Mittwoch, 22. Oktober 2025

Silbermünzen: Schluss durch Geldüberschuss

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Die letzten deutschen Silbermünzen sind erschienen.

Der Dritte Punische Krieg endete 146 Jahre vor Beginn der modernen Zeitrechnung mit der vollständigen Zerstörung Karthagos. Rom hatte gesiegt, endlich. Rom hatte aber auch einen hohen Preis gezahlt. Der Triumph über den Dauerrivalen markierte den Beginn eines lange währenden Siechtums der römischen Währung. Um seine gewaltige Militärmaschine finanzieren zu können, die sich ständig mit den Karthagern herumschlagen musste, hatte Rom begonnen, den Gold- und Silbergehalt seiner Münzen beständig zu senken. Weniger Metall ergab mehr Geld mehr mit demselben Wert. So ließen sich mehr Waffen und Ausrüstung einkaufen und es konnte mehr Legionären Sold gezahlt werden.

Die Kaufkraft der Sesterze 

Die Kaufkraft der Sesterze verfiel. Doch Roms Sieg war es wert. Die Geldverdünnung ist heute die Methode der Wahl für alle Zentralbanken. Am liebsten nur leicht, um zwei Prozent im Jahr etwa, so sehen es deren Regeln vor, soll die Kaufkraft einer Währung schwinden. 

Zwei Prozent gelten als die Grenze, an der niemand direkt spürt, dass sein Zahlungsmittel an Wert verliert. Verbunden wird die Schwundstrategie mit dem Versprechen, die Inflation werde billige Kredite ermöglichen. Die wiederum Wachstumskräfte entfesseln. Und - sobald das Wachstum über zwei Prozent liege - alle Kaufkraftverluste leicht ausglichen.

Geklappt hat das selten bis nie, noch seltener aber hat es Situationen heraufbeschworen, in denen das Scheitern der Methode des immer billigeren Geldes so offen auf dem Tisch liegt wie gerade eben, als das Bundesfinanzministerium die "Zurückstellung" der geplanten Ausgabe der 25-Euro-Sammlermünze "Heilige Drei Könige" sowie der 20-Euro-Sammlermünze "25 Jahre Wuppertaler Schwebebahn" verkünden musste. "

Aufgrund des gestiegenen Silberpreises", heißt es, werde die Herausgabe der beiden Sammlermünzen gestoppt. "Infolge des starken Anstiegs des Silberpreises liegt der Materialwert der deutschen 20-Euro- beziehungsweise 25-Euro-Silbermünzen zwischenzeitlich deutlich über dem jeweiligen Nennwert", erklärt das Ministerium. 

Ausgabe nicht möglich 

Eine Neuausgabe "entsprechender Münzen" sei "unter diesen Umständen nicht möglich". Schließlich ist die Veröffentlichung von Gold- und Silbermünzen als risikolose Einnahmequelle gedacht. Das Geschäft funktionierte narrensicher: Die Bundesbank kaufte für beispielsweise für fünf Euro Silber, prägte auf eine damit hergestellte Münze den Betrag 10 Euro und verkaufte das Geldstück als "Sammlermünze" für genau diese zehn Euro. Abzüglich Herstellung, Gestaltung und Vertrieb blieb ein ordentliches Sümmchen für den jeweiligen Finanzminister übrig. Rund 300 Millionen Euro waren es noch vor sechs Jahren. 

Auch damals aber machte der Kaufkraftverfall des Euro den Verkäufern schon zu schaffen: Wegen der langen Planungszeiträume zwischen Bestellfrist für neue Münzen und Herstellungszeitpunkt setzte das Bundesfinanzministerium mehrere Editionen unter Marktwert ab. So wurden 2019 155.000 100-Euro-Goldmünzen mit einem reinen Goldgewicht von 15,55 Gramm zum Preis von insgesamt 90 Millionen Euro abgesetzt. Die verwendete Menge Gold - insgesamt rund 2,4 Tonnen Gold - war zum Zeitpunkt des Verkaufs allerdings bereits 105 Millionen Euro wert.

