere erst mit dem Wahltag und infolge des Bemühens ihrer Parteivorstände, sich nach der krachenden Niederlage zumindest symbolisch neu aufzustellen.
Die Verluste wiegen schwer. Mit Habeck, Baerbock, Lauterbach, Lang, Kühnert, Esken verabschiedet sich der lustige und launige Kernbestand der selbsternannten "politischen Klasse" mit einem Schlag von der Bühne. Diese Stammbesetzung sämtlicher Talkshows der zurückliegenden fünf Jahre hatte sich gemütlich im Parteienprivileg des Grundgesetzes eingerichtet und ihr ganzes Sein, ihre gesellschaftliche Stellung und ihren Lebensunterhalt allein der Aufgabe gewidmet, ihre gutgemeinten Absichten noch besser zu erklären.
Ein Übermaß an Geilheit
Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt, der starb, ehe Emilia Fester, Ricarda Lang und Kevin Kühnert ihre ersten Schritte im Scheinwerferlicht gingen, hat die Neuen einst als Generation beschrieben, die gekennzeichnet sei "durch ein Übermaß an Karrierestreben und Wichtigtuerei und ein Übermaß an Geilheit, in Talkshows aufzutreten." Doch sie passten in ihre Zeit: Meist ohne jemals etwas anderes getan zu haben, als an der eigenen politischen Karriere zu arbeiten, wurden sie zu den Stars der Ampeljahre.
Kasper im Kabinett, unkten die, die das Verbot der Delegitimierung der Staatsorgane nicht so ernst nehmen. Lustige Leute bei der Arbeit für den Wähler wollten andere erkannt haben. Die Frauen und Männer, die die über die Parteilager hinweg die politische Debatte lenkten und die wichtigsten Lebensentscheidungen für mehr als 84 Millionen Menschen trafen, legten alles in ihre Videos, Tiktok-Shorts und Selfies.
Die Welt ihr Feld
Die Welt war ihr Feld, die Zukunft ihre Spielwiese. Ein altes sorbisches Sprichwort sagt, dass die Matrosen leichter werden, wenn die Zeiten sind - und nie traf das so sehr zu. Routiniert stellten die vom Leben im Parteiapparat gestählten Egomanen die Weichen für das Wetter in 30 und 50 Jahren. Sie rüsteten für Kriege gegen eine russische Rollstuhlarmee, die vor den Augen der Beobachter "zerfiel" (Die Welt). Sie kein Geld, aber große Pläne. Und es gelang ihnen, die Realität zu Boden zu zwingen und sich die Medien gewogen zu halten. Je mehr schiefging, desto höher wurden die Hoffnung gehandelt, dass es bald besser werden würde.
Die Ampel schaffte das Unmögliche: Als erste Bundesregierung überhaupt war sie - von wenigen Ausnahmen abgesehen - keine Zielscheibe von Kabarettisten und Karikaturisten. Eine ganze Branche wurde arbeitslos angesichts eines Parteienbündnisses, das sich selbst besser karikierte als es die besten Humoristen hätten tun können.
Bis fast zum letzten Tag blieb es dabei. Und dann waren sie plötzlich allesamt von der Bildfläche verschwunden. Robert Habeck verabschiedete sich mit einer letzten Selbstinszenierung beim grünen Länderrat und dem Versprechen, es werde "auch noch ein bisschen dauern, bis es hier richtig weiter geht". Annalena Baerbock ging nach New York, um zu schweigen. Emilia Fester hörte auf, den großen Bubatz zu tanzen. Karl Lauterbach führte Selbstgespräche, aber er klang immer noch wie sein eigenes Echo.