Hase und Igel 

Die jüngere Geschichte der deutschen Sammlermünzen erinnert an das Märchen von Hase und Igel. Schon 2010 beendete der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble notgedrungen eine bis dahin unantastbare Tradition, die noch aus der Ära der Zehn-Mark-Silbermünzen stammte. Auch die nach der Euro-Einführung geprägten deutschen Zehn-Euro-Gedenkmünzen bestanden aus einer Legierung von 925 Teilen Silber und 75 Teilen Kupfer. Bis der Weltmarktpreis für Silber auf die ausufernde Staatsverschuldung dafür sorgte, dass der Silberanteil einer solchen Münze teurer im Einkauf war als der geplante Verkaufspreis. 

Notgedrungen reagierte das Bundesfinanzministerium wie damals die Geldhersteller des Kaisers in Rom.  Deutschland verdünnte seine Silbermünzen und verwendete nun eine Mischung aus nur noch 625 Teilen Silber und 375 Teilen Kupfer. Das Gewicht der Münzen sankt damit nur um zwei auf 16 Gramm, der Silberanteil aber ging gleich um mehr als ein Drittel zurück. Aus 16.65 Gramm Silber wurden zehn, der Metallwert in der Münze lag jetzt wieder unter dem Einkaufspreis des Materials. 

Begrabene Hoffnungen 

Nur eben nicht lange. Schon 2016 musste nachreguliert werden. Die 10-Euro-Münzen verschwanden  ganz. Die Experten im Finanzministerium hatten die Hoffnung begraben, dass zehn Euro der stabilen Gemeinschaftswährung eines Tages wieder ausreichen könnten, zehn oder gar 16 Gramm Silber zu kaufen. Stattdessen verdoppelten die Währungshüter den aufgeprägten Münzwert bei gleichzeitiger Rückkehr zum ursprünglichen Silbergehalt: 16,65 Gramm Feinsilber bekamen jetzt den Aufdruck "20 Euro". Jede verkaufte Münze brachte elf Euro ein. 

Doch nicht lange. Die Kaufkraft des Euro schmolz schneller dahin als ein Pfund Silber im Hochofen: Bald musste das Finanzministerium ankündigen, dass aus den 20-Euro-Münzen demnächst 25-Euro-Münzen werden würden. Der Silberpreis war inzwischen  so weit gestiegen, dass der reine Materialwert einer 20-Euro-Münze bei fast 19 Euro lag. Der Verkauf wäre ein sicheres Minusgeschäft geworden.

Die Silberkatastrophe von 1979 

Es drohte eine Wiederholung der Silberkatastrophe von 1979. Damals war der Silberpreis rasant auf fast 50 US-Dollar gestiegen. Die Bundesbank hatte die Ausgabe von fünf Millionen bereits produzierten Exemplaren der Münze "Otto Hahn" stoppen müssen, weil das Silber in der Fünf-Mark-Münze einem Wert von 7,21 Mark entsprach. Eine Ausgabe hätte faktisch bedeutet, dass der Bund mit jeder Münze mehr als 2,50 Euro verloren hätte. Hochgerechnet auf eine Viertelmillion Exemplare mehr als 600.000 Euro.

Vor 15 Jahren vermied das Finanzministerium eine ähnliche Pleite noch ganz knapp. Die Ausgabetermine für die letzten echten Zehn-Euro-Silbergedenkmünzen "175 Jahre Eisenbahn in Deutschland" und "FIS Alpine Ski WM 2011 in Garmisch Partenkirchen" wurden eilig vorgezogen. "Vor dem Hintergrund des Anstiegs des Silberpreises", hieß es, würden beide Münzen vorzeitig "in den Verkehr gebracht." Die Münzen gingen für zehn Euro zumindest rechnerisch gerade noch mit Gewinn weg. Das in den beiden Münzen enthaltene Silber ist heute rund 24 Euro wert. 

Drohendes Debakel 

Ein ähnliches Debakel drohte jetzt mit dem Verkauf der 25-Euro-Sammlermünze "Heilige Drei Könige" und der 20-Euro-Sammlermünze "125 Jahre Wuppertaler Schwebebahn", beide geplant als letzte 20er Euro-Münzen, ehe komplett auf den neuen Aufdruck "35 Euro" umgestellt werden sollte. Die 20-Euro-Münze verkörpert derzeit einen reinen Materialwert von 23,85 Euro. Die 25-Euro-Münze enthält Silber im Gegenwert von 31,51 Euro. "Die Neuausgabe entsprechender Münzen ist unter diesen Umständen nicht möglich", heißt es beim Bundesfinanzministerium, das Wert auf die Feststellung legt, dass ein "starker Anstieg des Silberpreises" für die Situation verantwortlich ist. Und keineswegs ein akuter Wertverfall des Euro.