Das Wahre und Gute
Kühnert, Lang, Esken, Neubauer und all die anderen - mancher wird für immer verschwinden wie Greta Thuberg, Ralf Stegner und Ruprecht Polenz, den Elon Musk mit einer 95-prozentigen Reichweitenreduzierung "wg ElMu" daran hindern musste, weiterhin das Gute und Wahre zu verkünden. Sie werden sich vielleicht darauf konzentrieren, bald ein Buch über ihr Leben und Werk schreiben zu lassen. Oder sie werden in einer Stiftung dafür sorgen, dass ihr eigenes Erbe niemals vergessen werden darf. Andere werden wiederauferstehen, eines Tages. Ricarda Lang etwa macht sich schon bereit für die nächste Runde, auch Kevin Kühnert wird mangels anderer beruflicher Perspektiven zurückkehren müssen.
Aber vorerst muss die Öffentlichkeit ohne sie auskommen. Was nachkommt, ist nicht halb so unterhaltsam, trotz aller Mühe. Abgesehen von Heidi Reichinnek, der neuen Rosa Luxemburg, wirkt der Nachwuchs des Nachwuchses wie billiger Ersatz. Timo Dzienus bemüht sich, auch Philipp Thürmer redet sich bei jedem Auftritt um Kopf und Kragen. Brandtner, Audretsch und Banaszak, die neuen Grünen, sehen schon nach einem halben Jahr uralt aus.
Originelle Gestalten
Die Zeitenwende ist nicht zu übersehen: Mit dem Ende der Ampel hat die Spaßgesellschaft im politischen Berlin ihre Besten verloren. Und was waren sie doch gut, all die originellen Gestalten, die von höchst unwahrscheinlich erscheinenden Fügungen der Geschichte für einen kurzen Augenblick ganz nach oben gespült worden waren. Oft wirkten sie, als könnten sie sich die Schuhe nicht binden, aber wenn sie stolperten und auf die Nase fielen, war für Unterhaltung gesorgt.
Die grüne Physik und der Kampf gegen rechts, die "globale Mindeststeuer" und das neue Wirtschaftswunder, der hydraulische Heizungsabgleich und der nationale Hitzeschutzplan - wer erinnert sich nicht heute schon mit Wehmut an die unvergesslichen Momente, als Annalena Baerbock Chinas Großen Vorsitzenden Xi als "Diktator" bloßstellte und dem Reich der Mitte unmissverständlich klarmachte, wer am längeren Hebel sitzt. Seit damals kennt ganz Deutschland das alte chinesische Sprichwort: 谁会因为愚人误解了自己的话而对他怀恨在心呢? Auf Deutsch soviel wie: Wer wird dem Toren nachtragen, dass er sich im Wort vergreift?
Frischer Wind herbeigetanzt
Die neue Generation ist anders, die Angehörigen der von ihren Gegnern als "KleiKo" verhöhnten neuen Bundesregierung gebärden sich wie Erwachsene: Friedrich Merz trägt demonstrativ Binder, Lars Klingbeil tut es ihm nach. Die Minister und Parteisoldaten hinter den beiden Riesen - Klingbeil 1,98, Merz 1,96 - tun es ihnen nach: Statt frischen Wind herbeizutanzen, simulieren sie ernsthafte, biedere Regierungsarbeit. Und tätigen Aussagen die "rückwärtsgewandt, nicht technologieoffen und europarechtlich unhaltbar" sind.
Der Stimmungswechsel trat sofort ein. Für die großen Gemeinsinnsender und die privatkapitalistischen Medienheuschrecken ist Regierungskritik weiterhin keine Kategorie. Doch draußen im Land wird das Fehlen jedes Versuchs, anders aufzutreten als betont seriös, durchaus bemerkt. "Immer modern, immer fröhlich, immer optimistisch, immer den Menschen zugewandt", seien die Abgewählten gewesen. "Und jetzt haben wir muffige, altbackene Spießer am Start, die uns in ein Deutschland von gestern zurückführen wollen."
Die Lage ist ernst, die Situation hoffnungslos. Nach den Clowns, so will es die Geschichte, kommen die Tränen.
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