Die Münzen, eigentlich geplant als neue Serie, die bis 2030 laufen sollte, würden deshalb "nicht zu den geplanten Terminen ausgegeben". Ob und wann  überhaupt wieder Silbermünzen herausgebracht werden, steht offenbar in den Sternen. Zuletzt hatte das Finanzministerium im September angekündigt, dass anstelle der bisherigen 10-, 20- und später 25-Euro-Münzen künftig Stücke mit einem Nennwert vom 35 Euro ausgegeben werden. Die erste entsprechende Münze sollte die Weihnachtsmünze "Stille Nacht, Heilige Nacht" aus der Serie "Weihnachtslieder" sein, deren Erscheinungsdatum auf den 19. November 2026 festgelegt worden war. Der Materialwert dieses Sammlerstücks liegt derzeit allerdings bereits bei 31,51 Euro. 

"Handlungsoptionen für eine spätere Ausgabe"

Viele Möglichkeiten, künftig weitere Silbermünzen herauszugeben, bleiben der Bundesbank daher nicht. Sie könnte den Nominalwert erhöhen, sicherheitshalber nicht erst auf 40, sondern gleich auf 50 Euro. Oder sie könnte wieder zur dünneren Mischung mit 625er Silber zurückkehren. In Frankfurt tagen die Krisenstäbe. Noch dringt nichts nach außen. "Handlungsoptionen für eine spätere Ausgabe der Münzen – gegebenenfalls mit angepassten Parametern – werden derzeit geprüft", heißt es offiziell. Das Bundesministerium der Finanzen werde "die Öffentlichkeit zu gegebener Zeit über das Ergebnis informieren". 

Viel wird da nicht kommen können. Wenn sich der Trend des Kaufkraftverlustes des Euro gegenüber Silber linear so fortsetzt, wie er seit der Einführung der stabilen Gemeinschaftswährung zu verzeichnen war, wird es teuer. Schon im Jahr 2050 muss die Bundesbank den Nominalwert "150 Euro" verwenden, um den Abstand zum enthaltenen Silberwert - dann etwa 133,78 Euro - zu wahren. Dann geht es aber erst richtig los: Im Jahr 2100 wird der nominale Aufdruck "7.500 Euro" lauten müssen, um bei gleicher Silbermenge mit dem  Materialwert von dann etwa 6.700 Euro mitzuhalten. 


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Man kann sich mit Optionen gegen steigenden Rohstoffpreise absichern. Darf der Finanzministernde vielleicht nicht, keine Ahnung. Würde im Zweifel auch mehr bringen, die Optionen zu verscherbeln statt das Silber zu kaufen. Muss der Staat aber auch nicht, der kackt ja neues Geld einfach mit einem Mausklick in den Markt. Sei's drum

OT a propos kacken (vie Dr Danisch)
Kenny Loggins (hab seinen Stresspop immer gehasst) beklagt sich, dass Trump was von ihm als Soundtrack für einen AI-Kackebomber benutzt hat und macht daraus ein 'Both Sides'.
Es ist aber wiedermal nur eine Seite, die Aufruhr macht.

Magasüchtiger hat gesagt…

Wer sich heute spekulative Sorgen um Geldwerte der Jahre 2050 oder gar 2100 macht, hat die aktuelle hirnkranke Bedrohungslage nicht kapiert.

Dann werden hier nämlich ganz andere Werte dominant sein ... sobald die unbelehrbar kriegsgeilen Irren wieder den Endsiegwahn zelebrieren oder die Bereicherer demografisch demokratisch das Kalifat ausrufen.

Nicht einmal der schlimmst anzunehmende Klimawandel wird ähnliche kulturelle Zerstörung anrichten.

Aber Hilfe, meine Talerchen könnten in 75 Jahren weniger Kaufkraft bedeuten.